Bank-Geheimnisse: Das Abendblatt trifft Menschen auf ihrer Lieblingsbank. Heute: Musikmanager Heinz Canibol

Köthel. Harry Belafonte, Cher, Julio Iglesias, Bruce Springsteen, Carlos Santana - das sind nur einige Musikgrößen, denen Heinz Canibol begegnet ist. Mit ihnen ist der Musikmanager, der Ina Müller und Stefan Gwildis entdeckte, auf zahlreichen Fotos in seinem Büro abgebildet. Einigen ist er nur beruflich, anderen auch privat nähergekommen. Hat Freunde gefunden, unvergessliche Momente erlebt. So meinte Julio Iglesias nach einem Konzert und einem gemeinsamen Essen auf der Fahrt zum Hotel: "Wenn Marilyn Monroe meine Telefonnummer damals gehabt hätte, würde sie noch leben." Das habe ihn sprachlos gemacht, erzählt Canibol. "Aber diese Einstellung passt zu ihm."

Canibol, Jahrgang 1951, wuchs mit der Musik von den Beatles auf, hörte mit 13 Jahren englische Sendungen auf Radio Luxemburg. "Der Piratensender Radio Caroline brachte damals die heißeste Musik." Dann Woodstock - "mit sämtlichen Musikidolen der damaligen Zeit" - Canibol kommt auch 42 Jahre später noch ins Schwärmen. Die Initialzündung kam jedoch, als der 15-jährige Heinz im Beatclub von Radio Bremen "Hey Joe" von Jimi Hendrix hörte. "Da wollte ich hin, das wollte ich auch sein."

Was dann folgte, ist die Erfolgsgeschichte von Heinz Canibol. Wenn auch auf Umwegen. Canibol, in Gelsenkirchen in einem bürgerlichen Zuhause aufgewachsen, machte nach seinem Realschulabschluss eine kaufmännische Ausbildung in einem Dachdeckergeschäft, finanzierte später mit Jobs sein Studium sowie sein Hobby - die Musik. "Ich war Bassist in einer Ruhrgebietscombo. Musste jedoch schnell feststellen, dass es nur zum Amateurmusiker reichte."

Aber Heinz Canibol kannte sich schon damals gut aus in der Musikszene und den Charts. Nahm Tonbänder auf, verschlang Musikzeitschriften, machte Hitlisten und führte Statistiken. Diese Vorliebe verhalf ihm nach Abschluss seines Wirtschaftsstudiums 1977 zum Einstieg in die Branche. Als die Frankfurter Schallplattenfirma CBS einen "Produktmanager für langlebige Jugendprodukte" suchte. "Ich dachte zunächst noch an Jeans, die Anzeige lief unter Chiffre", erinnert sich Canibol. Er überzeugte, wurde eingestellt. Und war 25 Jahre lang Marketingspezialist. Machte aus Musiktalenten Markenartikel - Ricky King, Bob Dylan, Costa Cordalis, Bruce Springsteen, Nena und Spliff. Wohl wissend, dass der eigene Geschmack nicht entscheiden darf. "Carlos Santana war einer meiner Götter, sein Spiel genial. Ricky King spielte anders." Langsamer. Davon galt es abzusehen und professionell die Stärken der Musiker zu vermarkten.

Canibol, der pro Woche 30 bis 50 Demobänder erhält und viele davon auf der Fahrt von Köthel ins Büro anhört, war später Geschäftsführer der Sony Music in Wien, baute in Hamburg eine Dependance für MCA Music Entertainment auf. "Damals besorgte ich Schreibtische von Ikea für unser Büro." Wieder blühte das Musik-Geschäft: Mit Guns N' Roses, Nirvana, Cher und Aerosmith. "Nach einem Jahr waren wir in der obersten Liga."

Er habe nie um den nächsten Job bitten müssen, sagt der Mann mit dem grauen Bart und der sonoren Stimme. Seine ersten Führungserfahrungen konnte er bei der freiwilligen Feuerwehr als Brandmeister sammeln. Viele Jahre später musste er in seiner Funktion als Präsident der EMI mitten in der Musikmarktkrise von 600 Mitarbeitern 250 entlassen. "Da habe ich menschliche Tragödien erlebt." Das Business ist hart, verlangt Entscheidungen. Schnelle, unbequeme, wegweisende. "Wir haben Robbie Williams und Helmut Lotti etabliert, Michelle zum Grand Prix geführt und BAP wieder belebt." Wenn der stattliche Manager die Namen der Musikgrößen aufzählt, klingt alles wie selbstverständlich. Nicht nach Arbeit, Mühe oder gar schlaflosen Nächten.

Zu dem Rummel im Musikbusiness schuf sich Canibol mit seiner Frau Brigitte auch immer einen Gegenpol. Durch ein Zuhause außerhalb der Städte. Aber jeweils in der Nähe von Frankfurt, Köln, Wien, Hamburg. Seit 2008 lebt das Paar, das sich über die Musik bei CBS kennenlernte und 1984 heiratete, in einem Fachwerkhaus in Köthel.

Im Jahr 2002 stieg Canibol aus. Wollte ein Buch schreiben. "25 Jahre Musikindustrie reichten. 80 Prozent meiner Arbeit machten Verwaltungsaufgaben aus. Der Kontakt zu den Musikern wurde immer weniger." Mit seinem Partner Roman Rybnikar gründete er 105music, ein kleines Label, das sich für deutsche Musik entschied. Mit Stefan Gwildis, Ina Müller und Annett Louisan habe er drei Erfolgssäulen - "drei wirkliche Glücksfälle" unter Vertrag. Mit einer kleinen Mannschaft kümmere er sich um die Künstler - mittlerweile sind es dank Anna Depenbusch, Frank Ramond und Felix Meyer sechs, mit Hubertus von Garnier ist der siebte gerade unter Vertrag. "Der Typ und seine Stimme haben uns vom Stuhl gehauen. Der Mann ist 55 und es ist sein erster Plattenvertrag."

Überraschung schwingt in Canibols Worten mit. Und da ist sie wieder, die Begeisterung - ohne die Erfolg in der Musik nicht denkbar ist. "Musik muss magische Momente bringen, muss verzaubern." Dazu gehöre die Kunst, das Talent in die richtige Form zu schmieden. Dass der Mann das richtige Gespür dafür hat, hat Canibol eindrucksvoll bewiesen. Wichtig sei, die richtigen Leute zusammenzubringen, Sänger, Musiker, Texter, Produzenten, "die sich verstehen müssen, denn spätestens auf der Bühne zeigt sich, ob die Musiker harmonieren."

Wird das Talent des Künstlers durch Charisma, Entertainerqualitäten und gutes Aussehen ergänzt, vereint der Musiker alle wichtigen Zutaten für eine große Karriere. Und was macht einen Star aus? "Der kann durch seine bloße Anwesenheit Menschen in seinen Bann ziehen und in Begeisterung versetzen", sagt Heinz Canibol. Dann entsteht er wieder, ein magischer Moment - durch die Musik. Auch darüber wird Canibol in seinem Buch schreiben. 105 Seiten sind schon fertig.