Eine Glosse von Andreas Burgmayer

Meine Nachbarin finde ich total dufte. Sie ist so nett, da verzeihe ich auch mal, dass sie die Jahresproduktion der italienischen Schuh-Industrie achtlos auf einem Haufen vor ihrer Tür lagert, umwabert von einem Odeur, der mit Fußgeruch nur schmeichelhaft umschrieben werden kann.

Wir fahren auch oft gemeinsam Aufzug und erzählen uns ulkige Geschichten. Und ich weiß nicht, ob es an meinem verfressen wirkenden Ausdruck liegt oder daran, dass ich abends manchmal bemitleidenswert erscheine - neuerdings schenkt sie mir ständig Lebensmittel.

Nicht Bonsche oder andere nachvollziehbare Dinge. Sondern zum Beispiel Krabben. Ungepult. Sie hatte die Jahresproduktion der Husumer Krabbenfischer in einer Plastiktüte dabei, schaufelte spontan mit einer Plastikschale hinein, und ehe ich sagen konnte, dass mich immer ein veritabler Brechreiz überfällt, sobald ich auch nur in die Nähe von Meeresfrüchten gerate, hatte ich die Schale auch schon in der Hand. Zu Hause wollte meine Frau partout nicht pulen, und meine Tochter lief schreiend weg.

Gestern bekam ich von meiner Nachbarin zwei Muffins geschenkt, so groß wie Katzenköpfe. Offenbar wurde in ihnen die Jahresproduktion der amerikanischen Weizenbauern verarbeitet. Nur so ist zu erklären, warum ich beim Genuss einer dieser Knollen mit Verdacht auf Staublunge kurz vor der Einweisung stand.

Ich muss ganz dringend lernen, Nein zu sagen.