Bank-Geheimnisse: Das Abendblatt trifft Stormarner an ihrem Lieblingsplatz. Heute: Der Osterhase

Ahrensburg. Ist der Osterhase eigentlich St.-Pauli-Fan? Die Frage drängt sich auf - so rundum braun, wie er neben dem Berichterstatter hockt, und so kumpelhaft, wie er die Pfoten auf den Oberschenkel legt. Holger Stanislawski ist nichts dagegen. Aber mit dieser Pauli-Frage macht man dem Hasen keine Freude. "Mir geht's um Eier, Mensch, und nicht um Bälle", knurrt er.

Kein guter Start also für das Gespräch mit dem Wesen, das dieser Tage in unserem Leben eine so wichtige Rolle spielt. Dabei sind die Erwartungen an das Treffen durchaus groß. Schließlich gelingt es nicht gerade häufig, den Stormarner Osterhasen vor die Kamera zu bekommen. Dass es dann doch so kurz vor Ostern noch klappte, leitet zur zweiten Frage über: Hat ein Osterhase, der sich ausgerechnet jetzt Zeit für ein Gespräch nimmt, nicht eigentlich seinen Beruf verfehlt?

Der Journalist wird kritisch beäugt. Das Naserümpf-Tempo steigt. Offenbar ist der Hase kurz davor, die Pfoten vom Schenkel zu lösen und davon zu hoppeln. Voll ins Fettnäpfchen getreten. Man hätte sich jetzt gern selbst die Löffel lang gezogen, wenn man gekonnt hätte. Vielleicht hilft ein Themenwechsel: "Die Kinder lieben Sie ja." "Allerdings", sagt der Braune würdevoll. "Und zwar auf der ganzen Welt."

Die Zuneigung ist wechselseitig, und sie ist von Dauer. Schon seine Vorfahren hätten sie genossen, sagt der plötzlich zutraulich gewordene Osterexperte. "Ich bin Osterhase in der 45. Generation", sagt er stolz. Die Freude der Kinder sei zu allen Zeiten der wichtigste Antrieb gewesen, diese Tradition fortzusetzen. "Ich hätte auch einfach einen Haken schlagen und Feldhase werden können." Hat er aber nicht. Schließlich sei er kein Hasenfuß. Stattdessen versteckt er Jahr für Jahr Eier - wobei er darauf achtet, dass es nicht zu kompliziert wird. "Ein Kind, das lange suchen muss, ist ein unzufriedenes Kind", weiß der Osterhase.

Damit hat er fast schon ein bisschen zu viel verraten. Das Eier-Wissen ist geheim, und der Verein zum Schutz des deutschen Osterhasenwesens achtet streng darauf, dass das so bleibt. Vertragsstrafen verschließen auch dem Stormarner Osterhasen den Mund, wenn es zum Beispiel um den Jahresumsatz geht. Nur so viel sei gesagt: "Wir haben flache Hierarchien. Was wir verdienen, investieren wir in die Ausbildung des Nachwuchses."

Und der ist zahlreich vorhanden. "Ich habe schon rund 300 Kinder", sagt Stormarns Osterhase und macht die Löffel steif. Ein kleiner Schuss Machismo schwingt mit, als er fortfährt: "Wie sieht es da bei Ihnen aus?" Das geht den Osterhasen gar nichts an, findet der Berichterstatter insgeheim. Er kontert: "Es gibt ja nur wenige Gesprächspartner, die nicht beleidigt sind, wenn man sie als Rammler bezeichnet. Sie gehören offenbar dazu." "Gewiss", sagt der Osterhase - und schaut liebevoll zur Kinderschar herüber, die auf der Wiese tollt.

So ist er also nicht aus der Reserve zu locken. Was hält er denn von dem Eier- und Hasenwahn, der schon Monate vor dem Fest in den Kaufhäusern ausbricht? "Furchtbar", knurrt der Hase. "Was da alles für Kitsch rumsteht. Das hat mit der Realität gar nichts zu tun." Ein Beispiel? Da könne man doch tatsächlich goldene Schokoladenosterhasen mit einem Glöckchen am Hals kaufen, sagt der Osterhase: "Völlig irre. Sind wir Kühe? Grasen wir auf der Alm?"

Auch von eierförmigen Küchenweckern rät er ab. "Kinder sollten so schöne Dinge wie Eier nicht mit so unschönen Dingen wie das morgendliche Aus-dem-Schlaf-Reißen in Verbindung bringen", sagt der Osterhase, zu dessen Grundausbildung ganz offenbar auch ein gehöriger Schuss Pädagogik gehört hat. Geradezu geschäftsschädigend sei aber der Futtermittelskandal gewesen, sagt er. "Diese Dioxin-Eier hätten uns tatsächlich beinahe ruiniert", mümmelt der Hase.

Kurzzeitig habe man in Hasenkreisen tatsächlich über Fusionen und Synergieeffekte nachdenken müssen. Könnte eine gemeinsame Lagerhaltung mit dem Nikolaus die fixen Kosten senken? Das erste Mal in der viele Hundert Jahre alten Geschichte sei es in der Osterhasengemeinde zu offener Aufruhr gekommen. Die Gründung einer Hasenbürgerinitiative drohte. Schokoladeneier und Schokoladennikoläuse unter einem Dach? Und wenn zufällig ein Hase ins falsche Fach greift und zu Ostern einen Nikolaus versteckt? Wie wird das Kind reagieren, das ihn findet? Wutanfall? Heulkrampf? "Wir haben das abgelehnt", sagt Stormarns Osterhase. "Und das ist gut so."

Und dann wendet er sich wieder seiner Arbeit zu und schnüffelt am Mantel des Journalisten. "Wenn mich meine Nase nicht täuscht, habe ich bei Ihnen noch nichts versteckt." Macht nichts, lieber Hase: Wer nichts versteckt, kann viel erzählen.