In Bargteheide schließt die letzte HNO-Kassenpraxis. Initiator des Gesundheitsprojekts hat viele Interessenten

Bargteheide. Der Fachärztemangel in Bargteheide spitzt sich zu. Nun ist es auch mit der letzten Hals-, Nasen-, Ohren-Kassenpraxis vorbei. Ab dem 1. Oktober können nur noch Privatpatienten und Selbstzahler zu Dr. Karl Freyer in die Bahnhofstraße 1 kommen. Die kassenärztliche Versorgung verlagert sich nach Ahrensburg, wo ein Kollege des Bargteheiders - als seine ständige Vertretung - in eine Gemeinschaftspraxis eintritt.

So steht es in einer Patienteninformation, die auch Uly Foerster erhalten hat - zu seinem Leidwesen. "Ich habe eine kleine Tochter, die in Behandlung ist. Jetzt muss ich mit ihr künftig nach Ahrensburg fahren", sagt der Bargteheider. Das sei nicht weit weg, die Entfernung sei daher nicht das Hauptproblem. "Aber die Praxen sind übervoll. Manchmal muss man auf einen Termin mehrere Wochen warten. Und dann sitzt man noch stundenlang im Wartezimmer", sagt Uly Foerster. Er lebe gern in Bargteheide. Das sei eine familienfreundliche Stadt. Foerster: "Aber die Infrastruktur muss stimmen. Im Hinblick auf die ärztliche Versorgung wird sie immer schlechter." Schon vor Jahren war der andere Bargteheider HNO-Arzt nach Großhansdorf abgewandert.

Der Hinweis auf die Situation und die Aufforderung, etwas dagegen zu unternehmen, ist Wasser auf die Mühlen von Gorch-Hannis la Baume. Der Bargteheider Ingenieur und Statiker hatte im Frühjahr Pläne für ein Gesundheitszentrum vorgelegt (wir berichteten), um dem akuten Facharztmangel entgegenzuwirken. Inzwischen hat er das Projekt weiter vorangetrieben. La Baume: "Die Chancen stehen gut. Ich bin sehr optimistisch."

Am Grundstück solle es nicht liegen. Das neue Gesundheitszentrum könnte an der Ecke Alte Landstraße/Haferkamp entstehen. La Baume: "Für die rund 3800 Quadratmeter große Fläche besteht bereits ein Bebauungsplan. Unser Vorhaben würde die Auflagen erfüllen." Und dass der Bedarf da ist, zeige nicht nur das jüngste Beispiel der Verlagerung einer HNO-Kassenzulassung nach Ahrensburg. "Rund 40 000 Menschen gehören zum Bargteheider Einzugsgebiet. Der Bedarf ist da. Das ist keine Frage."

Sehr wohl eine Frage ist, ob es genug Interessenten gibt, die eine Praxis im Gesundheitszentrum aufmachen würden. Vieles hängt jetzt von Gesprächen ab, die für die nächste Zeit anstehen. Die Ausgangsbasis sei jedoch sehr viel versprechend, sagt la Baume, der mit etlichen Interessenten in den vergangenen Wochen verhandelt hat.

Mitmachen will ein Hamburger Arzt, der allein schon 50 Prozent der Fläche mieten würde. Vier weitere Ärzte haben sich gemeldet. Nun geht es darum, ein gemeinsames Konzept zu erarbeiten und für eine gute Angebotsmischung der verschiedenen ärztlichen Fachrichtungen zu sorgen. Ob ein HNO-Arzt dabei sein wird, darüber will la Baume noch nichts sagen.

Nach jetzigem Stand gehört außerdem ein Orthopädietechniker aus Hamburg-Volksdorf zum Interessentenkreis. Er stellt Hilfsmittel her, die zur Stabilisierung oder Ruhigstellung von Gliedmaßen oder des Rumpfes benötigt werden. Dazu gehören beispielsweise spezielle Schuhe oder Nachtschienen zur Korrektur von Fehlstellungen im Kniegelenk bei Kleinkindern. Er hat Bedarf für 300 Quadratmeter angemeldet. "Auch ein Apotheker aus Bargteheide ist interessiert. Er würde im Gesundheitszentrum auf 150 Quadratmetern eine Dependance, also eine zusätzliche Apotheke eröffnen", sagt la Baume. Und noch eine Anfrage ist bei ihm eingegangen: Ein Hörgeräteakustiker überlegt, mit einzusteigen und auf 100 Quadratmetern einen Laden im neuen Gesundheitszentrum zu eröffnen.

3000 Quadratmeter wären damit allerdings noch längst nicht verbraucht. Auch dann nicht, wenn, wie vom Projektplaner vorgesehen, ein Café in den Komplex einziehen würde. Gorch-Hannis la Baume hat sich daher von der ursprünglichen Größenordnung verabschiedet. "Wir streben jetzt die mittlere Lösung an", sagt der Bargteheider Statiker. Das würde bedeuten: rund 1600 Quadratmeter für das Gesundheitszentrum, und zwar in zwei Gebäudeteilen, die durch einen Flur miteinander verbunden wären. Hinzu käme ein dritter Komplex mit Wohnungen. La Baume: "Ich gehe davon aus, dass etwa zwölf Wohnungen von jeweils 80 Quadratmetern entstehen. Aber die Größen ließen sich noch variieren."

Die Anlieger sind möglicherweise nicht sehr erfreut über das Projekt, zumal das Gesundheitszentrum den Blick auf die alte Mühle einschränken und mehr Verkehr in die kleine Straße bringen würde. "So viel mehr Verkehr wird es nicht werden. Außerdem sind Tiefgaragen für die Wohnungen und das Personal geplant", sagt la Baume. Der Bargteheider hat sich für die Umsetzung des Projektes die Architekten Finn Denker aus Hamburg und Broder Meyland aus Nahe (Kreis Segeberg) mit ins Boot geholt. Für das Projektmanagement ist Ilka Lambke-Muszelewski von der Lübecker Unternehmensberatung Praxis- und Sozialmarketing verantwortlich.

La Baume möchte die Interessenten bis Herbst unter Vertrag haben und den Bauantrag stellen. "Dann könnten wir im Frühjahr 2012 beginnen." Voraussichtliche Bauzeit: ein Jahr. Investitionsvolumen für die jetzt angestrebte mittlere Größe: sechs Millionen Euro.