Vergewaltiger von Reinbek sitzt in U-Haft. Fahnder sind sicher, dass der 28-Jährige Frauen überfallen hat

Reinbek. Viereinhalb Tage in Freiheit blieben ihm, bis am Freitagvormittag das entlarvende Ergebnis einer DNA-Analyse vorlag. Es beweist zweifelsfrei: Stephan H. ist der gesuchte Vergewaltiger von Reinbek. Kurz darauf klickten die Handschellen. Kripobeamte nahmen den 28-Jährigen in seiner Wohnung an der Stettiner Straße in Wentorf fest. Kurz darauf wurde H. einem Haftrichter beim Amtsgericht Reinbek vorgeführt; der erließ Haftbefehl. Inzwischen sitzt H. in Lübeck-Lauerhof ein.

Es ist ein riesengroßer Erfolg für die Ermittler der Kriminalpolizei in Reinbek. Mehr als ein Jahr lang jagten sie einen unheimlichen Unbekannten, der im Februar und im März 2010 nahe des Reinbeker Bahnhofs je eine Frau vergewaltigt hatte. Zumindest für das Verbrechen, das sich am 28. März 2010 um halb sechs am Morgen im Anschluss an eine Ü-30-Party im Sachsenwald-Forum zugetragen hatte, kann die Täterschaft H.s nun nachgewiesen werden.

Lange Zeit schien es, als könne die Polizei den Vergewaltiger nicht fassen. 220 Hinweise aus der Bevölkerung gingen ein, doch brachte keiner den entscheidenden Tipp. Zuletzt zogen die Ermittler in Erwägung, einen Massen-Gentest durchzuführen.

Dann, am Sonntag vor einer Woche, der Durchbruch. Es war ein Zufallstreffer, wenn auch ein seitens der Polizei perfekt vorbereiteter: Im Sachsenwald-Forum lief wieder eine Ü-30-Party, ein Großaufgebot an Beamten in Zivil hielt sich unauffällig in der Nähe des Veranstaltungsortes auf. Um 3.30 Uhr griff Stephan H. dann an der Klosterbergenstraße, in einem Grünstreifen nahe der Feuerwehrwache, eine Frau an, stieß sie von hinten zu Boden, nahm sie in den Schwitzkasten. Sie konnte um Hilfe schreien, Polizisten waren umgehend zur Stelle, Stephan H. ließ sich widerstandslos festnehmen.

Eine fast 20-stündige Vernehmung folgte, in deren Verlauf der Tatverdächtige aber offenbar kein Geständnis ablegte. Ihm wurde eine Speichelprobe entnommen und zum Abgleich mit dem nach den Vergewaltigungen gewonnenen DNA-Spuren in ein Labor geschickt. Weil weder Kriminalpolizei noch Staatsanwaltschaft genügend Gründe sahen, einen Haftbefehl zu beantragen, kam H. am späten Sonntagabend wieder auf freien Fuß - für viereinhalb Tage, ein letztes Mal für voraussichtlich lange Zeit.

Wer ist dieser Mann, der ganz anders aussieht als auf dem von der Polizei veröffentlichten Phantombild? Der keine schwarze Prinz-Eisenherz-Frisur hat und auch keine Brille mit dunklem Rand trägt? Sondern der seine gelockten, rot-blonden Haare kurz trägt und eine helle Brille auf der Nase hat? Er ist offenbar ein ganz biederer Familienvater, polizeilich noch niemals in Erscheinung getreten geschweige denn vorbestraft. Seit zwei Jahren lebt er mit seiner Lebensgefährtin, 28, und einer gemeinsamen Tochter, 7, in einem rotgeklinkerten Vierfamilienhaus am äußersten Rand der Gemeinde Wentorf. In der Wohnung im Erdgeschoss, vor deren Fenstern immer die hellgrauen Rollläden heruntergelassen sind.

Nachbarn beschreiben Stephan H. als unauffälligen Typen. Als einen, der immer ruhig und freundlich gewesen sei, mitunter sogar ein wenig schüchtern. Aber auch als einen, der in der Nachbarschaft eher gemieden worden sei. "Ich habe wirklich keine Ähnlichkeit zwischen ihm und dem Phantombild feststellen können", sagt eine Nachbarin, die angesichts der neuen Nachrichten sichtlich geschockt wirkt. Eine Vergewaltigung hätte sie ihm niemals zugetraut.

Seinen Lebensunterhalt hat Stephan H. in einem Fleischverarbeitungsbetrieb mit angegliedertem Partyservice verdient. Dort hat er als gewerblicher Mitarbeiter in der Produktion gearbeitet. Das Unternehmen liegt etwa vier Kilometer von seiner Wohnung entfernt im Wentorfer Gewerbegebiet. Manchmal hat er einen Lieferwagen der Firma mit nach Hause genommen.

Privat, erzählt ein Nachbar, habe Stephan H. eher auf Fahrzeuge anderen Kalibers gestanden: große und aufgemotzte Autos. "Mal ein Audi-Kombi, mal ein Porsche, zuletzt ein Geländewagen", sagt der Nachbar.

Und dann fällt ihm noch etwas ein. "Meine Frau und ich haben ihn mal bei einer Ü-30-Party im Reinbeker Sachsenwaldforum gesehen."

Nun gehen die polizeilichen Ermittlungen weiter. Im Raum steht die Frage, weshalb die Kriminalpolizei dem Mann bislang nur die Vergewaltigung am 28. März, nicht aber eine vorangegangene am 2. Februar 2010 nachweisen kann. Es hatte immer geheißen, die bei beiden Taten sichergestellten DNA-Spuren seien identisch. Ferner wird zu prüfen sein, ob Stephan H. für weitere unaufgeklärte Fälle verantwortlich ist.