Große Verärgerung nach der neuen Parkgebührenverordnung. Kaufleute in Bad Oldesloe beantragen Bürgerbegehren und planen Demonstration.

Bad Oldesloe. "Unsere Stadt ist schon jetzt wie ausgestorben", sagt Johann Jessen. "Und nun wird ihr auch noch der Todesstoß versetzt." Der 62-Jährige aus Bad Oldesloe ist verärgert. Der Grund für seinen Unmut liegt in der neuen Parkgebührenverordnung der Kreisstadt begründet, die morgen in Kraft treten soll.

Dann wird das Parken in vielen Bereichen der Stadt teurer: An der Bahnhofsstraße, an der Brunnenstraße, am Kirchberg und vor der Bücherei an der Königstraße müssen Autofahrer vom 1. März an zum Beispiel 70 Cent statt 50 Cent pro Stunde bezahlen. Am Beer-Yaacov-Weg, vor der Sparkassenfiliale an der Hagenstraße und auf dem Parkplatz an der Hagenstraße werden für zwei Stunden drei statt zwei Euro fällig. Ganz neu ist die Gebührenpflicht an der Schützenstraße vor Aldi und am Gretje-Dwenger-Weg. Dort kostet das zurzeit noch gebührenfreie Parken künftig 50 Cent pro Stunde. Zudem gilt die Gebührenpflicht in Zukunft bereits eine Stunde früher: Ab acht Uhr müssen Autofahrer einen Parkschein ziehen - auch an Sonnabenden, an denen die Gebührenpflicht bislang nicht galt.

Johann Jessen, der seit 30 Jahren ein Fotografie-Geschäft an der Hindenburgstraße betreibt, hat sich mit anderen Ladeninhabern zusammengetan. Gemeinsam kämpfen sie dafür, dass die neue Parkgebührenverordnung wieder gekippt wird. "Wir werden uns das nicht gefallen lassen", sagt Eva-Marie Bruszies, auch sie eine Oldesloer Geschäftsfrau. "Mit dieser Maßnahme straft die Stadt die Kunden ab, die uns noch verblieben sind." Bereits in der Vergangenheit sei eine Abwanderung der Kunden zu den Einkaufsmöglichkeiten außerhalb des Zentrums zu beobachten gewesen. Dorthin, wo sie ihre Fahrzeuge kostenlos direkt vor den Geschäften parken können.

Geschäftsleute fürchten, dass die Kunden in Nachbarstädte fahren

Bruszies befürchtet, dass die Parkgebührenerhöhung dazu führen wird, dass noch weniger Menschen den Weg in die Oldesloer Innenstadt finden. Sie sagt: "Wir haben jetzt schon zu kämpfen." Denn viele Menschen würden inzwischen zum Einkaufen nach Bargteheide oder Reinfeld fahren, weil dort keine Parkgebühren verlangt werden. Und Johann Jessen sagt: "Mein Sohn hat ein ähnliches Geschäft wie ich in Bargteheide, macht aber dreimal so viel Umsatz." Bargteheide sei das beste Argument für eine Abschaffung der Parkgebühren, meint auch Eva-Marie Bruszies: "Dort ist das Parken kostenlos, und die Innenstadt floriert."

Johann Jessen hat ein Bürgerbegehren beantragt, über dessen Zulassung die Kommunalaufsicht des Innenministeriums entscheidet. "Wir fühlen uns von der Oldesloer Politik im Stich gelassen", sagt er. Die Forderung der Ladeninhaber geht aber noch weiter: Sie wollen, dass die Parkgebühren in der Oldesloer Innenstadt komplett abgeschafft werden. Eva-Maria Bruszies sagt: "Unser Ziel ist es, dass die Menschen ihre Autos in der gesamten Innenstadt drei Stunden lang kostenlos abstellen können." Diese Forderung unterstützt auch Michael Hähnchen, Geschäftsführer des Kaufhauses M & H. Er sagt: "Das wäre mal ein positives Signal für die Innenstadt." Bei ihrem Protest hoffen die Geschäftsleute auf die Unterstützung der Bürger - und die ist groß: Rund 3500 Menschen haben bereits gegen die Erhöhung der Parkgebühren unterschrieben. Denn viele Oldesloer teilen die Verärgerung der Geschäftsleute. "Dass die Parkgebühren erhöht werden, ist eine Frechheit", sagt etwa Marina Koschitzki. Die 55-Jährige will künftig nicht mehr so häufig in der Oldesloer Innenstadt einkaufen. Sie sagt: "Ich kann ja auch zu Plaza fahren. Da brauche ich fürs Parken nichts zu bezahlen." Auch Arztbesuche würden oft mit Ärger enden. "Wenn ich zum Beispiel mal länger im Wartezimmer sitze und mich deshalb beim Lösen des Parkscheins mit der Zeit verschätzt habe, dann habe ich gleich ein Knöllchen an der Scheibe meines Autos." Ladeninhaberin Eva-Marie Bruszies sagt: "Die Kunden können auch nicht mehr in Ruhe einkaufen, weil ihr Blick ständig zur Uhr geht."

Matthias Kurth arbeitet in der Oldesloer Innenstadt. Er hat sein Auto auf dem Parkplatz an der Hagenstraße abgestellt. "Das Auto muss in der Nähe sein", sagt der 34-Jährige, "ich brauche es, um zu Kunden zu fahren." Ihm bleibe deshalb nichts anderes übrig, als immer wieder einen Parkschein aus dem Automaten zu ziehen. Die Erhöhung der Parkgebühren ärgert ihn. Kurth: "Ich finde es jetzt schon teuer. In Bad Oldesloe gibt es zu wenig kostenlose Parkplätze."

Politiker hoffen auf 57 000 Euro Mehreinnahmen pro Jahr

Renate und Friedhelm Steffen haben bereits gegen die Erhöhung der Parkgebühren unterschrieben, obwohl sie ihren Wagen meistens auf dem Exer stehen lassen. Dort können sie ihr Auto auch in Zukunft drei Stunden lang kostenlos abstellen. "Das geht aber nur, weil wir noch so gut zu Fuß sind", sagt Friedhelm Steffen, 68. Seine Frau sagt: "In Bad Oldesloe muss sich etwas tun. Vor allem mittwochnachmittags ist die Innenstadt wie ausgestorben. Eine Abschaffung der Parkgebühren könnte das vielleicht ändern."

Sonja Braasch-Lahann kauft schon jetzt fast ausschließlich außerhalb des Zentrums ein. "Die Erhöhung der Parkgebühren ist unverschämt, eine Abzocke", sagt die 56-Jährige. Terese Friede kommt nur noch in die Innenstadt, um Bankgeschäfte zu erledigen. Doch auch dann muss sie Parkgebühren zahlen. Die 50-Jährige sagt: "Es wäre gut, wenn man in Bad Oldesloe wenigstens eine halbe Stunde kostenlos parken könnte, um solche Aufgaben zu erledigen" Auch Claus Groth will nach alternativen Einkaufsmöglichkeiten umsehen. Noch ist der 67-Jährige fast täglich in der Innenstadt, um Besorgungen zu machen. Er sagt: "Ich muss mich jetzt anders organisieren."

Die Politiker erhoffen sich von der Parkgebührenerhöhung Mehreinnahmen in Höhe von 57 000 Euro pro Jahr für die Kreisstadt. Ladenbesitzerin Eva-Marie Bruszies sieht das anders. Sie sagt: "Es wird überhaupt keine Mehreinnahmen geben, weil die Menschen wegbleiben."

In den kommenden Wochen wollen die Geschäftsleute bei ihrem Kampf gegen die Gebührenerhöhung zu einer weiteren Maßnahme greifen: Sie planen, die Oldesloer zu einer Demonstration aufzurufen.