Ein Betrunkener missbraucht 18 Jahre alte Angestellte in Reinfeld und verschanzt sich. Die Polizei kann den Mann überwältigen.

Reinfeld. Als das Glas der Tür zerspringt, sprintet sie los. Vorbei an Regalen mit Krimis, Thrillern, Komödien und Videospielen. Raus aus der kleinen Reinfelder Videothek. Fort von dem Mann, der die junge Angestellte nach bisherigen Erkenntnissen der Polizei eine halbe Stunde zuvor mit einem Messer bedroht, in ein Hinterzimmer verschleppt und vergewaltigt haben soll. Jetzt flüchtet die 18-Jährige durch die eingeschlagene Glastür auf die Straße, wo sich Polizisten und Rettungskräfte um sie kümmern. Der mutmaßliche Täter verschanzt sich und wird erst Stunden später von Spezialeinsatzkräften überwältigt.

Dienstag Abend, gegen 21 Uhr - eine Stunde, bevor die Videothek schließt. Die Angestellte ist zu diesem Zeitpunkt allein in dem Laden an der Paul-von-Schoenaich-Straße, als der Tatverdächtige durch die Tür in den Verkaufsraum gerannt kommt. Angaben der Staatsanwaltschaft Lübeck zufolge ist er stark angetrunken. Der 30 Jahre alte Reinfelder hat ein Messer in der Hand. "Er ist richtig auf sie zugestürmt und hat sie in einen der hinteren Räume gezwungen", sagt Polizeisprecherin Sonja Kurz. Die Eingangtür habe der Mann von innen abgeschlossen. Wie er so schnell an den Schlüssel gekommen sei, müsse noch geklärt werden, so Kurz. Im Hinterzimmer habe er sich dann an seinem Opfer vergangen.

Gegen 21.15 Uhr klopft ein Kunde gegen die Eingangstür. Der 16-Jährige wundert sich, warum die Videothek - obwohl hell erleuchtet - geschlossen ist und niemand auf sein Klingeln und Klopfen reagiert. "Das kam ihm merkwürdig vor", so Kurz. Für einen Moment erscheint der mutmaßliche Täter an einer Tür im hinteren Bereich des Ladens. Der Zeuge sieht das Messer indessen Hand. Sofort tippt er 110 in sein Handy, alarmiert die Polizei. Kurz: "Das war das beste, was er machen konnte. Er hat die Lage richtig eingeschätzt."

Als die Polizei wenige Minuten später eintrifft, weiß noch niemand, was in der Videothek passiert ist. "Es war auch nicht klar, wie viele Menschen da drin waren", sagt die Polizeisprecherin. Wie viele Beamte im Einsatz waren, wollte sie nicht sagen. Nachbarn beobachteten etwa 15 bis 20 Einsatz- und Rettungskräfte. Auch die Feuerwehr trifft mit sechs Mann ein.

Es ist 21.26 Uhr. "Kurz nachdem wir angekommen sind, haben wir mit Spezialgeräten die Glastür eingeschlagen", sagt Torben Struck, Wehrführer der Reinfelder Feuerwehr. "Da hat das Opfer die Chance genutzt, ist in den Verkaufsraum geflüchtet und durch die eingeschlagene Scheibe ins Freie geklettert", sagt Sonja Kurz. Rettungskräfte hätten die Frau versorgt, anschließend sei sie in ein Krankenhaus gebracht worden. Zu den Verletzungen des Opfers könne sie noch keine Auskunft geben, so die Sprecherin.

Der 30-Jährige verbarrikadiert sich im hinteren Bereich des Geschäfts. Die Beamten des Spezialeinsatzkommandos müssen nach Angaben der Polizeisprecherin mit Gewalt vorgehen, um zu dem mutmaßlichen Täter durchzudringen. Die Tür, hinter der er sich verschanzt hat, wird aufgebrochen. Ein Polizeihund kommt zum Einsatz. Zum genauen Hergang in diesen Stunden will die Polizei aus ermittlungstaktischen Gründen keine Auskunft geben. Die schwarz gekleideten Polizisten hätten sehr bedacht gewirkt, so ein Augenzeuge aus der Nachbarschaft. Es sei ruhig zugegangen. Schließlich überwältigen die Einsatzkräfte vom SEK den Mann, zwingen ihn zu Boden und nehmen ihn vorläufig fest. Es ist 23.22 Uhr.

Am Mittwoch wurde der mutmaßliche Täter, der Bisswunden an Wade und Oberschenkel davon getragen hat, in einem Krankenhaus in Bad Oldesloe behandelt und dort von Polizisten bewacht. Anschließend ist der Mann in eine Klinik für seelisch kranke Menschen nach Neustadt gebracht worden. "Es besteht der Verdacht, dass der Mann psychisch gestört ist", sagt Oberstaatsanwalt Günter Möller. Dort wird entschieden, ob er in eine geschlossene Anstalt kommt oder per Haftbefehl ins Gefängnis. Der Reinfelder ist bereits polizeilich bekannt gewesen, allerdings nicht wegen einer Sexualstraftat, sondern wegen Trunkenheit am Steuer.