Meine Firma: Zwei Geschwister leiten die Barsbütteler Spedition Pohlmann. Der vor 80 Jahren gegründete Familienbetrieb ist europaweit im Einsatz

Barsbüttel. Auf den Chefsesseln von Barsbüttels ältestem Unternehmen sitzen zwei junge Leute. Die Geschwister Rebecca (31) und Karl-Heinz Pohlmann (39) haben die Firma Hans Pohlmann Ferntransporte, die jetzt ihr 80-jähriges Bestehen feiert, modernisiert und auch sicher durch die Finanzkrise geführt. "Wir mussten nicht einen Mitarbeiter entlassen", sagt Karl-Heinz Pohlmann. Die Kunden hätten der Firma auch in schwierigen Zeiten die Treue gehalten - für die Geschäftsführer auch ein Verdienst der Mitarbeiter. "Die leben hier Hans Pohlmann", sagt die Chefin.

"Haltet den Namen sauber, sagt den Kunden, wie es ist, keine Ausreden", habe ihr Vater immer gesagt. Persönlicher Einsatz, Flexibilität, Pfiffigkeit und die strategisch günstige Lage im Ortsteil Willinghusen an der A 1 seien die Grundlagen des Erfolgs. "Wir haben jeden Tag Spaß an der Arbeit", sagt Rebecca Pohlmann. Fluktuation beim Personal gebe es quasi nicht.

Gerade habe die Spedition für den benachbarten Möbelgroßhändler Ploß sechs Lkw-Ladungen Deckchairs und Beistelltische auf das Kreuzfahrtschiff "AIDAsol" geliefert. Pohlmann transportiert aber auch Maschinen, Süßigkeiten oder Kunststoffgranulat ins gesamte Bundesgebiet und ist inzwischen europaweit tätig. Den Englandverkehr hat Vertriebsprofi Ingo Kröger im vergangenen Jahr aufgebaut. Der 64 Jahre alte Reinbeker unterstützt die Geschwister seit einem guten Jahr beim Neukundengeschäft.

"Man wird ja nach fast 20 Jahren im Unternehmen doch etwas betriebsblind", sagt Karl-Heinz Pohlmann, den alle nur Kalli nennen. Er hat das Geschäft von der Pike auf gelernt. Er machte eine Lehre als Karosseriebauer, ehe er 1994 in der väterlichen Firma anfing. Nur der älteste Bruder Hans-Joachim ist nicht in den Familienbetrieb eingestiegen. Mit Autos hat er trotzdem zu tun: Er arbeitet bei Mercedes Benz.

"Für mich war Lasterfahren immer schön", sagt Karl-Heinz Pohlmann. Er war schon als Kind mit dem Vater unterwegs. "Schule brauchst du nicht", haben ihm die Lkw-Fahrer damals erzählt. Doch die Anforderungen haben sich erhöht. Alle Fahrer unterliegen seit 2009 einer Weiterbildungspflicht. Sie müssen alle fünf Jahre jeweils 35 Stunden Fortbildung nachweisen.

Nico Förster, mit 30 der jüngste Fahrer der Firma, hat als erster eine Ausbildung zum Berufskraftfahrer absolviert. Karl-Heinz Pohlmann fährt auch heute noch manchmal mit auf Tour, um zu sehen, ob alles funktioniert und wie seine "Jungs" bei den Kunden behandelt werden. Bei ihm gibt es auch keinen "Tinnef" wie Anhänger, Wimpel oder Schilder im Führerhaus - unter anderem aus Sicherheitsaspekten.

Das Fachgebiet sind Ferntransporte, die bis zu eine Woche dauern. In der Regel sind die Fahrer zwei Tage unterwegs. Durch die GPS-Überwachung können die Routen online verfolgt werden. "Das erleichtert die Arbeit enorm und gibt uns die Möglichkeit, den Kunden schnell und zuverlässig Auskunft über den Transportverlauf geben zu können", sagt Rebecca Pohlmann.

Fahrer Axel Harm, seit vier Jahren im Unternehmen, hat im vergangenen Winter erfahren, wie hilfreich das GPS-System sein kann. Als er an einem Freitagabend wegen eines Schneesturms nicht mehr weiterkam, war die Chefin sofort informiert. Sie rief Harm an und sagte, dass er sich einen Leihwagen nehmen und nach Hause kommen solle. Auch wegen solcher Gesten arbeitet der 50-Jährige gern in dem Betrieb. "Der Kraftfahrer ist in dieser Firma das höchste Gut", sagt er.

Seinem Kollegen Nico Förster gefällt es auch aus anderen Gründen gut. "Das Fahren ist genau das richtige für mich, ich könnte mir gar nichts anderes vorstellen", sagt der junge Schwarzenbeker, der schon in England, Frankreich, Italien und Österreich war.

Auch Rebecca Pohlmann kann einen Laster fahren, den "kleinen" Stadt-Lkw mit 7,5 Tonnen. "Es ist wichtig, dass man selbst Praxis hat", sagt die 31-Jährige, die Speditionskauffrau und Verkehrsfachwirtin gelernt hat und für Finanzen, Marketing und Personal zuständig ist. Als sie 2001 in der Firma anfing, war die Zentrale noch im Keller des Elternhauses in Barsbüttel. Das jetzige Büro an der Stemwarder Landstraße wurde im Vorjahr bezogen.

Dort wird Rebecca Pohlmann von Dagmar Malcherek unterstützt. Die Barsbüttelerin ist die "Perle" der Firma und schon seit 15 Jahren dabei - "weil es so familiär und menschlich zugeht". Als sie aus der Computerbranche zu Ursel Pohlmann ins Büro gekommen sei, habe die Seniorchefin noch gesagt, dass alle Rechnungen mit dem roten Kugelschreiber abgehakt werden. Mit der Tochter seien die Computer ins Büro eingezogen. Die beiden Frauen teilen die Leidenschaft für Hunde. Dagmar Malchereks Golden Retriever Vito und die zwei Hunde von Rebecca Pohlmann, Paul und Buster, dürfen mit ins Büro.

Im April 1931 - in Zeiten von Weltwirtschaftskrise und hoher Arbeitslosigkeit - startete Großvater Hans Pohlmann mit einem hartgummibereiften Lkw und Transporten aus dem Barsbütteler Kalksandsteinwerk in die Selbstständigkeit. Bald wurde ein Bremser für Anhänger-Transporte eingestellt und ein weiterer Laster angeschafft. 1935 kam der erste Fernzug hinzu. Die Fahrten gingen durch ganz Deutschland und dauerten vielfach eine Woche.

Nach dem Zweiten Weltkrieg musste Hans Pohlmann von vorne anfangen und ließ sich anfangs in Naturalien entlohnen. In den 60er-Jahren kaufte er Kühlzüge, um auch verderbliche Waren transportieren zu können. 1974 übergab der Firmengründer an seinen Sohn Joachim. Der kaufte 1997 mit seiner Frau Ursel das Grundstück an der Stemwarder Landstraße samt Lagerhalle.

2004 entstand eine zweite, 1400 Quadratmeter große Halle mit Platz für die Fahrzeuge. "Das war immer der Traum meines Vaters: eine Garage für seine Lkw", sagt heute der Sohn. Als der Senior 2006 mit 71 Jahren überraschend starb, mussten die Geschwister Rebecca und Karl-Heinz über Nacht die Führung übernehmen. Den 80. Firmengeburtstag feiern sie jetzt mit 240 Gästen, die keine Geschenke mitbringen, sondern für krebskranke Kinder spenden sollen. Ein großes Ziel haben die Pohlmanns: Die 100 Jahre wollen sie auf jeden Fall zusammen voll machen.