Hinhaltetaktik des Bundesverkehrsministers Peter Ramsauer (CSU) im Fall der S 4 empört Politiker in der Metropolregion Hamburg

Ahrensburg. Es wäre "katastrophal für den Norden", ja mehr noch: "Es wäre eine Verarsche dieser gesamten Region." Stormarns Verkehrsausschussvorsitzende Sigrid Kuhlwein (SPD) findet deutliche Worte, wenn sie über jenes Szenario spricht, das der CDU-Bundestagsabgeordnete Norbert Brackmann aufs Tapet gebracht hat: Dass die S 4 zwischen Hamburg und Ahrensburg vor dem Aus stehen könnte, bevor sie jemals losgefahren wäre, bevor überhaupt die Planungen richtig in Gang gekommen wären.

Wie berichtet, hat Brackmann Meldungen vernommen, Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) wolle einen Großteil der Bundesmittel aus dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz in sein Heimatland Bayern lenken, sollte München am 6. Juli den Zuschlag als Austragungsort der Olympischen Winterspiele 2018 bekommen. In der bayerischen Landeshauptstadt laufen die Planungen für den Bau einer zweiten Stammstrecke für die S-Bahn bereits auf Hochtouren. Der Freistaat wünscht sich für das Zwei-Milliarden-Projekt, das 2017 abgeschlossen sein soll, 810 Millionen Euro vom Bund - ein Vielfaches dessen, was ganz Bayern zustehen soll.

"Das hätte einen ganz schalen Beigeschmack", sagt Jörg Sievers, der Stormarner Sprecher der S-4-Initiative, "und es würde wieder alle Vorurteile nähren, die viele Menschen ohnehin schon gegenüber Politikern haben." Peter Ramsauer sei Verkehrsminister für ganz Deutschland, nicht nur für Bayern. Und es sei der Bevölkerung kaum verständlich zu machen, wenn wegen einer Sportveranstaltung ein weitaus dringenderes Projekt an einem anderen Ort gestrichen werde.

Auch die CDU/CSU-Mitglieder im Haushaltsausschuss des Bundestags sollen verärgert sein. Der auch für Ahrensburg zuständige CDU-Parlamentarier Brackmann, der dem Gremium angehört, hat einen Brief an Ramsauer geschrieben. Darin heißt es: "Die Mittel aus dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz sollen bundesweit zum Einsatz kommen und nicht nur für eine Stadt in Anspruch genommen werden."

Das sieht die SPD-Politikerin Sigrid Kuhlwein genauso. "Es wäre ein einmaliger Vorgang, dass Mittel aus dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz in ein einziges Bundesland fließen", sagt sie. Die Realisierung der S 4 (geschätzte Baukosten: 350 Millionen Euro) sei insbesondere wegen der geplanten Fehmarnbeltbrücke von großer Bedeutung. Was Bundesverkehrsminister Ramsauer anscheinend versuche, sei "Kirchturmpolitik", so Kuhlwein.

Ahrensburgs Bürgermeister Michael Sarach sagt: "Es ist nicht gut, dass der Süden Deutschlands offenbar wieder bevorzugt werden soll." Im Februar hatten Vertreter aus Schleswig-Holstein und Hamburg aus dem Bundesverkehrsministerium die Aussage mit nach Hause genommen, der Bund sei grundsätzlich bereit, sich an der Finanzierung des S-4-Baus zu beteiligen. Was als Etappensieg gefeiert wurde, war in Wirklichkeit das vorläufige Ende aller Gespräche. Sowohl dem CDU-Abgeordneten Brackmann als auch dem Vorsitzenden des Verkehrsausschusses in der Hamburgischen Bürgerschaft, Ole Thorben Buschhüter (SPD), ist aufgefallen, dass es seit Februar nicht mehr vorangegangen ist.

Nach den Worten Harald Haases, Sprecher des Verkehrsministeriums in Kiel, soll es in Kürze einen neuen Anlauf geben, wenigstens wieder ins Gespräch zu kommen. "Diese Woche soll mit dem Bund ein neuer Gesprächstermin abgestimmt werden", so Haase. Grundsätzlich sei Schleswig-Holstein bereit, in enger Abstimmung mit Hamburg in die Vorentwurfsplanung der S 4 etwa zwei bis drei Millionen Euro zu investieren. Haase: "Diesen Betrag wollen wir aber nur einsetzen, wenn uns der Bundesverkehrsminister zumindest eine Finanzierungsperspektive für das Gesamtprojekt aufzeigt." Das hat Peter Ramsauer also bislang offenbar nicht getan.

Auch in Hamburg wächst der Ärger über die ins Stocken geratenen Verhandlungen. Die SPD-Fraktion in der Bürgerschaft will mit einem Antrag versuchen, die Blockade zu lösen. Zentraler Satz des Papiers: "Der Senat wird ersucht, gemeinsam mit dem Land Schleswig-Holstein beim Bund intensiv darauf hinzuwirken, dass das Projekt S 4 mit der bestmöglichen Finanzierung durch den Bund ermöglicht wird und dafür gegenüber dem Bundesverkehrsministerium mit Nachdruck auf den bereits zugesagten weiteren Gesprächstermin zur Konkretisierung von Finanzanteilen und Quellen zu drängen." Ole Thorben Buschhüter (SPD), der Vorsitzende des Verkehrsausschusses, will versuchen, eine möglichst breite Bürgerschaftsmehrheit für diesen Antrag zusammenzubekommen. Kein aussichtsloses Unterfangen, schließlich hatte die Bürgerschaft im September einstimmig gefordert, das Projekt S 4 voranzutreiben.

Sigrid Kuhlwein setzt unterdessen auf die Macht des Haushaltsausschusses des Bundestags: "Der muss mal richtig Druck machen."