Soll zu Guttenberg bleiben oder gehen? Viele Stormarner verzeihen ihm seine Fehler. Aber es gibt auch Kritik

Ahrensburg/Siek. Den Doktortitel ist Karl-Theodor zu Guttenberg schon mal los. Die Opposition bezeichnet den Minister sogar als "akademischen Hochstapler und Lügner". Doch wie steht es um das Image des Bundesverteidigungsministers bei der Bevölkerung? Soll der CSU-Politiker sein Amt niederlegen oder soll er bleiben? Die Stormarnausgabe des Hamburger Abendblattes hat Menschen aus der Region nach ihrer Meinung gefragt. Ergebnis dieser nicht repräsentativen Umfrage: die überwiegende Mehrheit nimmt zu Guttenberg den Fehltritt nicht sonderlich übel.

Für Lisa-Marie Walter, 18, und Jim-Bob Bohnensack, 21, ist das sympathische Auftreten des Politikers ausschlaggebend. "Da macht es nichts, dass er ein bisschen geschummelt hat". Dr. Hans-Jürgen Perrey, Lehrer am Gymnasium Trittau, sieht dies allerdings ganz anders: "Abiturienten, die Täuschungsversuche unternehmen, müssen mit schweren Konsequenzen rechnen. Ich finde das Verhalten von Herrn zu Guttenberg deshalb unmöglich. Was er gemacht hat, ist ein schwerer Verstoß gegen die akademischen Regeln." Perrey greift das Thema wissenschaftliches Arbeiten nun verstärkt im Unterricht auf. "Die Schüler lernen so, verantwortungsbewusst mit fremden Ideen umzugehen", sagt Perrey.

Die Vorwürfe gegen den Minister kann die Trittauerin Elsbeth Motzigkeit nicht verstehen. Sie ist begeistert von der Ausstrahlung zu Guttenbergs. "Er ist meiner Meinung nach ein vorbildlicher Mensch und nicht nur Minister", sagt die Rentnerin. Silke Westphal ist geteilter Meinung. Die Elternbeirätin der Oldesloer Theodor-Mommsen-Schule sagt: "Er ist überhaupt kein gutes Vorbild für Kinder. Ich denke, dass seine Gegner das nun auch nutzen, um ihn anzuprangern." Einen Rücktritt würde sie aber dennoch sehr bedauern.

So viel Gnade lässt Professor Dr. Werner Kuhlmeier aus Bargfeld-Stegen für den Minister nicht walten. Er plädiert ganz eindeutig für einen Rücktritt. "Er muss sich an den gleichen Maßstäben messen lassen, die er bei anderen anlegt." Zwar dürften nach Meinung des Erziehungswissenschaftlers von der Universität Hamburg auch Politiker einmal einen Fehler machen, jedoch sei die Wechselhaftigkeit des Ministers mehr als unglücklich. "Erst weist er die Vorwürfe als 'abstrus' zurück, dann gibt er Fehler zu, die er jetzt aber bagatellisiert", sagt Kuhlmeier. "Der eigentliche Skandal aber ist, dass er sich den Titel erschwindelt hat. Das ist kein Kavaliersdelikt, sondern Betrug."

Der 19-jährige Stephan Siemers aus Trittau sieht den Fall gelassener. "Zu Guttenberg soll bleiben, denn sein Doktortitel hat nichts mit der Arbeit als Minister zu tun." Auch Janine Hollstein aus Hoisdorf teilt diese Ansicht. Die 40-Jährige sagt: "Das ist doch lächerlich. Es gibt andere, wichtigere Baustellen, etwa in Afghanistan."

Für andere hat der Verteidigungsminister verspielt. "Wenn er in einem solchen Fall schon Fehler macht, lässt das seine Person schlicht unglaubwürdig erscheinen," sagt der Historiker Dr. Johannes Spallek. Der ehemalige Kreiskulturreferent von Stormarn, der 1979 an der Uni Hamburg in Kunstgeschichte promovierte, fügt hinzu: "Und es handelt sich hierbei nicht um irgendeine Sache - das ist eine Dissertation."

Dr. Michael Eckstein, Vorstandsvorsitzender der Bürgerstiftung Region Ahrensburg ist ebenfalls dieser Ansicht. "Wenn man Fehler macht, ist es wichtig, wie man damit umgeht. Und das war bei Herrn zu Guttenberg nicht überzeugend", sagt der Wirtschaftswissenschaftler, der 1986 an der Universität Hamburg zu einem wirtschaftsrechtlichen Thema promoviert hat. Wissenschaftliches Arbeiten sei auf Präzision ausgerichtet, deshalb sei die Vorgehensweise des Ministers "enttäuschend", so Eckstein. "Und wenn er nun politische Entscheidungen trifft, steht natürlich die Frage im Raum: Hat er sich das jetzt genauso präzise überlegt wie damals bei seiner Dissertation?"

Peter Kraus vom Cleff, kaufmännischer Geschäftsführer des Rowohlt Verlags in Reinbek denkt in eine ganz andere Richtung. Er sagt: "Nein, er sollte nicht zurücktreten. In Nordafrika sterben Menschen im Kampf um Demokratisierung und Freiheit - und wir konzentrieren uns auf innenpolitische Demontagen. Das ist bitter." Cleff prangert außerdem die politische Aufregung um dieses Thema an. Wenn sich Politiker nur halbwegs so engagiert um die Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen im Internet kümmern würden wie um den Minister, wäre ihm wohler. Die "neidbedingte Anfeindung der zweifelhaften Eitelkeitspromotion" des Politikers sei übertrieben. Als Minister sei zu Guttenberg tadellos.