Eltern sollen für Schulbusfahrten zahlen. Stormarner Politiker verweigern Kiel die Gefolgschaft. Verwaltungschef Klaus Plöger soll sie auf Kurs bringen

Bad Oldesloe/Kiel. Erheblicher Widerstände aus den Kreisen zum Trotz beharrt das Land darauf: Eltern müssen vom 1. August dieses Jahres an dafür zahlen, dass ihre Kinder mit dem Bus zur Schule fahren. Die Kreise sollen diese Vorgabe umsetzen. Und damit deren Parlamente nun zügig Beschlüsse fassen, die im Sinne der Landesregierung sind, übt das Innenministerium Druck auf die Landräte aus. Die Ministerialdirigentin Manuela Söller-Winkler, unter anderem für kommunale Angelegenheiten zuständig, weist die Leiter der Kreisverwaltungen schriftlich auf etwas hin, das sie eigentlich wissen: Dass es zu ihren "gesetzlichen Aufgaben" gehöre, "Gesetze auszuführen beziehungsweise die Beschlüsse des Kreistages vorzubereiten".

Stormarns Landrat Klaus Plöger ist angesichts dieser Ermahnung einigermaßen ratlos: "Das Land gibt mir nicht das Handwerkszeug, mit dem ich gegenüber dem Kreistag irgendetwas durchsetzen könnte", sagt er. "Wenn mein Kreistag bockig ist, kann ich das nicht ändern."

Bockig ist er, der Stormarner Kreistag. Eine Mehrheit - nämlich alle Fraktionen mit Ausnahme der christdemokratischen - versagt dem Land die Gefolgschaft (wir berichteten). Und die Argumente der Politiker drehen sich dabei nicht einmal um die eigentliche Frage, ob eine Kostenbeteiligung der Eltern wünschenswert und sinnvoll wäre oder nicht. Sie beschäftigen sich mit der gesetzlichen Vorgabe an sich, einer Vorgabe, die selbst der ansonsten landestreue CDU-Fraktionschef Joachim Wagner als"dilettantisch" bezeichnet.

Sie ergibt sich aus dem Haushaltsbegleitgesetz 2011/2012 und einer daraus resultierenden Änderung des Schulgesetzes. Die lautet da in Paragraf 114, Absatz 2: "Die Kreise bestimmen durch Satzung, welche Kosten für die Schülerbeförderung als notwendig anerkannt werden. (...) Die Satzung hat vorzusehen, dass die Eltern (...) beteiligt werden." Auf diese Art und Weise sollen sich die Kreise Geld von den Eltern holen, das ihnen das Land streicht. Für Stormarn geht es jährlich um gut 450 000 Euro.

Das Schulgesetz lässt indes offen, wie hoch der Eigenanteil sein soll. Auch das Schreiben der Ministerialdirigentin Söller-Winkler beantwortet diese Frage nicht. Lediglich so viel geht daraus hervor: Angemessen müsse er sein, ein rein symbolischer Beitrag sei nicht zulässig. Aus Sicht der Stormarner Kreistagsmehrheit bieten sich daraus genügen Ansatzpunkte, um das Gesetz zu ignorieren. SPD-Fraktionschef Reinhard Mendel: "Wie eine verbindliche Satzung aussehen muss und was eine angemessene Elternbeteiligung ist, kann der Innenminister selbst nicht sagen." Stattdessen sei immer nur zu hören, wie die Satzung eben nicht aussehen dürfe. Und auch Landrat Klaus Plöger sagt: "Das Gesetz ist Schrott."

Nichtsdestotrotz hat die Kreisverwaltung eine Vorlage ausgearbeitet. Sie sieht einen 30-prozentigen Elternanteil für das erste Kind vor. Für Geschwisterkinder soll demnach keine Elternbeteiligung gelten, für Kinder aus sozial benachteiligten Familien grundsätzlich auch nicht. Maximal würde eine Stormarner Familie mit 12,68 Euro pro Monat belastet.

Darüber abgestimmt haben die Politiker bislang nicht, das Thema stattdessen vertagt. Geht es nach Ministerialdirigentin Söller-Winkler, müsste der Landrat jetzt einschreiten. Sie schreibt: Sofern der Kreistag keinen oder einen nicht dem Vorschlag der Verwaltung entsprechenden Beschluss fasse, müsse der Landrat widersprechen. Klaus Plöger sagt unterdessen, er wisse noch nicht, wie er etwas widersprechen könne, dass es gar nicht gebe. Thomas Giebeler, Sprecher des Innenministeriums in Kiel, meint dazu: "Wenn der Kreistag beschließt, etwas nicht zu beschließen, dann ist das auch ein Beschluss."

Ist kein Beschluss also in Wirklichkeit auch ein Beschluss? Oder müssen die Politiker erst beschließen, nichts zu beschließen? Landrat Plöger hofft noch, sich mit derart absurden Fragestellungen nicht befassen zu müssen. Am Mittwoch, 20. April, kommt eine interfraktionelle Arbeitsgruppe zusammen - auf der Suche nach einer Lösung.