Für diesen Teil der Serie “Unser Dorf“ waren wir zu Besuch in der Gemeinde Braak. In der bekannten Mühle, dem Wahrzeichen des Ortes, kann man auch heiraten

Es war das Jahr 1250. Da kamen eines Tages, dem Rufe des Grafen Johann von Holstein-Stormarn folgend, sieben Bauern aus Westfalen in den Raum von Braak gezogen, um sich hier eine neue Heimat zu schaffen." So ist es in der Chronik von Braak nachzulesen. Auch heute noch zeugen sieben stilisierte Bauernhäuser im Wappen der Gemeinde von der Gründungsgeschichte des Ortes, sagt Bürgermeister Ortwin Jahnke. Mittlerweile sind 760 Jahre vergangen. Und auch heute könnte jeder der Braaker Landwirte eines der dunkelroten Bauernhäuser im Gemeindewappen für sich beanspruchen. Denn auch heute gibt es noch sieben Bauern im Ort, sagt Heinrich Heerde. Seit 1773 ist sein Familienname mit dem Bauernhof verbunden, den er mittlerweile in siebter Generation führt. Heerde kennt sich bestens in der Dorfgeschichte aus. Viel habe er von seiner Großmutter erfahren, sagt er. "Wenn wir etwas wissen wollen, dann fragen wir Heerde", sagt Bürgermeister Jahnke. So hilft Heerde auch bei der Aufarbeitung der Braaker Chronik mit. Die wurde zuletzt 1980 aktualisiert und soll nun bis in die heutige Zeit fortgeschrieben werden. Von der Restaurierung der Braaker Mühle bis zum Bau der neuen Gewerbegebiete, auch in den letzten 30 Jahren hat sich im Ort einiges verändert.

"Die Mühle ist schon so etwas wie das Wahrzeichen von Braak", sagt Joachim Lessau. Sein Ur-Ur-Großvater hatte die Mühle 1859 für damals 9375 Reichstaler Courant ersteigert. Bis 1976 war die Mühle in Betrieb. Durch technische Neuerungen, wie den Mähdrescher, wurde das Getreide damals bei der Ernte aber so sehr mit Erde verunreinigt, dass es in der alten Mühle nicht mehr gemahlen werden konnte. Daher legte man die Mühle still. Und wie bei jedem alten Gebäude, das nicht genutzt wird, setzte die Zeit auch der Mühle allmählich zu. "Das sollte sich ändern", sagt Karl-Heinz Borchert. Er gründete 1990 einen Verein, der die Mühle eigentlich nur restaurieren wollte. Nach sechs Jahren Arbeit konnte die Mühle 1996 dann erstmals nach 20 Jahren Stillstand wieder in Betrieb genommen werden. "Dann haben wir überlegt, wie man die Mühle dauerhaft nutzen könnte. Denn ein bloßes Museum soll sie nicht sein."

So suchte man nach Getreide, das sauber genug war, um es mit der alten Technik mahlen zu können - und wurde fündig. Nun betreibt der Verein die Braaker Mühle; die Bäckerei nimmt die verarbeiteten Produkte für ihre Bio-Linie ab. 1000 Mühlen gebe es in Deutschland, alleine 100 davon stünden in Schleswig-Holstein. Aber nur fünf seien noch in Betrieb, so Borchert. Die Braaker Mühle sei aber die einzige in Schleswig-Holstein, die auch kommerziell genutzt werde. Rund 130 Tonnen Getreide werden pro Jahr vermahlen. Außerdem steht die Mühle interessierten Besuchern - vor allem Schulklassen - offen, denen Borchert zeigt, wie die Mühle, Baujahr 1849, arbeitet. Und auch Hochzeiten finden hier statt: "Nach der standesamtlichen Vermählung durch unseren Bürgermeister machen wir hier eine 'Vermehlung'", sagt Borchert mit einem Augenzwinkern.

So wie die Mühle das Wahrzeichen der Gemeinde ist, ist die Braaker Feuerwehr so etwas wie der Dreh- und Angelpunkt für das Dorfleben. "Sie ist der größte Kulturträger im Ort", sagt Amtswehrführer Gerhard Hinz. Beinahe alle Veranstaltungen im Ort finden an der Feuerwache statt: vom Vogelschießen bis zum Osterfeuer. Denn Sportvereine gibt es in Braak nicht. Aber auch wenn die Feuerwehr der einzige Verein im Dorf ist, wird es nicht einfacher, Mitglieder zu gewinnen. Viele Braaker arbeiten in Hamburg und sind bei Einsätzen, zumindest tagsüber, nicht greifbar. "Früher hatten wir hier mehr Landwirte - die waren natürlich immer vor Ort", sagt Hinz. Immerhin müssten die Feuerwehrleute spätestens zehn Minuten nach einem Notruf vor Ort sein können.

"Deshalb ist auch die Jugendfeuerwehr für Braak so wichtig", sagt Wehrführer Klaus Eggers. 36 aktive und 12 Ehren-Mitglieder hat die Feuerwehr. Dazu kommen noch mal 13 Mitglieder der Jugendfeuerwehr. Die wurde 1975 gegründet und ist damals die 100. in Schleswig-Holstein gewesen, erinnert sich Eggers. Ab dem zehnten Lebensjahr kann man Mitglied werden. Dann lernen die Jugendlichen nach und nach in Planspielen die Ausrüstung kennen. "In den Einsatz dürfen sie aber erst mitkommen, wenn sie volljährig sind", so Eggers. Rund 15 bis 20 Einsätze im Jahr hat die Braaker Feuerwehr. "Die Mehrheit der Einsätze ist technische Hilfe." Das Einsatzspektrum aber reicht von der Beseitigung einer Ölspur bis zum Löschen eines Gebäudebrands. Neben den Aufgaben der Feuerwehr sei aber die Gemeinschaft das Wichtigste am Verein, sagt Eggers: "Der Zusammenhalt und die Kameradschaft, das macht einfach Spaß."

Etwas außerhalb von Braak liegt eine weitere Institution des Ortes: der Braaker Krug. "Das Gasthaus entstand vor 275 Jahren als Umspannplatz für Pferde", sagt Gastwirt Dirk Steenbock. Damals verlief die alte Verbindungsstraße zwischen Hamburg und Lübeck direkt am Braaker Krug vorbei. Das alte Kopfsteinpflaster aus der Zeit Napoleons hat sich bis heute gehalten, ebenso wie das Gasthaus. Und auch die Besitzer sind die Gleichen geblieben. Denn seit mittlerweile 17 Generationen befinde sich der Braaker Krug in Familienbesitz, sagt Steenbock. Rustikale Holsteiner Küche, etwa Sauerfleisch und Kartoffeln, sind die Spezialität aus der Küche. Und die kann sich auf dem eigenen Hof bedienen: Auf 60 Hektar Grund betreibt der Braaker Krug seine eigene Landwirtschaft mit Schweinen und einigen Rindern. "Wir können uns noch selbst versorgen", sagt Steenbock. Zwölf Hotelzimmer hat der Braaker Krug für Gäste. Und die kommen oft von weit her: "Viele Schweden machen auf der Durchreise hier Halt", sagt Steenbock.

Aber nicht nur der Braaker Krug profitiert von der verkehrsgünstigen Lage der Gemeinde an der Autobahn A 1. Auch im Autohaus Hansen kennt man die Vorzüge der eigenen Autobahnauffahrt. "Viele unserer Kunden kommen von weiter her", sagt Herbert Hansen. Ursprünglich hatte die Familie an der selben Stelle, an der heute das Autohaus steht, eine Schmiede. Nachdem in den 1950er-Jahren das Geschäft - vor allem das Beschlagen der Pferde - immer schwieriger wurde, gründete Herbert Hansen kurzerhand eine Tankstelle. Nach und nach kamen eine Werkstatt und der Autohandel hinzu. Heute führen Herbert Hansens Kinder das Unternehmen mit 20 Mitarbeitern.

Tradition passt nicht in die Moderne? Braak beweist das Gegenteil: Von der Mühle über den Braaker Krug bis zum Autohaus Hansen. Hier ist es vielen gelungen, gewachsene Traditionsunternehmen über Generationen - teilweise über Jahrhunderte - fortzuführen. Und die nächsten Generationen stehen schon bereit.