Eine Glosse von Rainer Burmeister

Die Kräfte der Natur wurden für mich bisher immer vor allem an Wind und Sonne sichtbar. Völlig unberücksichtigt blieb bei mir bisher die Kraft des Wassers. Dabei geht es nicht um den Bach, der die Mühle antreibt, sondern um die Kraft des gefrorenen Wassers - für die Konjunktur! Kaum ist das Nass in die rissigen Fahrbahnoberflächen eingedrungen, wird unter Zusatz von Frost daraus eine ganz energische Sprengfalle. Die lässt den Asphalt krachen und hinterlässt die schönsten Schlaglöcher. In diese Vertiefungen plumpsen dann die Räder unserer Autos und demolieren deren Stoßdämpfer, Federbeine und weitere Teile der Radaufhängung.

Prompt muss das Auto in die Werkstatt. Dort werden die defekten Teile ausgetauscht. Das erfreut den Werkstattinhaber, der damit Geld verdient, das er versteuert, und damit dem Finanzminister Freude bereitet. Bei der Reparatur wird außerdem Mehrwertsteuer fällig. Und dann müssen ja auch noch neue Ersatzteile produziert werden. In Betrieben, die natürlich ebenso wie der Werkstattchef Gewerbesteuer entrichten.

Das alles summiert sich - dem Frost und den Schlaglöchern sei Dank - zu einem riesigen Konjunkturprogramm, das die Wirtschaft ankurbelt, jede Menge Arbeitsplätze schafft.

Jetzt weiß ich auch, warum die meisten Schlaglöcher nur provisorisch zugeschustert werden: Damit sie im nächsten Winter wieder aufbrechen können und erneut die Konjunktur auf Trab bringen.