Gewerkschaft beklagt Personalabbau in Stormarn. Schulen können Stellen nicht besetzen. Land verteidigt Sparkurs

Ahrensburg. Im Kreis Stormarn fehlen nach Einschätzung der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) 100 bis 200 Lehrerstellen, um eine vernünftige Arbeit in den Schulen garantieren zu können. "Es muss mehr Geld in Bildung investiert werden", sagt Bernd Schauer, Geschäftsführer der GEW Schleswig-Holstein. Doch die Realität sieht anders aus. Die Landesregierung will im kommenden Schuljahr landesweit 300 Stellen streichen und im Jahr darauf noch einmal so viele.

"Auch die Schulen müssen ihren Beitrag dazu leisten, den Haushalt zu konsolidieren", sagt Patricia Zimnik, Sprecherin des Bildungsministeriums in Kiel. Landesweit gebe es rund 23 000 Lehrerstellen. Mit der Kürzung könnten jährlich 15 Millionen Euro gespart werden. "Das ist richtig viel Geld", so Zimnik.

Kirsten Blohm-Leu, Schulrätin im Kreis Stormarn, hält den Personalabbau für umsetzbar. Sie ist davon überzeugt, dass "die Zahl der Stellen richtig bemessen ist, um den Bedarf zu decken". Das sieht die GEW vollkommen anders. "Das Land sollte auf die Stellenstreichungen verzichten", sagt Bernd Schauer. Nach Berechnungen der Gewerkschaft fehlen landesweit derzeit etwa 1500 Lehrerstellen. Schauer: "Aus unserer Sicht leidet darunter die Qualität des Unterrichts." Das sei auch der hohen Arbeitsbelastung jedes einzelnen Lehrers geschuldet. "Im vergangenen Jahr gab es zusätzlich noch eine Arbeitszeitverlängerung", so Schauer. Gymnasiallehrer müssen eine Pflichtstunde mehr pro Woche unterrichten. Dadurch habe das Land bereits 300 Stellen sparen können.

Edgar Schwenke, Leiter des Gymnasiums Trittau, findet die "hohe Stundenverpflichtung nicht sinnvoll". Seiner Ansicht nach wäre es besser, wenn die Pädagogen mehr Freiraum hätten, beispielsweise für Projekttage. Er würde es zudem begrüßen, wenn Lerngruppen von 30 Kindern geteilt werden könnten.

Dass die Belastung seiner Kollegen deutlich zugenommen hat, bestätigt auch Klaus Müller, Leiter des Emil-von-Behring-Gymnasiums (EvB): "Die Kollegen sagen, sie können nicht mehr." Es sei ein großes Problem, dass viele völlig ausgelaugt seien. "Wir brauchen mehr Stellen und vor allem Leute, um die vorhandenen Posten besetzen zu können." Momentan könne Erdkunde an dem Großhansdorfer Gymnasium nicht in allen Klassen in vollem Unfang unterrichtet werden. Im Vorjahr konnten sogar zehn Prozent der vorgegebenen Stunden nicht besetzt werden. Dabei würden seine Kollegen bereits zusätzliche Stunden geben.

Am meisten ärgert Müller, dass die Politik immer noch den Eindruck erwecke, dass die Schulen mit den vorhandenen Ressourcen das leisten könnten, was von ihnen verlangt werde. Es müsse endlich zugegeben werden, dass die Schulen nicht voll versorgt werden können.

Er fordert mehr Flexibilität. Jede Schule sollte individuell entscheiden, wie sie mit den verfügbaren Fachkräften den Unterricht verteilt. Dies sei insbesondere angesichts des Mangels in bestimmten Fächern sinnvoll. So könnte beispielsweise bei fehlenden Latein-Lehrern die Zahl der Wochenstunden in dem Fach flexibel angepasst werden. Müllers Prognose: "Ich gehe davon aus, dass sich die Situation weiter verschärfen wird." Vor allem in den Naturwissenschaften fehle der Nachwuchs. Zum anderen seien für die G-8-Jahrgänge, die jetzt die achte Klassenstufe erreichen, zusätzliche Stunden im Umfang einer ganzen Planstelle vorgeschrieben.

Den von einigen Seiten vorgeschlagenen Praxiseinsatz von halb ausgebildeten Lehrern hält GEW-Mann Bernd Schauer für wenig sinnvoll: "Lehrer mit erstem Staatsexamen und ohne Praxiserfahrung werden zum Teil in vollem Umfang eingesetzt und sind völlig auf sich allein gestellt. Die Leute werden regelrecht verheizt."

Das Land geht davon aus, dass sich das Problem praktisch von selbst lösen wird. "In den nächsten Jahren werden die Schülerzahlen dramatisch heruntergehen", sagt Ministeriumssprecherin Zimnik, "wir dürfen jetzt nicht Lehrer einstellen, die wir in fünf Jahren nicht mehr brauchen." Bis 2020, so die Prognose, werde die Zahl der Schüler landesweit von derzeit rund 304 000 auf etwa 259 000 sinken. Dieser Trend gelte auch für den Kreis Stormarn.

Das schätzt EvB-Leiter Klaus Müller aus langjähriger Erfahrung anders ein. "Die Anmeldezahlen für die fünften Klassen sind seit Jahren konstant." Auch für die kommenden Jahre erwarte er keine rückläufigen Zahlen. "Der Hamburger Speckgürtel wird wesentlich länger brauchen, bis sich ein Schülerrückgang zeigen wird", so Müllers Einschätzung. Man könne für Stormarn somit nicht sagen, dass der Abbau von Lehrerstellen mit zurückgehenden Schülerzahlen zu rechtfertigen sei.