200 Stormarner bei Mahnwachen in Ahrensburg und Bargteheide

Bad Oldesloe. Ist der Kreis Stormarn, dessen Grenze nur 13 Kilometer vom Atomkraftwerk Krümmel entfernt ist, für einen atomaren Unfall gerüstet? Daran haben nicht nur Hunderte Bürger, die sich spontan zu Mahnwachen in Ahrensburg und Bargteheide trafen, ihre Zweifel, sondern auch Verwaltungschefs. "Im Ernstfall kann man eigentlich nichts machen", sagt Landrat Klaus Plöger. Und Oststeinbeks Bürgermeister Karl-Heinz Menzel fordert, alte Kraftwerke wie Krümmel vom Netz zu nehmen und neuere technisch sicherer zu machen.

Ähnlich denkt auch Landrat Plöger. Im Ernstfall könne man Stormarn zwar evakuieren. "Aber es glaubt ja wohl keiner ernsthaft, dass das funktionieren wird." Für Plöger ist es wichtig, dass Alternativen wie erneuerbare Energien jetzt zügig umgesetzt werden. In Richtung der Atomlobby sagt er: "Der, der sauber nachweisen könnte, dass alle Aspekte der Sicherheit und der Endlagerung geklärt sind, der könnte so ein Ding betreiben. Aber da ist überhaupt nichts eindeutig geklärt."

Oststeinbeks Bürgermeister äußert Kritik am Katastrophenschutzplan

Bürgermeister Karl-Heinz Mentzel kritisiert den Katastrophenschutzplan des Kreises. Das Verteilen von Jodtabletten hält er für "sinnlosen Aktionismus". Es werde ein unendlicher Verwaltungsaufwand betrieben, um dem Bürger vorzugaukeln, die Regierung kümmere sich. So werde das Risiko nur kleingeredet. 156 Tonnen uranhaltige Brennelemente befinden sich im Kernkraftwerk Krümmel an der Elbe. Seit einer Störung vor zwei Jahren steht es still, doch Vattenfall will es bald wieder in Betrieb nehmen. Für den Fall, dass es dort zu einem größeren Unfall kommt, gibt es in der Stormarner Kreisverwaltung einen Sonderkatastrophenschutzplan.

Die Feuerwehrzentrale in Nütschau hat Jodtabletten eingelagert

Birte Riebel, Sachbearbeiterin für Katastrophenschutz, erläutert die wichtigsten Punkte. Zuerst rückt der Löschzug Gefahrgut aus, der auf atomare, biologische und chemische Kampfmittel spezialisiert ist. Die Experten messen die Radioaktivität. Die Daten werden nach Kiel zur Atomaufsichtsbehörde geschickt. Bei akuter Gefahr warnen Sirenen die Bevölkerung. Hinzu kommen Informationen über Rundfunk, Fernsehen, Internet und Lautsprecherdurchsagen der Polizei.

In schnellstens aufgebauten Notfallstationen werden Bürger auf radioaktive Kontamination überprüft und gegebenenfalls mit Wasser und Seife gesäubert. Außerdem sollen Jodtabletten verteilt werden, die strahlenschützend wirken. "Im Umkreis von zehn Kilometern um ein Kernkraftwerk haben die Bürger Jodtabletten zu Hause", sagt Birte Riebel. Die Vorräte für die Stormaner liegen in der Kreisfeuerwehrzentrale in Nütschau.

Am Montag organisierten die Grünen über das Internet Mahnwachen in Bargteheide und Ahrensburg. 200 Menschen versammelten sich. "Die Vorfälle in Japan haben mehr als deutlich gemacht, dass Atomkraft ein unglaubliches Risiko darstellt", sagt die Ahrensburgerin Ulrike Hulin, die mit ihrer Familie demonstrierte. "Es zeigt sich, dass Kernenergie letztlich nicht beherrschbar ist", sagt Rainer Pingel. Seine Frau Ilka fügt hinzu: "Ich bin ganz klar dafür, dass die Altreaktoren abgeschafft werden. Die Frage ist doch: Sind die Sicherheitsstandards in unseren Anlagen ausreichend, wenn wirklich etwas Furchtbares passiert?" Auch am kommenden Montag soll es wieder Mahnwachen geben. Für Sonnabend, 9. April, ist außerdem eine Menschenkette in Bargteheide geplant.