250 Protestler in Glinde. Geschäft bleibt einen Tag geschlossen. 120 Polizisten begleiten friedliche Kundgebung

Glinde. CDU, SPD, Grüne und Linke haben erneut eine Demonstration gegen den rechten Modeladen Tønsberg im Einkaufszentrum Glinder Berg veranstaltet. Das Geschäft an der Möllner Landstraße hatte am 16. September eröffnet und verkauft Kleidung der in der rechtsextremen Szene beliebten Marke Thor Steinar.

Um 11 Uhr zog am Sonnabend ein Protestzug vom Markt die Möllner Landsstraße entlang bis zu dem Laden. Rund 250 Menschen beteiligten sich an dem Zug und an der anschließenden Mahnwache vor dem Geschäft. Mit roten Fahnen und Plakaten ausgestattet, protestierten die Demonstranten gegen Tønsberg.

Viele Autofahrer hupten, wenn sie an der Ladenzeile vorbeifuhren, um ihre Solidarität zu bekunden. Den Eingang des Ladens bewachten Polizisten. Die Jalousien vor den Schaufenstern und der Tür hielten die Mieter den ganzen Tag über geschlossen. Unbekannte hatten weiße Farbe auf die Rollläden geschmiert, Beschimpfungen sind darauf zu lesen.

120 Polizisten waren im Einsatz. "500 Teilnehmer waren zur Demo angemeldet. So viele sind letztlich allerdings nicht gekommen", sagte Polizeisprecher Holger Meier. Die Demonstration verlief trotz der aufgebrachten Stimmung ohne Zwischenfälle.

Seit der Eröffnung des Geschäftes rufen Mitglieder des Jugendbündnisses Solid der Partei Die Linke jeden Tag zur Mahnwache vor dem Einkaufszentrum Glinder Berg auf. "Seitdem musste der Laden immer früher als 18 Uhr schließen oder hat wie heute gar nicht aufgemacht", sagte Solid-Mitglied Sebastian, 22. Das sei schon ein erster Erfolg. "Für diese Woche haben wir wieder Mahnwachen angemeldet", so der 22-Jährige, der seinen Nachnamen nicht nennt, um sich vor Rache-Akten zu schützen. "Rechte haben sich nicht blicken lassen", sagte Sebastian. Er vermutet, die Neonazis hätten mit weniger Widerstand in der Kleinstadt gerechnet.

"Wir würden uns wünschen, dass sich auch die anderen Parteien an den Mahnwachen beteiligen würden und wir uns so abwechseln könnten", sagte Sebastian. Eine Zusage habe es aber leider noch nicht gegeben.

Der Solid-Anführer Peter wurde deutlicher. "Die anderen Parteien glänzten bisher durch Abwesenheit", sagte er in seiner Ansprache, die mit Buhrufen aus dem Publikum quittiert wurde. Davon ließ der junge Mann sich nicht stören und fuhr fort: Die verfehlte Jugendpolitik der Stadt habe dazu beigetragen, dass die Neonazis nun versuchten, Glinde als ihren Stützpunkt zu etablieren. Die Demonstrationen und Mahnwachen seien deshalb umso wichtiger. "Wir wollen zeigen, dass Glinde kein ruhiges Hinterland für Nazis bietet", sagte Peter.

Glindes Bürgervorsteher Eberhard Schneider (CDU) nannte in seiner Ansprache dasselbe Ziel. "Wir wollen alles tun, um die Etablierung des Ladens zu verhindern", sagte der 77-Jährige, "ich freue mich, dass wir alle ein gemeinsames Ziel haben." Die Parteien seien dabei, einen Plan zu entwickeln, wie man weiter gegen Rechtsextremisten vorgehen könne. "Wir werden weitere Aktionen starten, Unterschriften sammeln und in die Schulen gehen", sagte der Bürgervorsteher. Als Kind habe er selbst das Regime der Nationalsozialisten miterlebt. "Es ist schlimm, dass manche Menschen in den vergangenen 70 Jahren nichts gelernt haben und immer noch dieser Ideologie anhängen", sagte Schneider. "Keiner von uns will den Laden hier haben."

Eine Passantin, die die Demo verfolgte, sagte, sie könne nicht nachvollziehen, warum die Vermieterin nicht geprüft habe, wer in ihren Laden einziehe. "Ich finde, die Frau war wirklich blauäugig", meinte die Glinderin. Auch sie möchte ihren Namen nicht nennen, da sie in der Nähe des Geschäftes wohne und "Angst vor den Rechten" habe.

Gegenüber dem Abendblatt hatte die Vermieterin gesagt, sie sei getäuscht worden und habe nicht gewusst, dass in dem Laden Kleidung für Rechtsextreme verkauft werden solle. Die Frau hat rechtliche Schritte eingeleitet, damit Tønsberg so schnell wie möglich wieder verschwindet. "Wir hoffen, dass die Gerichte die arglistige Täuschung erkennen", sagte Bürgervorsteher Schneider.