Geschäftsleute an der Bahnhofstraße in Bad Oldesloe klagen über Umsatzeinbußen. Auch viele Kunden sind genervt

Bad Oldesloe. Ohrenbetäubender Lärm, Staubwolken und Sandberge - die Baustelle an der Bahnhofstraße im Oldesloer Zentrum bringt viele Geschäftsleute und Anwohner an den Rand der Verzweiflung. Sie beklagen Umsatzeinbußen von mehr als 50 Prozent. Seit Frühjahr wird der südliche Innenstadtbereich saniert. Er soll attraktiver für Fußgänger und Radfahrer werden, auch für Umsatzsteigerungen in den Geschäften sorgen. Doch das Gegenteil ist im Moment der Fall. Viele Straßen sind gesperrt, Parkplätze gibt es so gut wie keine, die Kunden bleiben aus. Bis Ende Oktober sollen die Arbeiten im ersten Bauabschnitt zwischen der Reimer-Hansen-Straße und der Brunnenstraße laut Klaus-Peter Scharnberg, Sachbereichsleiter Tiefbau in Bad Oldesloe, noch andauern.

Nur Hartgesottene wie Bert Flindt und Rebecca Marx gönnen sich unter diesen Bedingungen einen Cocktail auf der Terrasse der Café- und Cocktailbar CoCo & Co. "Wir sind Stammgäste und kommen regelmäßig hierher", sagt Bert Flindt. "Früher saßen wir stundenlang hier und haben die schöne Atmosphäre genossen. Jetzt bleiben wir meist nur auf ein Getränk", ergänzt Freundin Rebecca Marx.

Verständnis für die Situation hätten sie trotzdem. Es sei höchste Zeit, dass die Gegend verschönert werde, finden die beiden. Sie kämen auch, um ihren Freund, den Betreiber des Cafés, zu unterstützen. Einige hätten ihr Geschäft schon geschlossen, sagen sie - und hoffen, dass es ihrem Freund nicht so ergeht. Der Betreiber der Cafébar, Kevin Schneider, ist diesbezüglich pessimistisch. Er werde es wahrscheinlich nicht bis zum Ende des Baus durchhalten. "Das Geschäft läuft richtig schlecht. Fast die komplette Terrasse ist jetzt eine Baustelle." Im vergangenen Sommer habe er an umsatzstarken Tagen noch 600 Euro pro Tag eingenommen. Heute komme er gerade einmal auf 150 Euro. Seit Anfang Juni könne er keinen Kaffee mehr anbieten, weil die Espressomaschine kaputt gegangen sei. Es gebe Probleme mit dem Wasserdruck, seit bei den Bauarbeiten neue Wasseranschlüsse gelegt wurden. "Für eine Cafébar ist das eine Katastrophe". Gespräche mit dem Bürgermeister hätten wenig genutzt. Kevin Schneider möchte nun auf Schadenersatz klagen.

Yasmin Großmann arbeitet im Tattoo- und Piercingstudio "enjoy art" an der Bahnhofstraße 56 als Beraterin und Verkäuferin. Die allein erziehende Mutter zweier Kinder fürchtet um ihre Existenz. "Wir haben nur noch halb so viele Kunden, weil die Laufkundschaft einfach fehlt. Was mache ich, wenn ich meinen Job verliere?" Der Laden hatte nach Ostern gerade neu eröffnet. Bei der Einweihung stand dann direkt vor der Tür ein Baucontainer. Der Container ist nach langen Gesprächen mit der Behörde wieder weg, aber die Kunden kommen trotzdem nicht.

"Es gibt keine Parkmöglichkeiten mehr, die Leute meiden diesen Bereich", beschwert sich Ramon Ströhl, 55, regelmäßiger Besucher des Studios. Seiner Meinung nach tue sich die Stadt keinen Gefallen mit diesen Bauarbeiten. Sie lebe schließlich auch von den Gewerbeeinnahmen der hiesigen Geschäftstreibenden. Er habe mit Geschäftsleuten in der Gegend gesprochen. Viele von ihnen haben große Probleme. Die Umsätze seien stark eingebrochen, die Kosten blieben gleich. Die Betreiber wüssten nicht, wie lange sie das noch durchhalten können.

Es gebe jetzt schon eine zeitliche Verzögerung von circa drei Wochen, sagt Klaus-Peter Scharnberg. "Es liegt nicht in unserem Interesse, dass die Geschäfte schließen - im Gegenteil. Die Attraktivität der Straße soll im Sinne der Geschäftsleute erhöht werden." Man müsse dafür Bauarbeiten in Kauf nehmen.

Von ihrem Lieblingsrestaurant aus können Renate und Michael Petzold direkt auf die Baustelle an der Bahnhofstraße gucken. "Wir haben im absoluten Halteverbot geparkt, weil es keine Parkplätze mehr gibt". Das Ehepaar versuche zurzeit, die Gegend wegen der Verkehrsbehinderungen grundsätzlich zu meiden. An diesem Tag machen sie eine Ausnahme, weil sie kurz vor ihrem Urlaub noch einmal schön Essen gehen wollen. Sie verstehen nicht, warum die Bauarbeiten ausgerechnet mitten im Sommer erledigt werden müssen, wenn die Leute gern draußen sitzen. Und die beiden glauben nicht daran, dass die Bauarbeiten im Oktober beendet sein werden. "Denn wir sehen keine wirklichen Fortschritte. Die Baustelle sieht immer gleich aus."