17 ehrenamtliche Helfer lassen sich in einem Seminar des Hospizdienstes Reinbek zu Sterbebegleitern ausbilden

Reinbek. Diffuses Licht fällt durch die Fenster, die Schatten der Bäume tanzen über den Teppich im Stuhlkreis. Im Schulungsraum des Ambulanten Hospizdienstes Reinbek haben sich 13 Männer und Frauen versammelt, die sich bis zum kommenden Februar zu Sterbebegleitern ausbilden lassen.

Auch Monika Gorczak sitzt auf einem der Stühle. Ihre beiden Eltern hat sie bis zu deren letzten Tagen zu Hause gepflegt, sie bis zum Tod begleitet. "Diese Erfahrung möchte ich jetzt nutzen, sie weitergeben." Es sei nicht immer leicht gewesen, traurig waren die Erinnerungen an die einstige Stärke ihrer Eltern, die dann am Ende mehr und mehr wich. Doch die Stunden, die die heute 55-Jährige am Bett ihrer Eltern verbrachte, hätten auch viel Positives gehabt. Eine Kraft sei da manchmal im Raum gewesen, die kaum beschreibbar sei.

Gern erinnert sich die Willinghusenerin an die Stunden, in denen sie die Hand ihrer Mutter hielt, sie gemeinsam sangen. "Sie hat so unglaublich gerne gesungen. Ihr Leben lang. Seit ihrer Kindheit", sagt sie lächelnd und schaut fast beseelt an einen Punkt im Raum. Dann nickt sie. "Ja, diese Stunden waren etwas ganz Besonders." Stunden, in denen die Schwäche des Körpers in den Hintergrund trat, in denen das Gedächtnis sich ohne Probleme selbst an die strophenreichsten Lieder erinnerte. "Das war so faszinierend. Und wir mussten viel lachen, wenn ich selbst falsch sang oder die Strophen durcheinander brachte", erinnert sich die Arzthelferin. Das seien Momente der Unbeschwertheit gewesen, des Zusammenhalts - Momente "unglaublich intensiver Nähe". Kostbare Erfahrungen, nennt dies Susanne Ritter. Singen sei ein wichtiger Punkt in der Sterbebegleitung. "Viele der älteren Menschen singen sehr gern. Und auch wenn viele Erinnerungen verblasst sind, an Lieder erinnern sie sich meist ganz genau", sagt Ritter. Sie ist eines der Gründungsmitglieder des Ambulanten Hospizdienstes Reinbek, der im November sein zehnjähriges Bestehen feiert. 30 Jahre lang arbeitete sie auf der Intensivstation des St.-Adolf-Stift in Reinbek. Seit März dieses Jahres koordiniert sie die Sterbebegleitung in Reinbek. Und im Seminar gibt sie wertvolle Tipps, damit die neuen ehrenamtlichen Helfer lernen, mit Nähe und Distanz umzugehen. "Es bleibt nicht aus, dass man das Erlebte und die Traurigkeit mit nach Hause nimmt. Damit muss man umgehen können", sagt die 53-Jährige.

Derzeit besuchen 17 ehrenamtliche Helfer aus der Region Reinbek schwer kranke und sterbende Menschen in ihren Wohnungen, im Alten- oder Pflegeheim und im Krankenhaus, sprechen dort mit ihnen und ihren Angehörigen über ihre Sorgen, Ängste und Nöte. "Wir sind da, wenn sie die Kraft verlässt. Für die Angehörigen ist es nicht immer leicht, diese Kraft aufzubringen, wenn sie tagtäglich mit dem Sterben eines geliebten Menschen konfrontiert sind", sagt Ritter.

Nicht nur Frauen engagieren sich ehrenamtlich im Ambulanten Hospizdienst Reinbek. Auch 17 Männer übernehmen mittlerweile die Trauerbegleitung. Auch in dem neuen Sterbebegleiterseminar werden derzeit vier männliche Teilnehmer ausgebildet. "Das ist gut, dass wir bald noch mehr Männer haben werden. Denn viele fragen explizit nach männlichen Begleitern. Vor allem die Männer", sagt Ritter.

Einer der angehenden Sterbebegleiter ist der 34-jährige Lars Bodenstein. Der Gymnasiallehrer aus Wentorf ist auf einen kleinen Artikel im Kirchenblatt seiner Gemeinde auf den Ambulanten Hospizdienst aufmerksam geworden. "Das war eine ganz spontane Entscheidung", erzählt Bodenstein, der nach einer sinnvollen Beschäftigung in seiner Freizeit sucht.

"Ich glaube auch, dass es für einen persönlich gut ist, sich frühzeitig mit dem Tabuthema Tod auf diese Weise auseinanderzusetzen", sagt Bodenstein, der über sich selbst sagt, dass er ein sehr gelassener Mensch sei. Diese Stärke wolle er an Kranke und Sterbende Menschen in ihrer schweren Zeit weitergeben. Noch habe er zwar wenig Erfahrung mit dem Tod gemacht, aber Angst vor dieser Aufgabe habe er keine. Er fühle sich dem, was auf ihn zukommt, gewachsen. "Wenn schon jetzt ein Unbehagen da wäre, würde es auch wenig Sinn machen", ergänzt Ute Strauch, Koordinatorin des Hospizdienstes Bergedorf, die ebenfalls einen Teil des insgesamt 70-stündigen Seminars übernimmt und den Teilnehmer ihre eigenen Erfahrung schildert. Es komme schon vor, dass einige Teilnehmer während eines solchen Seminars merken, dass es doch nichts für sie ist.

"Manche merken das auch erst später, wenn sie schon aktiv mitarbeiten. Das ist auch immer von der Lebenssituation der Begleiter abhängig", sagt Strauch. Die meisten aber würden aus der ehrenamtlichen Arbeit auch viel Stärke gewinnen. "Es ist schön, wenn man den Kranken und ihren Angehörigen in schwierigen Zeiten Kraft geben kann, ihnen beisteht, zuhört und einfach nur da ist. Da kommt sehr viel Dankbarkeit zurück. Und das ist schön", erzählt sie. Manchmal, wenn sich die Zeit der Begleitung lange hinzieht, entstehe auch eine sehr enge Beziehung. "Eine Art Zusammengehörigkeit. Das ist etwas Besonderes."