Unsere Schule Das Abendblatt stellt die Sachsenwaldschule in Reinbek vor

Reinbek. Wasser und Öl - lässt sich das vermischen? Alexandra und Hendrik beugen sich über ihren Aufgabenzettel. Die Zehntklässler tragen weiße Kittel und Schutzbrillen. Sie haben Chemieunterricht. Hendrik hält zwei Reagenzgläser in der Hand, vor den Schülern stehen kleine Behälter mit Wasser, Öl und Seifenlösung. Alexandra gibt jeweils drei Milliliter Wasser und drei Milliliter Öl in die Gläser. "Mal sehen, was jetzt passiert", sagt Hendrik und schüttelt die Behälter. Es bilden sich zwei Phasen.

Zur gleichen Zeit im Musikpavillon. Bei der 6 f steht heute Rappen auf dem Stundenplan. Die Schüler haben eine Mädchen- und eine Jungengruppe gebildet. Annika, Emmi, Maxi, Yasmina, Jette und Lotti singen: "Hallo Leute, wir sind heute auf der Shopping Street." Dazu haben sich die Mädchen eine Choreografie ausgedacht. Yasmina sagt: "Wir haben uns überlegt, wir machen mal etwas Tussihaftes." Die Jungs interessieren sich mehr für das Leben auf dem Bauernhof. Nico spielt ein Raphuhn. Er singt: "Ja ich rappe so toll, und ich bin gut drauf, und beim Rappen habe ich immer eine Mütze auf."

Musik hat an der Sachsenwaldschule einen hohen Stellenwert. Es gibt zum Beispiel zwei Unterstufen-, einen Mittelstufen- und einen Oberstufenchor, ein Jugendsinfonieorchester und eine Bigband. "Die Arbeitsgemeinschaften fördern das Miteinander von älteren und jüngeren Schülern", sagt Musiklehrerin Barbara Marcks, "bei uns kommt es nicht auf das Alter an, sondern auf die instrumentale Leistung." Etwa ein Viertel der Schüler nimmt an mindestens einer Musik-AG teil.

"Es gibt viele Möglichkeiten, jeder hat die Chance, seine Talente zu fördern"

Wenn es Spannungen zwischen Schülern gibt, sind Streitschlichter wie Judith, Merrit, Tammo und Kristina zur Stelle. Die Acht- und Neuntklässler gehören der Arbeitsgemeinschaft Mediation an. "Wir wollen den Schulfrieden sichern und die Gemeinschaft erhalten", sagt Judith, 13. In den großen Pausen sitzen die Streitschlichter in ihrem kleinen Raum den zerstrittenen Schülern gegenüber. Tammo, 14, sagt: "Meist haben wir es mit Fünftklässlern zu tun, die noch nicht so gut integriert sind."

Insgesamt werden an der Sachsenwaldschule etwa 90 Arbeitsgemeinschaften angeboten. "Es gibt so viele Möglichkeiten", sagt Achtklässlerin Judith, "jeder hat die Chance, seine Talente zu fördern." Sie selbst ist nicht nur Streitschlichterin, sondern auch im Mittelstufenchor, im Jugendsinfonieorchester und wie Eva Sophie, Moritz und Philipp bei der Physik AG. Dort haben die Neuntklässler ein rotes Spielzeugauto mit dem Namen Honeywell entworfen und damit den zweiten Platz bei der internationalen "Student Automotiv Design Challenge" belegt.

Im Computerraum der Schule sitzt Leon. Auch er bastelt - und zwar an einer Fernbedienung für seinen Roboter. Denn noch fährt das Lego-Auto des 14-Jährigen kreuz und quer durch den Raum, stößt dabei immer wieder mit einem Stuhl- oder Tischbein zusammen. Genervt stellt Leon das Fahrzeug wieder auf seinen Tisch. Er sagt: "Ich will den Roboter endlich lenken können."

In der Küche der Cafeteria herrscht den ganzen Vormittag über Hochbetrieb. Etwa 100 Mütter, Väter und Großeltern kümmern sich ehrenamtlich um die Versorgung der Schüler. Jede Woche belegen sie rund 2000 Brötchen mit Käse, Wurst oder Ei. Montags bis donnerstags bieten sie zudem ein warmes Mittagessen an. Heute steht ein griechischer Kartoffel-Gemüse-Auflauf mit Zaziki oder Hack auf dem Speiseplan. Dazu gibt es Salat und Orangencreme. An der Sachsenwaldschule wird aber auch an die Kinder gedacht, denen es nicht so gut geht. Seit 2004 unterstützen die Reinbeker Schüler die Kindernothilfe. Jede Jahrgangsstufe hat die Patenschaft für ein Projekt, wie zum Beispiel die Aids-Waisen in Ruanda oder die Straßenkinder in Bolivien, übernommen. "Die Projekte werden in den Erdkundeunterricht eingebunden", sagt Zwölftklässlerin Melissa. Pro Monat sammelt sie einen Euro von den Schülern ein. Bisher sind so schon 10 000 Euro zusammengekommen.

"Wir wollen das Klima in der Schule verbessern", sagt Schülerpatin Lisa

Die Mädchen und Jungen der 5 e haben Sportunterricht. Auf Teppichfliesen rutschen sie durch die Halle. Jeweils ein Schüler steht auf einer Matte, zwei andere ziehen ihn. "Das fördert die Teambildung", sagt Sportlehrer Markus Millies. Die Kinder müssten Vertrauen in ihre Mitschüler haben und Rücksicht aufeinander nehmen. Die Elternvertreter haben sich dafür eingesetzt, dass Fächer wie Kunst, Musik und Sport an langen Schultagen in den Stundenplan eingebaut werden. Mutter Alexandra Husung sagt: "Ein Sieben-Stunden-Tag sollte nicht nur aus Lernfächern bestehen." Diesem Wunsch ist die Schulleitung nachgekommen.

Es ist Mittagspause. In der Cafeteria sitzen Marie-Christin, Marieke, Lukas, Lisa und Friedrich. Die Zehntklässler kümmern sich als Schülerpaten beim "Projekt Schwerelos" um andere begabte Schüler. "Wir wollen das Klima in der Schule verbessern", sagt Lisa. Denn die Sachsenwaldschule ist Kompetenzzentrum für Begabtenförderung. Besonders leistungswillige Schüler werden speziell gefördert.

So haben Sechstklässler beispielsweise die Möglichkeit, die zweite und dritte Fremdsprache parallel zu lernen. Dafür bilden jeweils zwei Schüler ein Sprachtandem. Die Kinder besuchen immer abwechselnd die Französisch- und Lateinstunden. Den versäumten Unterrichtsstoff bringen sie sich gegenseitig bei. Lisa: "Das Gute daran ist, dass durch das Tandem eine Verbindung zwischen zwei Schülern geschaffen wird."

Noch im Aufbau befindet sich das Projekt Comenius-multilateral. Schüler der zehnten und elften Klasse der Sachsenwaldschule sollen ab September 2011 mit Jugendlichen einer türkischen, französischen, griechischen und spanischen Partnerschule zu einem Thema aus den Bereichen Erdkunde und Physik zusammenarbeiten. Nur eines von vielen internationalen Projekten, die es an der Sachsenwaldschule gibt. Schüler, die Französisch lernen, können an einem Austausch mit einer Partnerschule in Mülhausen teilnehmen. Die Lateinschüler fahren an die Amalfi-Küste nach Italien und Spanischschüler reisen nach Granada. Lehrer Hans-Jürgen Otto sagt: "Wir arbeiten daran, unser Gymnasium zu einer Europaschule zu machen."

Der Schultag nähert sich dem Ende. Es ist 13.15 Uhr. Zeit für die mit 55 Schülern größte Arbeitsgemeinschaft der Schule: den Zirkus. In der Sporthalle versammeln sich kleine Nachwuchsartisten, Jongleure, Seiltänzer und Einradfahrer. Neuntklässler Finn jongliert mit Diabolos. Er ist bereits seit viereinhalb Jahren beim Zirkus. Der 15-Jährige sagt: "Es macht Spaß, sich selbst Tricks und eine eigene Show auszudenken."

Ein paar Meter weiter lassen die Neuntklässler Patrick und Fabian Keulen durch die Luft fliegen. "Wir sind seit der fünften Klasse dabei", sagt Fabian, "damals haben wir mit Bällen angefangen, dann kamen Ringe und jetzt jonglieren wir mit Keulen." Chiara, Vivien und Vivien Joy sind dagegen Zirkus-Neulinge. Obwohl sie erst seit wenigen Monaten üben, stehen die Fünftklässler sicher auf ihren großen Gesundheitsbällen. "Als ich mich an der Schule angemeldet habe, gab es eine Zirkus-Vorführung", sagt Vivien, "ich konnte mir nicht vorstellen, wie das Laufen auf dem Ball funktionieren soll. Deshalb wollte ich es auch ausprobieren." Stolz blickt die Zehnjährige von ihrem roten Gesundheitsball hinunter. Sie hat es geschafft.