Eine Glosse von Antje Cords

Neulich hörte ich eine CD mit alten Schlagern der Comedian Harmonists. Als ich die Männer pfeifen hörte, überlegte ich, wann ich das letzte Mal jemanden pfeifen gehört hatte. Schiedsrichter einmal ausgenommen. Ich versuchte es gleich selbst, ein Lied zu pfeifen. Aber es ging nicht mehr. Ich habe es zu lange nicht mehr geübt.

Früher hörte man öfter Menschen pfeifen. Meist waren es Männer. Frauen taten es nicht, wenigstens nicht in der Öffentlichkeit. Es gehörte sich nicht. Frauen durften anscheinend nur singen.

Mein Vater pfiff früher häufig. Man hörte es schon von weitem, wenn er heimkam. Auch meine Schwester konnte es als Kind recht gut. Und ich ahmte natürlich die beiden nach. Inzwischen ist es wahrscheinlich schon Jahrzehnte her, dass jemand in meiner Umgebung fröhlich gepfiffen hat.

Ich sprach mit meinen Kindern darüber. Mein Sohn meinte, pfeifen sei eben unmodern. Natürlich könnte es jeder, es wäre doch viel einfacher als singen. Da bin ich aber anderer Meinung. Und wenn es doch so leicht ist, warum tut es dann niemand? Auch mein Sohn hat es mir nicht vorführen können.

Normalerweise konsumieren meine Kinder, genauso wie mein Mann, Musik nur, statt selbst welche zu machen. Ich habe auf jeden Fall schon seit Ewigkeiten niemanden mehr pfeifen gehört. Dabei ist es doch eigentlich ein Zeichen von Freiheit und Fröhlichkeit. Schade, dass es heute niemand mehr tut.