Die Mitglieder der FKK-Sportgemeinschaft legen auf ihrem Ammersbeker Campingplatz mit der Kleidung auch den Alltag ab

Ammersbek. Sobald sie das eiserne Eingangstor hinter sich schließen, ist es da: das Gefühl von Freiheit und Unbeschwertheit. Dann beginnt für die 75 Mitglieder der FKK-Sportgemeinschaft Hamburg das textilfreie Leben. Rund 1,5 Hektar groß ist das Areal in Ammersbek, wo sie dieses Leben leben können. Bereits seit 60 Jahren gibt es den Verein in Ammersbek. "Wir sind hier alle gleich", sagt René Riemann, 44, der seit zwölf Jahren Mitglied und seit mehr als einem Jahr Vorsitzender des Vereins ist.

An den Wochenenden und in den Ferien kommt der Hamburger mit seiner Frau und den drei Kinder auf den Campingplatz, der versteckt im Wald am Duvenstedter Brook liegt. Es ist ein Ort der Ruhe mitten in der Natur. Das Summen der Bienen ist zwischen den rund 20 Meter hohen Tannen und Birken zu hören. Übertönt wird es nur vom Planschen der Kinder. Die elf Jahre alte Fenja und ihr Bruder Torben, 14, sind ins kalte Wasser des Pools gesprungen. Vater René Riemann wirft ihnen einen riesigen orangefarbenen Ball zu. "Es ist ein schönes Gefühl, aus dem Wasser zu steigen und keine Badehose zu tragen, die nass an der Haut klebt", sagt der Vereinsvorsitzende: "Schöner ist es doch, wenn man nichts an hat."

Das findet auch Joachim Wille aus Hamburg. Für den 70-Jährigen ist es völlig normal, Gartenarbeiten nackt zu erledigen. "Ich verbringe hier seit 21 Jahren meine Freizeit", sagt er und schneidet mit einer Gartenschere die Hecke zurück, die seinen Stellplatz markiert. Zu verbergen hat er nichts. "Ich fühle mich so einfach frei", sagt Wille, der in jungen Jahren die Leidenschaft für die Freikörperkultur entdeckt hat. "Ich bin früher zur See gefahren, war viel in Afrika. Dort war es normal, dass alle am Strand nackt waren", sagt der Hamburger, der mit seiner Frau 1990 den abgelegenen FKK-Camping-Platz entdeckt hatte.

"Zuvor waren wir auf einem Texilcampingplatz in Itzstedt", sagt Wille. Doch dort fühlte sich das Ehepaar nicht wohl. "Es war alles so anonym, jeder lebte zurückgezogen, man kannte sich nicht", sagt er und fügt hinzu: "Auf einem FKK-Platz ist das anders, dort kennt jeder jeden, man ist eine große Gemeinschaft."

Das schätzt auch die Familie Riemann an dem Ammersbeker Verein. "Wir können hier unsere Kinder rumlaufen lassen, und jeder passt auf sie auf", sagt René Riemann: "In den vergangenen Jahren haben wir hier einen Babyboom erlebt. Derzeit haben wir sechs Kleinkinder." Seitdem gibt es auf dem Campingplatz ein Klettergerüst mit Rutsche. Auch Schaukeln und eine Sandkiste sind vorhanden, dazu ein Trampolin sowie eine Wippe und Tischtennisplatten.

"Schließlich sind wir auch ein Sportverein", sagt Riemann. Sobald er eine Glocke läutet und das schrille Geräusch sich auf dem Platz ausbreitet, kommen alle Bewohner aus ihren Campingwagen zum Volleyballfeld gestürmt. "Wir spielen da Indiaca. Statt eines Balls wird ein kleiner gelber Ball, an dem Federn befestigt sind, über das Netz gespielt. Quasi so wie Federball, nur ohne Schläger"; sagt Riemann, der sich nach dem Baden mit seiner Frau Britta und den beiden Kindern in der Sauna aufwärmt.

Das Schamgefühl, sich vor anderen Menschen nackt zu zeigen, kennt der 44-Jährige nicht. "Ich erinnere mich noch an den Schwimmunterricht, damals in der Schule. Beim Umziehen haben sich alle immer ein Handtuch um die Hüfte gewickelt. Ich habe das nie gemacht", erzählt der FKK-Fan.

Seine Frau Britta hat er vor 23 Jahre kennengelernt. Zuvor kannte sie Freikörperkultur nicht. "Er hat mich dann auf einen Platz mitgenommen, und ich war begeistert", sagt die 42-Jährige: "Ich war noch nie der Typ, der den neuesten Bikini spazieren führen musste."

Und auch die praktischen Seiten des FKK hat die Mutter schnell erkannt. Sie frotzelt: "Ich muss mir morgens nie groß Gedanken darüber machen, was ich anziehen soll. Und wenn wir mit den Kindern die Sommerferien hier verbringen, haben ich nach den sechs Wochen keinen riesigen Wäscheberg."

Von außen können Spaziergänger oder Radfahrer nicht auf das Gelände des FKK-Sportvereins gucken. Ein Sichtschutz zäunt das Areal ein. "Wir haben zwar nichts zu verbergen, jedoch soll sich niemand durch den Anblick gestört fühlen", sagt Riemann: "Selbst den Postboten stört es nicht, dass hier alle nackt rumlaufen. Er war selbst mal Mitglied bei uns.

Riemanns Arbeitskollegen wissen, welchem Hobby er nachgeht

In der Gemeinschaft wird es auch toleriert, wenn sich jemand nicht ausziehen möchte. "Insbesondere bei Kindern, die in die Pubertät kommen, erleben wir es, dass die dann immer mit einem Handtuch oder angezogen rumlaufen. Das ist doch völlig normal. Nach etwa einem halben Jahr ist das dann wieder vorbei", sagt der Vereinsvorsitzende, der selbst auch bekleidet auf dem Gelände anzutreffen ist. "Wenn uns kalt ist, dann ziehen wir uns an."

Dann stört ihn die Kleidung auch nicht. Genauso wenig wie bei der Arbeit. "Ich habe einen gewöhnlichen Bürojob. Dort könnte ich mir nicht vorstellen, nackt am Schreibtisch zu sitzen", sagt René Riemann. Seine Arbeitskollegen wissen, dass er in seiner Freizeit FKK-Fan ist. "Daraus mache ich kein Geheimnis", sagt der Vereinsvorsitzende. Auch seine Kinder gehen ganz offen damit um.

Genauso wie Susanne und Hans-Hellmut Hoppe. Beide sind quasi auf FKK-Plätzen groß geworden und haben sich auch auf einem kennengelernt. "Ich war damals 14 Jahre alt", erinnert sich die heute 58-Jährige. "Meine Eltern und ich haben auf einem FKK-Zeltplatz bei Goslar Urlaub gemacht. Neben uns hat mein heutiger Ehemann, der damals 19 Jahre alt war, mit seiner Familie gecampt." Fünf Jahre später hat das Paar geheiratet.

Auch ihr heute 36 Jahre alter Sohn Matthias Hoppe ist begeisterter FKK-Anhänger und hat seinen Wohnwagen in Ammersbek stehen. "Ich liebe dieses Gefühl von Freiheit", sagt er und fügt hinzu: "Wenn ein langer Winter vorbei ist, ist es ein schönes Gefühl, durch das Tor zum Campingplatz zu gehen und den Alltag abzulegen."