Eine Glosse von Victoria Kirjuschkin

Ich lebe noch nicht lange in Stormarn. Die Familienplanung lotste mich aus dem quirligen Hamburg in die Kleinstadt. Anfangs war ich davon nicht sehr begeistert. Die Toleranz und Freundlichkeit meiner neuen Nachbarn konnte ich jedoch an einem schönen Beispiel erkennen.

Um meinen Friseurbesuch effektiv zu nutzen, beschloss ich, in der Zeit, als der Haarfärber seine Wirkung entfaltete, einkaufen zu gehen. Mit ungefähr 50 in Silberfolie eingepackten Strähnchen - ich sah sich aus wie ein Weihnachtsbaum - schnappte ich mir einen Einkaufswagen. Mein ungewöhnlicher Kopfschmuck sorgte dafür, dass mich alle anderen Kunden anstarrten. Auch wenn ich sonst recht mutig bin, war mir das ein bisschen unangenehm. Den Blicken ausweichend, schaute ich auf den Boden, in dem ich lieber früher als später versinken wollte.

So unauffällig, wie das eben mit einer Lametta-Komposition auf dem Kopf ging, schlich ich mich durch die Reihen. Bis ich beim Käseregal von einer Frau angesprochen wurde. "Sie sind ja mutig", sagte sie. Als ich ihr den Grund erklärte, gab sie mir einen Tipp: "Ach, tun sie doch einfach so, als trage man das jetzt so." Das tat gut.

Als mich der Verkäufer vom Hähnchengrill fragte: "Hab ich was verpasst, trägt man das jetzt so?", konnte ich schon verschmitzt erwidern: "Ja, und vergessen Sie nicht, es Ihrer Frau zu sagen." Ich war heilfroh, als die Friseurin das Silber endlich aus dem Haar zupfte. Und doch habe ich etwas gelernt: In Stormarn ist man nett zueinander. Auch zu denen, die optisch ein wenig aus der Reihe tanzen.