Stadt gab mehr Geld für Schülerbeförderung aus als nötig und will es vom Kreis zurück

Reinbek. Die Stadt Reinbek hat jahrzehntelang zu viel Geld für die Schülerbeförderung ausgegeben. Profiteur war der Kreis Stormarn. Der muss nun tief in die Tasche greifen: Reinbek fordert rund 140 000 Euro zurück. Tatsächlich ist der Anspruch gegenüber Stormarn noch viel größer. Aber wegen der Verjährungsfrist kann die Stadt nur das zu viel bezahlte Geld aus den vergangenen vier Jahren in Rechnung stellen.

Ein kurioser Zufall hat zur Aufdeckung des Irrtums geführt. Dieser Zufall führt nun auch dazu, dass viele Neuschönningstedter Eltern nachträglich Geld vom Staat bekommen werden. Zugleich hat das Anfang Februar geänderte Schulgesetz zur Folge, dass für den Rest des Schuljahres eine Übergangsregelung gefunden werden muss. Doch damit hat der Bürokratie-Irrsinn noch kein Ende. Nach den Sommerferien gibt es erneut eine Änderung: Die Eltern müssen dann einen Teil der Kosten selbst tragen. Mit anderen Worten: Die Reinbeker Verwaltung muss dreimal innerhalb eines halben Jahres Bescheide in Sachen Schülerbeförderung ausstellen. "Das ist ein absolutes Unding", sagt Volker Müller, der Vorsitzende der SPD-Fraktion. Und sein CDU-Kollege Wilfried Potzahr hält das aufwendige Verfahren für "absurd".

Die komplizierte Geschichte beginnt im Jahr 1986. Damals beschlossen die Stadtverordneten, den Kindern aus dem Ortsteil Neuschönningstedt eine HVV-Jahreskarte für den Großraum Hamburg zu schenken. So sollten sie dazu bewegt werden, das Gymnasium im Reinbeker Zentrum zu besuchen. Und eben nicht das Gymnasium in Glinde, das deutlich näher liegt. Die Schüler bekamen die Karte von der fünften bis zur zehnten Klasse.

Warum damals niemand auf die Idee kam, dass der Kreis zwei Drittel der Kosten tragen muss, lässt sich nicht mehr nachvollziehen. Jedenfalls galt die kostenlose HVV-Karte als freiwillige Leistung der Stadt, über die immer mal wieder debattiert wurde, wenn es in Reinbek ans Sparen ging. Im vergangenen Jahr war es dann so weit. Die Karte wurde zu Beginn des Schuljahrs 2010/11 gestrichen. Knapp 200 Kinder waren betroffen, der Stadt brachte das 78 000 Euro ein. Für die Kinder im Ortsteil Ohe lief die Karte allerdings weiter. Dort zahlt die Stadt ein Drittel der Kosten, der Kreis den großen Rest. Einige Neuschönningstedter Eltern empfanden das als Ungleichbehandlung und beschwerten sich bei der Verwaltung.

Die nahm daraufhin gemeinsam mit der Kreisverwaltung die Regelung noch einmal genau unter die Lupe. Ergebnis: Auch Neuschönningstedter Kinder haben und hatten immer einen Anspruch auf die Karte. Wie in Ohe muss dabei die Stadt ein Drittel der Kosten tragen, der Kreis zwei Drittel.

Diese zwei Drittel fordert Reinbek nun von Stormarn zurück. "Dass das nur für die zurückliegenden vier Jahre möglich ist, ist ärgerlich", findet Volker Müller. Die Neuschönningstedter Eltern bekommen rückwirkend ab August 2010 das ihnen zustehende Geld ausgezahlt.

Mit dem neuen Schulgesetz, das seit Anfang Februar gilt, hat sich der Kreis der Anspruchsberechtigten noch erhöht. Bislang bekamen nämlich Gemeinschaftsschüler und deren Vorläufer, die Gesamtschüler, keine HVV-Karten - offenbar aufgrund einer Gesetzeslücke. Die ist nun geschlossen, alle werden gleich behandelt. Auch Gemeinschaftsschüler können für den Zeitraum von Anfang Februar bis zu den Sommerferien in den Genuss des kostenlosen Busfahrens kommen.

Nach den Sommerferien ist diese schöne Zeit vorbei - für alle. Der Landtag hat beschlossen, dass die Eltern für die Schülerbeförderung einen Eigenanteil zahlen müssen. Wie hoch er ist und welche Ausnahmen erlaubt sind, können die Kreise selbst entscheiden. Im Reinbeker Rathaus wird man sich also auf erneut veränderte Berechnungsgrundlagen einstellen müssen.

Wie sie aussehen, ist momentan unklar. Ein erster Vorschlag, der im Kreistag debattiert wurde, sah vor, einen Eigenanteil von 30 Prozent zu verlangen. Gezahlt werden sollte nur fürs erste Kind. Hartz-IV-Empfänger sollten ungeschoren bleiben. Die Eltern müssen das gegenüber der Verwaltung nachweisen. Man ahnt schon, mit welchem Aufwand das verbunden ist. "Das alles wird enorm viel Arbeitszeit kosten", seufzt Wilfried Potzahr.