Land verlängert Abschusserlaubnis. Naturschützer protestieren. Teichpächter klagen über hohe Verluste

Hoisdorf. Kormorane dürfen in Schleswig-Holstein auch weiterhin abgeschossen werden. Voraussetzung ist, dass sie sich in der Nähe von Gewässern aufhalten, die fischereiwirtschaftlich genutzt werden. Die Landesregierung hat beschlossen, die zum 31. März dieses Jahres auslaufende Kormoranverordnung um weitere fünf Jahre zu verlängern.

Eine Entscheidung, die beim Naturschutzbund (Nabu) für Unmut sorgt. Die Naturschützer fordern, dass die Kormoranverordnung aufgehoben wird. Nabu-Landesgeschäftsführer Ingo Ludwichowski sagt: "Kormorane gehören zu Binnengewässern dazu. Das ist ihr natürlicher Lebensraum."

Die Schüsse würden zudem andere Tiere vertreiben. "Enten können nicht unterscheiden, ob sie selbst gejagt werden oder der Kormoran", sagt der Naturschützer. "Sie merken nur, dass rumgeballert wird und sie dort nicht bleiben können."

Laut Aussage des Landwirtschaftsministeriums in Kiel ist das Ziel der Verordnung, die fischereilich besonders sensiblen binnenländischen Gewässer zu entlasten und die Kormorane in weniger sensible Bereiche abzudrängen. Denn viele Teichwirte haben seit Jahren unter dem Vogel zu leiden, weil er ihre Fischbestände plündert. Auch der Hoisdorfer Teichwirt Kurt Raukuttis ist nicht gut auf den Kormoran zu sprechen. "Ich habe durch die Tiere jedes Jahr 20 000 Euro Verlust", sagt er, "das ist totaler Wahnsinn." Insbesondere die fünf bis sechs Zentimeter kleinen Jungkarpfen in den Aufzuchtteichen würden den gefräßigen Vögeln in Scharen zum Opfer fallen.

Bis zu 120 000 Jungkarpfen verliere er jeden Sommer an die Kormorane. Denn von Fischen dieser Größenordnung könnten die Vögel täglich 100 bis 130 Stück verspeisen. "Anschließend sind sie so voll, dass sie kaum noch fliegen können", sagt der Fischzüchter.

Aber auch vor größeren Karpfen würden die Vögel nicht Halt machen. Raukuttis: "Sie holen sogar 400 bis 500 Gramm schwere Fische aus dem Teich heraus - oder verletzen sie." Zehn bis 20 Kormorane leben in der Nähe der Hoisdorfer Teiche. Kurt Raukuttis kann trotz der Kormoranverordnung des Landes nichts unternehmen, um seine Karpfen vor ihnen zu schützen. Denn die Hoisdorfer Teiche sind ein Naturschutzgebiet - und dort ist es verboten, Kormorane zu jagen.

Auch für die anderen Gebiete in Schleswig-Holstein gelten strenge Vorschriften. Während Jungvögel ganzjährig zur Tageszeit zum Abschuss freigegeben sind, dürfen erwachsene Tiere zum Beispiel nur außerhalb der Brutzeit - vom 1. August bis 31. März - abgeschossen werden.

Zudem dürfen die Vögel nur von Menschen erlegt werden, die einen Jagdschein besitzen und in dem jeweiligen Bereich jagdausübungsberechtigt sind. Bis zum 15. April müssen die Jäger der unteren Naturschutzbehörde melden, wie viele Tiere sie im Vorjahr abgeschossen haben. Dabei müssen auch das Datum sowie der Ort und das Gewässer angegeben werden.

Diese sogenannten Vergrämungsaktionen hätten in der Vergangenheit keinen negativen Einfluss auf den schleswig-holsteinischen Gesamtbrutbestand und damit auf den Erhaltungszustand des Kormorans genommen, sagt Christian Seyfert, Sprecher des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume. Lediglich der Anteil der im Binnenland brütenden Vögel habe, wie beabsichtigt, abgenommen.

Es sei zu einer Verlagerung an küstennahe Standorte gekommen. In den Jahren, bevor die Verordnung erlassen worden war, brüteten laut Statistik des Ministeriums in Schleswig-Holstein durchschnittlich 2661 Kormoranpaare pro Jahr - 1661 von ihnen in Küstennähe und 1000 im Binnenland. Von 2006 bis 2010 waren es durchschnittlich 2549 Paare. Nur noch 572 von ihnen brüteten im Binnenland, die große Mehrheit zog es an die Küste.

Die Zahl der Abschüsse habe sich seit Inkrafttreten der Verordnung kaum erhöht. Denn auch vorher war es möglich, Kormorane abzuschießen. Allerdings musste jeder Abschuss beantragt und genehmigt werden.

Laut Statistik des Ministeriums wurden dennoch bereits vor 2006 jährlich mehr als 800 Kormorane getötet. Seitdem die Kormoranverordnung gilt, wurden jedes Jahr etwa 1000 Vögel abgeschossen.

Nabu-Landesgeschäftsführer Ingo Ludwichowski fordert, dass die Tiere künftig gar nicht mehr getötet werden. Er sagt: "Es gibt andere Möglichkeiten, um die Kormorane von den Teichen wegzubekommen." So könnten zum Beispiel Netze und Drähte über die Gewässer gespannt werden.

Seiner Auffassung nach sind die Kormorane nicht dafür verantwortlich, dass die Erträge der Teichwirte zurückgehen. Ludwichowski: "Die Zahl der Kormorane im Binnenland ist in den vergangenen Jahren gesunken. Dennoch sind die Fischbestände nicht größer geworden."