Stormarns FDP verliert mehr als zehn Prozent ihrer Mitglieder - ein Thema am Rande des Kreisparteitages.

Reinbek. Muss er gehen oder soll er bleiben? Die Personaldebatte um den FDP-Chef Guido Westerwelle hat am Sonnabend die Liberalen in Stormarn beschäftigt - wenn auch nicht offiziell, sondern nur am Rande ihres Kreisparteitages in Reinbek-Ohe. Während sich die FDP-Mitglieder im Gasthof voll und ganz auf ihre Wahlen konzentrierten, bestimmte in den Pausen vor der Tür ein Thema die Gespräche: Ist Westerwelle als Parteichef noch haltbar?

Schlechte Stimmung sei auch auf Kreisebene zu spüren

Klare Worte fand Thomas Bellizzi, Fraktionsvorsitzender der Ahrensburger FDP sowie neuer und alter stellvertretender Kreisvorsitzender, gegenüber dieser Zeitung. Er forderte nicht nur den Rücktritt Westerwelles als Bundesvorsitzender, sondern auch seinen Abschied vom Außenministeramt. Nicht nur zuletzt in der Libyen-Frage habe er eine falsche Entscheidung getroffen. "Er hat damit Deutschland in ein Licht gestellt, in dem es nicht stehen sollte und will." Auch insgesamt gebe die Partei nach außen hin kein einheitliches Bild mehr ab. Sie sei strategielos, kurslos, orientierungslos. Die Folge: das schlechte Abschneiden bei den jüngsten Landtagswahlen und schlechte Werte auf Bundesebene. Und das sei auch bis auf die Kreisebenen zu spüren. Vieles drehe sich nur noch um die politische Arbeit in Berlin. Nur ein Schlussstrich sei jetzt konsequent, so Bellizzi.

Die Unzufriedenheit über die Bundespartei macht sich vor allem mit Blick auf die Mitgliederzahlen der Stormarn-FDP bemerkbar. So verlor sie in ihren 13 Ortsverbänden im Kreis allein im vergangenen Jahr 11,7 Prozent ihrer Mitglieder. Waren es im März 2010 noch 214, führt der aktuelle Geschäftsbericht nur noch 189 Liberale auf. "Einige langjährige Mitglieder waren mit der Bundespolitik nicht mehr zufrieden", gesteht Anita Klahn ein, die am Sonnabend mit großer Mehrheit erneut zur Kreisvorsitzenden gewählt wurde. Zwar gebe es noch weitere Gründe für die Austrittswelle - auch der Eklat um Ortwin Mielke in Barsbüttel habe der FDP in Stormarn sehr geschadet. Immer wieder aber sei in Gesprächen als Grund die Kritik an Westerwelle deutlich geworden. Klahn selbst hielt sich mit Kritik an dem FDP-Chef zurück. Es habe zwar viele Fehlentscheidungen gegeben, dennoch dürfe nicht vergessen werden, dass Westerwelle der Partei auch zum Wahlsieg verholfen habe.

Ahrensburger Bellizzi wünscht sich Philipp Rösler als Bundesvorsitzenden

"Man kann ihn nicht erst bejubeln und dann fallen lassen", so Klahn. Nun müsse der Bundesparteitag im Mai in Rostock abgewartet werden. Ähnlich sieht es Hergen Tantzen aus Hoisdorf: "Westerwelle jetzt zu demontieren, kann nicht allein die Rettung sein." Sicher aber sei, dass aufgrund der Wahlergebnisse nun Veränderungen her müssten. Das solle aber sauber auf dem Bundesparteitag entschieden werden. Karl-Reinhold Wurch aus Bad Oldesloe, Vorsitzender der Kreistagsfraktion: "Dort müssen sich die Delegierten Gedanken machen, wie die FDP aus dem Tal rauskommt. Die Frage ist: Wer soll es machen, wenn nicht Westerwelle?"

Für Thomas Bellizzi kann das nur Philipp Rösler sein. Der Gesundheitsminister gehöre zur jüngeren Generation, bringe aber viel Erfahrung mit. "Und er ist ein hervorragender Rhetoriker, der die Leute begeistern kann. Er hat eine andere Umgangsform, ist nicht überheblich."

Einig sind sich viele Stormarner Liberale darin, dass eine neue Leitlinie her müsse. "Wir werden nur noch als Steuersenkungspartei wahrgenommen. Das ist uns zum Verhängnis geworden. Themen mit Langzeitwirkung fehlen", beklagte Carl-Jürgen Karstens, seit 50 Jahren im FDP-Kreisverband.