Unser Dorf: Das Abendblatt auf Sommertour in Grönwohld. Dort wird die TV-Serie “Neues aus Büttenwarder“ gedreht. Der Ort ist vor allem bei jungen Familien beliebt

Grönwohld ist schon immer ein besonderer Ort gewesen", sagt Bernd Evers. "Wir sind kein Übernachtungsdorf, unser Ort lebt noch." Der 49-Jährige strahlt, wenn er über seine Heimat spricht, die er nie für längere Zeit verlassen hat. Noch heute wohnt er in dem Haus, in dem er 1961 geboren wurde. "Ich bin Grönwohlder mit Leib und Seele", sagt Evers. Nur einmal im Monat fahre er in die Stadt, zum Beispiel nach Hamburg. Das brauche er, um mal etwas anderes zu sehen.

Mit seiner Schwester Magret führt Bernd Evers in dritter Generation das Kaufhaus in der 1357 Einwohner-Gemeinde. Bei den Geschwistern besorgen die Grönwohlder ihre Lebensmittel, kaufen Kleidung oder Bettwaren ein und geben ihre Lottoscheine und ihre Briefe ab. Auf dem kleinen Parkplatz vor dem Geschäft herrscht den ganzen Tag über Betrieb. Denn das Kaufhaus ist für viele Grönwohlder auch ein Ort, um sich auszutauschen. Evers: "Einige Kunden kommen sogar zweimal am Tag, um etwas los zu werden und nicht allein zu sein."

Bestens über das Dorfgeschehen informiert ist auch Klaus-Dieter Schokrowski. "Ich höre alles", sagt der Mann, der in Grönwohld wegen seines Berufs besser unter dem Namen "Bäcker" bekannt ist. "Jeder hier nennt mich so. Selbst die Kinder", sagt der 62-Jährige und begrüßt gut gelaunt eine Kundin, die gerade seinen Laden betritt. Täglich von 6.30 Uhr bis 12 Uhr können die Menschen bei ihm ihre Brötchen kaufen. "Ich produziere alles selbst", sagt Schokrowski. Wenn er nicht arbeitet, ist der Bäcker meistens in der Sporthalle oder auf dem Tennisplatz zu finden. Seit 19 Jahren ist der 62-Jährige Vorsitzender des Sportsvereins. "Wir bieten für jedes Alter etwas an", sagt er. Während sich die Kleinsten beim Mutter-Kind-Turnen treffen, spielen die Senioren Prellball oder machen Gymnastik. Auch Fußball, Tischtennis und Ju-Jutsu stehen beim SV Grönwohld auf dem Programm.

Besonders beliebt sei Zumba, eine Mischung aus Tanz- und Fitnesstraining, die der Verein seit neun Monaten anbietet. "40 Leute machen bereits mit", sagt Schokrowski und fügt leicht bedauernd hinzu: "Aber bisher sind es nur Frauen. Die Männer trauen sich nicht. Dabei wird da getanzt wie in der Disco. Mein Ding jedenfalls wäre das."

Stolz sind die Grönwohlder darauf, dass sie nach wie vor eine eigene Grundschule im Dorf haben. 102 Kinder werden auf dem Gelände an der Bahnhofstraße von fünf Lehrkräften in vier Klassen unterrichtet. Viele Kinder kommen auch aus den umliegenden Gemeinden. "Unsere Schule ist sehr beliebt, weil wir klein und überschaubar sind und zudem ein besonderes pädagogisches Konzept haben", sagt Schulleiterin Marit Schmaljohann. So werden die Schüler an drei Tagen in der Woche eine Doppelstunde lang jahrgangsübergreifend in den Fächern Deutsch, Mathe sowie Heimat- und Sachkunde unterrichtet. Schmaljohann: "Wir haben sogar Wartelisten und können nicht alle Schüler annehmen." Erst im vergangenen Jahr hat die Gemeinde für rund 700 000 Euro ein neues Schulgebäude errichten lassen, weil der Platz nicht mehr ausreichte.

Nur wenige Meter weiter steht das älteste Gebäude des Dorfes: die um das Jahr 1667 errichtete Röperkate. Sie wurde lange Zeit von der Gemeinde als Raum für Sozialwohnungen genutzt. Doch 1999 mussten die letzten Bewohner ausziehen, weil die Kate wegen ihres schlechten baulichen Zustands nicht mehr bewohnbar war und die Gemeinde kein Geld hatte, um sie zu sanieren. Um den Abriss zu verhindern, gründeten einige Grönwohlder den Verein Röperkate. "Unser Ziel war es, die Kate zu restaurieren, zu renovieren und zu erhalten", sagt Vorstandsmitglied Rainer Nordt, der vor fünf Jahren nach Grönwohld gezogen ist und sich gleich dem Verein anschloss.

Mit viel Eigenleistung bauten die Mitglieder des Vereins die Röperkate zu einer Veranstaltungs- und Begegnungsstätte für die Grönwohlder um. 2009 wurde Wiedereröffnung gefeiert. Seitdem gibt es kulturelle Veranstaltungen wie Lesungen und Musikabende. Zudem wird die Kate für private Feiern vermietet. "Auf dem Land ist alles etwas kleiner, ruhiger und beschaulicher", sagt Rainer Nordt. "Ich möchte nicht wieder zurück."

Auch Britta Holst ist erst vor Kurzem ins Dorf gezogen. "Die Grönwohlder sind einfach total nett", sagt sie. "Wer etwas offen ist, wird hier sofort gut aufgenommen." So ging es auch Ronald Buchsdrücker, als er vor drei Jahren mit seiner Frau und seiner heute vierjährigen Tochter von Lütjensee nach Grönwohld gezogen ist. "Erst hatte ich Bedenken, weil hier alles so klein ist", sagt er. Doch sie seien schnell verflogen. "Der Ort ist für junge Familien richtig gut, denn wir haben ja auch einen eigenen Kindergarten", sagt der 43-Jährige, der seit einem Jahr auch stellvertretender Wehrführer der Freiwilligen Feuerwehr der Gemeinde ist.

Ein bis zwei Mal im Jahr verwandelt sich Grönwohld für mehrere Wochen in das Fernsehdorf Büttenwarder. Dann wird unter anderem in dem Gasthof "Unter den Linden" an der Dorfstraße "Neues aus Büttenwarder" gedreht. Wenn das etwa 40-köpfige Fernsehteam ins Dorf kommt, müssen sich die Bürger schon ein wenig einschränken, weil Straßen gesperrt werden. Ehrenbürgermeister Heinz Niemeyer und Gastwirt Günter Oetjen stört das nicht, denn sie sind immer mitten im Geschehen. Die beiden 77- und 83-jährigen Männer dürfen als Statisten dabei sein, wenn Jan Fedder und Peter Heinrich Brix in der Rolle der Bauern Brakelmann und Adsche im Dorfkrug streiten. Niemeyer sagt: "Wir sind die Leute, die mit ihnen in der Gastwirtschaft sitzen."

Doch auch wenn das Fernsehteam des NDR gerade nicht in Grönwohld dreht, ist das fiktive Dorf allgegenwärtig. "Ich bekomme drei bis vier Anrufe pro Tag von Menschen, die in Büttenwarder Urlaub machen wollen", sagt Bürgermeister Ralf Breisacher, der von den Grönwohldern aus Spaß gern auch mit Waldemar Schönbiehl angeredet wird. So nämlich heißt sein Pendant, der Büttenwarder Bürgermeister. "Er hört sogar auf den Namen", verrät Ronald Buchsdrücker.

Zwei Mal pro Woche kämen auch Menschen in Reisebussen ins Dorf, um sich die Drehorte anzuschauen und wie ihre Stars aus der Fernsehserie im Gasthof der Familie Oetjen ein Lütt un Lütt zu trinken. Gastwirt Günter Oetjen sagt: "In der kommenden Woche haben wir sogar Gäste aus Sachsen und Thüringen, die nur wegen der Sendung bei uns ihren Geburtstag feiern wollen."