400 Jahre lang gibt es den Hof Schulz in Oetjendorf schon, Senior Carl Schulz hat viele Veränderungen im landwirtschaftlichen Betrieb selbst erlebt.

Oetjendorf. Vor 100 Jahren wurden noch Pferde vor einen Pflug gespannt, um Getreidesamen zu säen. Auch die Ernte war 1910 beschwerlicher. Carl Witten, der den Hof Schulz zwischen 1895 und 1925 bewirtschaftete, und seine Mitarbeiter mussten das Getreide mit einer Sichel per Hand mähen. Heute gibt es dafür Landmaschinen. Eines ist zwischen dem heutigen Bewirtschafter, Claus Schulz und seinem Urgroßvater heute wie früher gleich: Im Juli beginnt die Ernte.

400 Jahre lang lebt die Familie im Rhythmus der Jahreszeiten. Mit seiner Frau ist Claus Schulz der 15. Bewirtschafter des Hofes im Hoisdorfer Ortsteil Oetjendorf. Sohn Daniel soll der nächste werden. Gerade hat er eine landwirtschaftliche Lehre abgeschlossen. Im Oktober geht's zum Agrarwissenschafts-Studium nach Kiel.

Im Moment ist es auf dem Hof ruhig, in ein paar Tagen beginnt die Ernte

Obwohl es auf dem Hof Schulz immer etwas zu erledigen gibt, ist es im Moment relativ ruhig. "Wir warten jetzt auf gutes Wetter", sagt der 52-Jährige. Bei einer Tasse Kaffee sitzt er mit Ehefrau Kathrin, Vater Carl und Sohn Daniel in der gemeinsamen Wohnküche. Solch entspannte Momente wird es bald nicht mehr geben. Bis Oktober holt der Landwirt noch Raps und Weizen ein. Von Sonnenaufgang bis weit in die Nacht, ungefähr 15 Stunden am Tag, werden alle auf den Beinen sein.

Drei Generationen der Bauernfamilie Schulz stehen dann zusammen auf dem Feld. Unterstützt werden Claus Schulz, Vater Carl und Sohn Daniel von Czeslaw Femiak. Der Helfer kommt aus dem polnischen Brzyska Wola, einem Städtchen nahe der ukrainischen Grenze. "Er fährt bei uns den Mähdrescher, seit vielen Jahren schon", sagt Schulz.

Doch die Familie Schulz betreibt auf ihrem 200 Hektar großen Grundstück nicht nur Ackerbau. Es werden auch 500 Mastschweine gehalten. "Geschlachtet wird heute nicht mehr auf dem Hof, unsere Schweine kommen zum Schlachthof. Bis 1975 kam der Schlachter zu ihnen ins Haus. "Das war nur im Winter." Das Fleisch blieb so kalt, zog weniger Fliegen an. "In einem großen Kessel erhitzten wir Wasser, schrubbten die Borsten ab und hängten das Schwein an einer Leiter auf", sagt der pensionierte Landwirt. Anschließend wurde das Tier in Stücke geschnitten und zu Wurst gemacht.

Anfang der 90er-Jahre übergab der 84-Jährige den Betrieb an seinen Sohn, lebt seitdem mit Ehefrau Johanna, 79, in einem Altenteil neben dem Wohnhaus. Über die Geschichte des Hofes kann Carl Schulz ausführlich berichten: "Bis 1940 hatte meine Familie eine Gastwirtschaft." Seit 1611 war die in dem alten Bauernhaus beherbergt. Heute leben in dem Gebäude Mieter, Familie Schulz hat sich auf einem Hang daneben ein moderneres Wohnhaus gebaut. Als das Gasthaus 1611 eröffnete, wurde der landwirtschaftliche Betrieb auch erstmals schriftlich erwähnt. "Auf einer Abgabeliste wurde Claus Witten als Steuerzahler genannt", sagt Claus Schulz. Dieser muss wohl den Hof von seinem Schwiegervater einem Hans Knacken übernommen haben. "Fünf Generationen lang hießen wir Witten", sagt Claus Schulz "Bis meine Großmutter 1925 Erwin Schulz heiratete."

Als Carl Schulz Kind war, war die Landarbeit viel beschwerlicher

Von der Zeit danach kann Carl Schulz sogar schon als Zeitzeuge berichten. "1926 wurde ich geboren", sagt der 84-Jährige. "Der Hof war damals noch viel kleiner" erinnert er sich. Gleichzeitig lebten mehr Menschen dort, die bei der Ernte oder der Versorgung der Tiere halfen. Auch so mobil wie heute sei man nicht gewesen. "Als ich klein war, gab es in unseren Dorf nur ein bis zwei Autos", sagt Schulz. Ein Telefon hatte nur die Familie Schulz. Auch wer ein Fahrrad besaß, konnte von Glück reden. "Ich hatte eines", sagt der er. Acht Kilometer fuhr Carl Schulz jeden Morgen zur Ahrensburger Stormarnschule. Zu seinem Gymnasium in Bad Oldesloe musste Carls Enkel Daniel nicht mehr mit dem Rad fahren. "Ich hatte ein Auto", berichtet er. In den Jahren, die zwischen der Schulzeit des Großvaters und seines Enkels liegen, hat sich vieles verändert. Gerade in den letzten Jahren habe der wirtschaftliche Druck auf Landwirte zugenommen, berichtet Claus Schulz. Um existieren zu können, werde vom Ertrag eines landwirtschaftlichen Betriebes immer mehr Menge erwartet. "Das liegt daran, dass die Stückgewinne kleiner werden." Wie es die Bauernfamilie geschafft hat, 400 Jahre lang zu existieren, erklärt Claus Schulz: "Es gehört viel Glück dazu und Durchhaltevermögen. Außerdem müssen Kinder da sein, die den Betrieb weiter führen."

Im Moment genießt der 52-Jährige vor allem, dass er mit seinem Vater und Sohn zusammen den landwirtschaftlichen Betrieb bewirtschaften kann. "Zu Dritt zu arbeiten, macht Spaß. Wir sind zufrieden", sagt der 52-Jährige. Verabschiedet sich, um den Hof zu kärchern.

Der Betrieb soll blitzen, wenn die Familie mit 130 Gästen am Sonnabend ihr 400-jähriges Jubiläum feiert. Eine Blaskapelle wird spielen, zwei Schweine gegrillt. Zudem zeigt die Familie Schulz eine Foto-Show mit zahlreichen historischen Bildern.