Lastwagenfahrer und Polizisten zeigen den Kindern, worauf sie im Straßenverkehr achten müssen

Reinbek. Trotz mehrerer Spiegel kann ein Lastwagenfahrer nicht jeden Bereich um seinen Lkw einsehen. Insbesondere beim Abbiegen kann es schnell gefährlich werden, wenn sich ein Fußgänger oder Radfahrer im sogenannten toten Winkel befindet. Die Polizei im Kreis Stormarn hat deswegen die Verkehrssicherheitsaktion "Der tote Winkel" ins Leben gerufen. Grundschüler sollen quasi mit den Augen eines Lastwagenfahrers den Verkehr beobachten. Das Wentorfer Umzugsunternehmen Günter Heiser hat dafür einen Lastwagen gestellt, und ein Berufskraftfahrer des Betriebes erklärte den Kindern, weshalb er nicht jeden Winkel im Auge haben kann.

Die Mädchen und Jungen der dritten und vierten Klassen der Grundschule Klosterbergen in Reinbek konnten sich ins Führerhaus setzen und gucken, ob sie all ihre Mitschüler sehen, die sich um den Lastwagen herum posiert hatten. "Ich dachte immer, der Lastwagenfahrer könne alles sehen", sagte der neun Jahre alte Jay, als er am Steuer des Lkw saß.

Reinhard Matthies, der seit 20 Jahren als Berufskraftfahrer arbeitet, erklärte dem Viertklässler, wann Menschen aus seinem Blickwinkel verschwinden. Jay war erstaunt, als eine Klassenkameradin an der rechten Seite des Fahrzeuges vorbeiging und plötzlich nicht mehr im Seitenspiegel zu sehen war. "Wenn ich mit dem Fahrrad unterwegs bin, werde ich jetzt viel besser aufpassen", sagte der Neunjährige.

Auch Busfahrer können kleine Kinder schlecht erkennen

"Insbesondere im Stadtverkehr ist es wichtig, dass Kinder beim Überqueren einer Straße darauf acht geben, ob sie von den Auto- oder Lastwagenfahrern gesehen wurden", sagte Matthies. Auch unmittelbar vor einem Lkw kann es gefährlich werden. Ein Mitschüler von Jay überquerte vor dem Führerhaus die Straße. Jay sah ihn nicht.

"Autofahrer würden das Kind sehen, ein Lastwagenfahrer, der viel höher sitzt, hat einen ganz anderen Blickwinkel. Auch Busfahrer können kleine Kinder schlecht erkennen, die dicht vor dem Bus die Straße überqueren", sagte der Lastwagenfahrer.

"Ich wusste schon zuvor, dass ein Lastwagenfahrer mich nicht überall sehen kann, jetzt weiß ich aber auch, warum", sagte der zehn Jahre alte Jan und fügte hinzu: "Es war auch super, mal in einem Lastwagen zu sitzen." Auch seine Mitschüler waren von der Aktion begeistert. "Das war eine gute Idee und hat richtig Spaß gemacht", sagte die neunjährige Henriette.

Der Verkehrslehrer der Polizei, Tino Sdunek, legt immer großen Wert auf solche Präventionsmaßnahmen. "Bei diesen Übungen können sich die Kinder selbst ein Bild davon machen, in welchen Verkehrssituationen es für sie gefährlich werden könnte." Würde er im Klassenzimmer an der Tafel den toten Winkel erklären, würden die Grundschüler das nicht so verinnerlichen. "Denn der tote Winkel zählt zu den häufigsten Unfallursachen beim Abbiegen oder Wechseln der Spur", sagte der Verkehrspolizist. Im vergangenen Jahr sind 86 Kinder im Kreis Stormarn bei Verkehrsunfällen verletzt worden. In 46 Fällen waren die Kleinen mit dem Fahrrad unterwegs, 17 Unfälle zählten die Beamten, bei denen Kinder als Fußgänger verletzt wurden.