Die armenische Künstlerin Nina Aghavelyan stellt am Wochenende in der Bargteheider Kirche aus

Bargteheide. Deutschland ist im Papst-Fieber. Für Nina Aghavelyan ist der Glaube eher eine stille Angelegenheit: "Wenn ich male, werde ich ruhig, denn dann bin ich mit Gott und fühle mich stark und frei." So stark und frei wie Esther aus dem Alten Testament, sagt sie und holt ein Bild hervor, das sie von dieser mutigen und starken Frau gemalt hat. Morgen ist es im Bargteheider Martin-Luther-Haus der evangelischen Kirche (Lindenstraße) zu sehen, zusammen mit 30 anderen Arbeiten der armenischen Künstlerin.

Es ist eine eigenwillige Geschichte, die sich um die biblische Esther rankt: Sie stoppt den persischen König in seinem Wahn und verhindert den Genozid an den Juden. Ein Thema, das Nina Aghavelyan berührt. Völkermord ist eine Vokabel, die ihr Volk schmerzlich buchstabiert. Knapp 100 Jahre ist es her, dass Abertausende Armenier unter der türkischen Regierung des Osmanischen Reiches getötet wurden. Aghavelyan: "Und es wird immer noch geleugnet."

Die armenische Künstlerin, die für vier Wochen Freunde in Bargteheide besucht, kann nicht ungeschehen machen, was im Ersten Weltkrieg passierte. Sie ist nicht Esther. Und das ist gut, denn wie so oft verkehren sich auch hier Friedens- und Freiheitsgedanken ins fanatische Gegenteil: Esther lässt nun die Feinde der Juden töten.

Diese Geschichte hat eine dunkle Seite. Und auch die Augen der Armenierin verdunkeln sich, wenn sie an die Leiden ihres Volkes denkt. Und doch ist Nina Aghavelyan eine wache, engagierte Frau, die Verantwortung übernimmt. "Henni war sehr krank. Jetzt geht es ihr besser", sagt sie, und ihr Blick hellt sich auf. Henni ist ihre Adoptivtochter. Sie hat sie vor Jahren zu sich geholt - ein Waisenkind, so wie Esther eines war.

Der biblische Mythos begleitet sie, der Glaube ist stark. Ihre Bilder spiegeln das wieder. Überall taucht das Kreuz auf, immer hoffnungs-grün. Daneben oft eine rote Rose als Symbol der Lebensfülle und ein Engel, der eine bessere Welt verheißt. "Ich habe schon als Kind gemalt", erzählt Nina Aghavelyan, "aber mein Vater wollte nichts davon wissen." Also studierte sie Philosophie, Psychologie und Religiöse Soziologie, "die einzige Art, sich während der Sowjetzeit mit Religion zu beschäftigen".

Viele Jahre arbeitete sie als Lehrerin. Jetzt hat sie sich befreit und lebt als freie Malerin. Es ist nicht leicht. "Kunstfreunde wollen die Bilder kaufen, haben aber kein Geld. Und Geschäftsleute haben Geld, aber oft keinen Sinn für Kunst", sagt sie eher humorvoll als klagend. Sie hat gelernt, nicht aufzugeben - nicht ihren Traumberuf und schon gar nicht ihren Gott.

Jetzt hofft sie, dass es hier Kunstfreunde gibt, die auch ein bisschen Geld haben. 30, 40 Euro, und schon kann der Besucher ein Bild oder ein Batiktuch mitnehmen. Auch Wandteppiche und selbst gemachten Schmuck aus Keramik hat sie aus Jerewan mitgebracht. Zur Vernissage um 19 Uhr wird armenische Musik erklingen. Dazu werden eine süße armenische Köstlichkeit mit dem unaussprechlichen Namen Sudjuch und Aprikosen gereicht. "Sie sind der Reichtum Armeniens", sagt Nina Aghavelyan. Ihr Reichtum ist die Malerei und ihr Glaube. Am Sonntag, 25. September, ist die Ausstellung von 13 bis 18 Uhr geöffnet. Ab Dienstag, 27. September, sind ihre Bilder im Bargteheider Rathaus zu sehen.