Michael Schenk liebt alte Schlitten wie das knallrote Opel-Coupé von 1977. Daraus hat sich ein Geschäft entwickelt

Barnitz. Was sich hinter dem unscheinbaren grünen Eingangstoren verbirgt, was in Michael Schenks Werkstatt mitten im verschlafenen Branitzer Ortsteil Benstaben steht, bringt vor allem Männerherzen zum Rasen. Es löst fast unweigerlich einen Reflex aus: "Will ich haben!"

Da stehen ein grüner Buckel-Volvo aus den 60er-Jahren, ein 77er Opel Rekord II 2000 Sprint Coupé in Knallrot, ein sandfarbener BMW von 1971 und ein blauer Opel Diplomat aus dem Jahr 1976. "Und dieser Volvo Amazon", sagt Oldtimer-Händler Michael Schenk und deutet auf eine elegante, champagnerfarbene Karosse mit weinroter Innenausstattung, "der steht aber auch bei Frauen hoch im Kurs." Kein Wunder bei diesen weiblichen Formen, fügt Schenk noch hinzu.

Der 45-Jährige ist schon seit seiner Kindheit schönen Autos hoffnungslos verfallen. "Ich bin mit Opel aufgewachsen und habe ein großes Herz für den Kapitän, den Admiral und den Diplomat", sagt Schenk. "Schon der Klang dieser Wagen ist toll." Seitdem habe er selbst fast alles gefahren - "von der kleinsten Knutschkugel bis zum größten Schlitten."

Zurzeit fährt Schenk selbst jedoch keinen echten Oldtimer, sondern einen robusten Volvo 940. Die Gründe sind rein pragmatischer Natur: Als Oldtimerhändler ist er rund 60 000 Kilometer im Jahr unterwegs. "Das wäre für jeden Oldtimer eine Strafe", sagt Schenk. In ganz Europa ist er auf Tour und hält Ausschau nach alten Wagen. Mal macht er sich im Auftrag eines Kunden auf die Suche nach einem bestimmten Modell, mal bekommt er von befreundeten Händlern aus dem Ausland einen Tipp, wo gerade ein schöner Wagen angeboten wird. Auch im Internet und in einschlägigen Magazinen sucht Schenk nach interessanten Modellen. "Die Konkurrenz auf dem Oldtimermarkt ist sehr hart", sagt er. "Ich lebe vor allem von meinen guten Kontakten."

Die verrücktesten Oldtimerfans gebe es in Schweden. "Die haben häufig sehr skurrile Autos, die man hier selten sieht", sagt er. "Oft betreibt dort die ganze Familie das Hobby, nicht nur der Vater, der mal sonnabends den Wagen durch die Gegend fährt. Da geht's nicht nur ums Posen, sondern man lebt auch den Zeitgeist von damals und stylt sich entsprechend."

Auch hierzulande ist die Oldtimerei keine reine Männerdomäne mehr. "Rund zehn Prozent meiner Kunden sind weiblich", sagt Michael Schenk. "Und rund 50 Prozent der Männer lassen sich von ihren Frauen beeinflussen." Die Kaufentscheidung wird eben von sehr geschlechtsspezifischen Faktoren beeinflusst: "Männer mögen potente Fahrzeuge - groß und leistungsstark, etwas zum Herzeigen." Frauen kauften hingegen lieber übersichtlichere Wagen, einen alten Käfer zum Beispiel. "Autos zum Liebhaben", sagt der Händler.

Hat Michael Schenk auf seinen Touren einen guten Fang gemacht, bringt der Bastler und Händler den Wagen - falls nötig - in der Benstabener Werkstatt auf Vordermann. Danach bleiben die Oldtimer im Schnitt nur rund zwei Monate dort, bis sich ein Käufer findet. Häufig kommen Neueinsteiger zu ihm, die sich mit einem Oldtimer einen Traum erfüllen wollen.

Für Michael Schenk steht dabei immer im Vordergrund, dass die Käufer auch lange Spaß am neuen Hobby haben. Allerdings haben die Interessenten oft noch gar keine konkrete Vorstellung, worauf sie sich einlassen, wenn sie sich einen Oldtimer zulegen. "Ich durchleuchte die Interessenten schon, der finanzielle Background ist natürlich wichtig", sagt Schenk. "Man kann sich keinen Oldtimer zusammensparen und den Unterhalt nicht mit einrechnen." Ein Oldtimer brauche eben mehr Pflege, Zuwendung und auch eher mal eine Reparatur als ein Neuwagen. Wer selbst kein Autobastler ist, sollte zumindest einen an der Hand haben - und auch bereit sein, Geld bei ihm zu lassen.

Besonders beliebt sind im Moment Youngtimer aus den Siebzigern in schrillen Farben, Opel Rekord oder Commodore zum Beispiel. Auch der Mercedes "Strich-Acht" wird gerade sehr nachgefragt, sagt der Oldtimer-Händler. Schwer im Trend sind auch alte VW-Busse und die sportlichen "Muscle-Cars" aus den späten Sechzigern.

Wer einigermaßen günstig in die Oldtimerei einsteigen möchte, ist schon mit rund 5000 Euro dabei, sagt der Händler. "Man kann Oldtimer kaufen, die gerade nicht so beliebt sind - einen Opel Kadett zum Beispiel." Nach oben sind die Grenzen offen - je nach Modell, Zustand und Prestigefaktor. "Ferrari oder Lamborghini gehen eigentlich immer, das ist dann natürlich eine Frage der Finanzen", sagt Schenk.

Zum Basteln kam er eher aus der Not heraus. Schon als Dreher-Lehrling hat er vorzugsweise große und alte Autos gefahren. Für die Werkstatt fehlte das Geld - also legte Schenk selbst Hand an. "Angefangen habe ich damit, Schrauben zu lösen und wieder anzuziehen, dann kamen die komplexeren Sachen" sagt er. "Das wächst einfach, ich habe mir viel angelesen und bei anderen abgeschaut." Vom Schrauber zum Händler war es dann nur noch ein kleiner Schritt: "Ich musste immer für ein volles Portemonnaie sorgen - denn große Autos sind in der Regel echte Spritschlucker", sagt Schenk. "Also habe ich irgendwann angefangen, Autos zu kaufen, instand zu setzen und weiterzuverkaufen, um meine eigenen großen Autos finanzieren zu können." Vor zwei Jahren hat er sich mit seiner Firma "Automobile Zeitreise" selbstständig gemacht.

Neben seiner Leidenschaft für Oldtimer schlägt Michael Schenks Herz vor allem für seine neunjährige Tochter und seine Freundin, mit der er in Westerau lebt. "Schenki", wie ihn Freunde nennen, findet vor allem mit seiner Familie den Ausgleich zur Oldtimerei. Weitere Zerstreuung braucht der Oldtimer-Freak ansonsten eigentlich nicht. "Wenn ich im Ausland unterwegs bin, Land und Leute kennenlerne, ist das für mich wie Urlaub."