Erneut Demonstration gegen “Thor Steinar“-Geschäft in Glinde. Geschäftsführerin gibt nach wenigen Minuten auf

Glinde. Die Gegner des am Freitag in Glinde neu eröffneten Bekleidungsgeschäfts "Tønsberg" können einen ersten Erfolg verbuchen. Der umstrittene Laden, der die in der rechten Szene beliebten Artikel der Marke "Thor Steinar" verkauft, schloss am Sonnabend bereits nach wenigen Stunden vorerst seine Türen. Zuvor hatten erneut zahlreiche Menschen vor dem Haus in der Möllner Landstraße protestiert. Die von "Tønsberg" verkaufte Kleidung der Modemarke "Thor Steinar" aus Brandenburg verwendet Motive wie Stahlhelme, Gewehre und nordische Runen in ihrem Design. Sie ist deshalb beliebt bei Neonazis.

Nachdem bereits am Freitag rund 100 linke Aktivisten und Glinder Bürger ihre Ablehnung demonstriert hatten (wir berichteten), ist die Polizei auch am Sonnabend mit 60 Einsatzkräften vor Ort. Sie will auf alles vorbereitet sein. Zu den Protesten hatten antifaschistische Gruppen aufgerufen. Im Internet haben sich für 12 Uhr mehrere tausend Teilnehmer angekündigt. So viele werden es am Ende bei weitem nicht sein - doch das wissen die Einsatzkräfte der Polizei noch nicht, als sich gegen 11.30 Uhr die ersten, überwiegend jugendlichen Protestler auf dem Parkplatz vor dem Bekleidungsladen einfinden. Auch der Glinder Amtsleiter Bernd Mahns ist vor Ort und beobachtet das Geschehen, Bürgermeister Rainhard Zug hat sein Kommen ebenfalls angekündigt.

Trotz der Alarmbereitschaft ist die Stimmung ruhig. Einige Polizisten stehen Wache vor dem Modegeschäft, das seine Schaufensterjalousien geschlossen hält. Am Freitag hatten Demonstranten Eier und Flaschen geworfen. Auch über der offenen Eingangstür ist die Jalousie nicht ganz hochzogen, ganz so, als trauten die Ladeninhaber dem Frieden nicht. Den Eingang bewachen erneut zwei bullige, junge Männer in Jeans und schwarzen Sweatshirts. Das Geschäft läuft schlecht, nur vereinzelt betreten Kunden den Laden. Kommen sie wieder heraus, gibt es Spottchöre der Demonstranten. Parken kann man vor dem Laden jetzt aus Sicherheitsgründen nicht mehr. Die Polizei schickt Autofahrer, die es doch versuchen, zur anderen Seite der Ladenzeile.

Dort stehen Schaulustige und Geschäftsleute vor den Läden. Auch hier sind nur wenige Kunden zu sehen. Die Stimmung ist gedrückt. "So muss es im Schanzenviertel sein, dabei ist es hier doch schon schwer genug Geschäfte zu machen", sagt eine Glinderin, die in der direkten Nachbarschaft der Ladenzeile wohnt. Wie viele andere vor Ort, hat sie erst aus der Zeitung von der Existenz der in der rechten Szene begehrten Modemarke "Thor Steinar" erfahren. "Das findet keiner gut, dass die hier sind", sagt eine Ladenbesitzerin. Fotografiert oder namentlich zitiert werden will sie aber nicht.

Auch der Inhaber des benachbarten Friseurgeschäfts will sich nicht an der politischen Diskussion beteiligen. Ein Ehepaar erzählt von einer betagten Bekannten, die nach der lautstarken Auseinandersetzung am Freitag große Angst bekommen habe. "Sie dachte, jetzt kommen die Nazis wieder.", sagt die Glinderin, die als Lehrerin im Ort arbeitet. Ihrer Meinung nach gibt es in Glinde durchaus eine rechte Jugendszene. "An unserer Schule ist schon eine Gruppierung, die auffällig ist.", sagt sie. Wolfgang Pohlmann, Vorsitzender des Theoter ut de Möhl e.V., ist zum zweiten Mal vor Ort, um den Protest zu unterstützen. Er hat kein Problem damit, öffentlich Flagge gegen rechts zu zeigen und sagt: "Die wollen wir hier nicht haben, Glinde ist bunt und nicht braun."

Um 12.30 Uhr haben sich rund 50 teils vermummte Demonstranten vor dem Modegeschäft versammelt. Die Polizei bittet den Inhaber des Edeka-Ladens auf der anderen Straßenseite, die Musikdarbietung vor seinem Geschäft - es sind gerade Jazztage in Glinde - zu beenden. "Aus Sorge um die Sicherheit unserer Kunden", sagt die Geschäftsführerin. Neben dem Edeka-Markt steht eine Gruppe von jungen Leuten und beobachtet die Demonstration. "Es sind so viele dagegen hier, das wird bestimmt wieder geschlossen", hofft eine 19-Jährige.

Plötzlich heißt es, gleich komme ein Bus mit Protestlern aus Hamburg. Dann geht alles ganz schnell. Die Demonstranten entrollen Fahnen und Transparente und beginnen Anti-Nazi-Parolen zu skandieren. Binnen Sekunden ist die Phalanx der Polizisten vor dem Laden auf etwa 40 Einsatzkräfte angewachsen. Doch es kommt zu keinen Übergriffen, der Protest bleibt friedlich. Nach wenigen Minuten haben die Aktivisten ihr Ziel erreicht. Um 12.45 Uhr schließt die Geschäftsführerin den Laden für heute.

Die Demonstranten wollen weiter ausharren, ihre Veranstaltung ist noch bis 19 Uhr angemeldet. Ihr Wortführer, vermummt aber kooperativ, verspricht der Polizei dafür zu sorgen, dass es zu keinen Ausschreitungen kommt. Um 13.15 Uhr beschließt der Einsatzleiter der Polizei, dass ein Großteil der Eingreiftruppe abrücken kann. Trotz der Entwarnung bleibt ein Teil der Polizisten vor Ort. "Wir werden auch in der kommenden Woche weiter ein Auge auf diese Örtlichkeit haben", sagt Polizeipressesprecher Andreas Dirscherl.

Glindes Bürgermeister Rainhard Zug ist inzwischen vor Ort eingetroffen und lobt den Einsatz der Polizei: "Die machen das ganz toll, dabei macht das hier allen keinen Spaß." Viele Bürger hätten ihn darauf angesprochen, wie ruhig und diszipliniert die Beamten bisher vorgegangen seien.

Wie Glinde sein Problem lösen kann, ist noch fraglich. "Das kann nur privatrechlich geregelt werden", sagt Zug und spielt auf den Mietvertrag an. Wie eine Lösung aussehen könnte, zeigt das Beispiel Hamburg. Als dort vor drei Jahren in prominenter Lage ein "Thor Steinar"-Geschäft eröffnete, kam es ebenfalls zu massiven Protesten. Nach nur zwei Wochen einigten sich Mieter und Vermieter auf eine Schließung.