Die Oldesloerin Julia Görges war nach ihrem Sieg beim Tennisturnier in Stuttgart auf Heimatbesuch. Doch viel Zeit, den Erfolg zu genießen, blieb nicht

Bad Oldesloe. Sie klingt glücklich und entspannt. Julia Görges ist zurück in ihrer Heimatstadt Bad Oldesloe. "Wie geht's?", fragt sie. Die Gegenfrage erübrigt sich. Denn ihre gute Laune ist der 22-Jährigen anzuhören - und dazu hat sie auch allen Grund. Am Sonntag feierte die Tennis-Profispielerin mit ihrem Sieg beim WTA-Turnier in Stuttgart den größten Erfolg ihrer Karriere. Im Endspiel bezwang sie die Weltranglistenerste Caroline Wozniacki, 20, aus Dänemark.

Die Stormarnerin, die im Alter von fünf Jahren beim THC Blau-Weiß Bad Oldesloe mit dem Tennisspielen begonnen hat, gehört nun zu den 30 besten Tennisspielerinnen der Welt. In der Weltrangliste wird sie auf Position 27 geführt. Damit hat sie ihr Ziel, das sie sich für dieses Jahr gesetzt hatte, früher erreicht als gedacht. "Ich habe das Ganze noch nicht wirklich realisiert", sagt Görges gestern Mittag bei einem Gespräch mit der Stormarnausgabe des Hamburger Abendblattes. "Das wird wohl noch zwei bis drei Tage dauern. Ich werde jetzt mit meinem Trainer Sascha Nensel über neue Ziele sprechen."

Die Oldesloerin will mit ihrem neuen Porsche durch Stormarn fahren

Viel Zeit, ihren Erfolg zu feiern, hatte die Oldesloerin bisher nicht. Bereits in der Nacht nach ihrem großen Triumph kehrte sie gemeinsam mit ihren Eltern Inge und Klaus in ihre Heimatstadt Bad Oldesloe zurück. "Es kommt nicht so häufig vor, dass meine Eltern bei einem Turnier dabei sind. Es ist besonders schön, dann gewinnen zu können", sagt Görges. Den mehr als 700 Kilometer langen Heimweg legte die Familie im Auto zurück - allerdings nicht in dem neuen silberfarbenen Porsche 911 Carrera GTS Cabrio, den Görges als Beigabe zu den 111 000 Dollar Preisgeld für ihren Turniersieg erhielt.

Den Sportwagen ließ die Tennisspielerin in Stuttgart zurück. "Er wird mir in den nächsten Tagen nach Bad Oldesloe geliefert", sagt sie. Denn fest steht: Die Sportlerin wird den 400 PS starken Porsche behalten. Keine Sekunde habe sie darüber nachgedacht, ihn zu verkaufen. "Das ist jetzt mein eigener", sagt die Stormarnerin. Sie klingt stolz. Ist in dem Wagen denn überhaupt genügend Platz für all ihre Tennistaschen? "Das weiß ich gar nicht. Wenn das Auto da ist, muss ich das erst mal testen." Die Oldesloerin freut sich bereits darauf, mit ihrem Porsche durch Stormarn zu fahren. "Es haben sich schon viele angemeldet, die mitfahren wollen", sagt sie.

Noch zahlreicher als die Anfragen zum Auto waren die Glückwünsche, die sie per SMS, E-Mail, bei Facebook oder Twitter erreichten. Görges: "Es wird wohl ein bis zwei Tage dauern, alles zu lesen und allen zu antworten." Bei ihrem Heimatbesuch in Bad Oldesloe hatte sie dafür jedenfalls kaum Zeit. Dort stand für die 22-Jährige etwas ganz anderes auf dem Programm: die Taufe ihres Neffen Philipp. Görges war Taufpatin. Hat sie dem Kleinen dort nicht die Show gestohlen? Julia Görges wiegelt ab. "Da wurde nicht viel über Tennis geredet", sagt sie. "Mein Neffe stand im Mittelpunkt. Es ging um die Familie und das war schön. Ich hatte alle lange nicht gesehen."

Zuvor war Julia Görges drei Monate lang nicht in ihrer Heimatstadt gewesen. "Am meisten freue ich mich immer auf mein eigenes Bett", sagt sie. "Das ist schon etwas anderes, als im Hotel zu übernachten. Hier habe ich meine ganze Kindheit verbracht und fühle mich extrem wohl."

Am Montagabend konnte sie dann endlich doch noch ihren Erfolg feiern, wenn auch nur im kleinen Kreis. "Ich war mit meinen Eltern im Glacehaus essen", sagt sie. Mit Ananasschorle wurde in dem Restaurant an der Hamburger Straße in Bad Oldesloe auf ihren Erfolg angestoßen. Alkohol habe es nicht gegeben. "Ich trinke keinen Alkohol", sagt Görges. "Ich mag es einfach nicht."

Viel Zeit, die Beine hochzulegen und sich zu erholen, hatte die 22-Jährige auch gestern nicht. Pressetermine im Minutentakt, nebenbei musste sie Wäsche waschen, ihre Taschen packen, ihre nächsten Turnierreisen organisieren und zum Einkaufen in die Innenstadt fahren. Auf ihrer Einkaufsliste standen hauptsächlich Lebensmittel wie zum Beispiel Sportlerriegel.

Denn bereits heute fährt Julia Görges ins Leistungszentrum nach Hannover, wo sie zwischen ihren Turnierreisen trainiert. Donnerstag geht es von dort aus zum nächsten Turnier nach Madrid. Die Waschmaschine sei deshalb seit Montagabend fast ununterbrochen gelaufen. Und wer kümmert sich um die Wäsche? "Meine Mutter und ich machen das zusammen", sagt sie. "Wir helfen uns gegenseitig."