Das ewige Hin und Her bei den Verhandlungen über die Hartz-IV-Reform sei inakzeptabel, sagt Ingo Loeding vom Stormarner Kinderschutzbund

Ahrensburg. Vorerst ist die Hartz-IV-Reform gescheitert. Regierung und Opposition konnten trotz stundenlanger Diskussionen im Vermittlungsausschuss keinen Kompromiss in der längst überfälligen Änderung finden - und das, obwohl die vom Bundesverfassungsgericht gesetzte Frist seit Wochen überfällig ist. Durch die "Blockade der Opposition" befürchtet Norbert Brackmann, CDU-Bundestagsabgeordneter für den Süden Stormarns, nun, dass den Kommunen in Zeiten schwieriger Haushaltslage eine wichtige Entlastung entgehe: "Sollte der Bundesrat das Maßnahmenpaket zur Neugestaltung der Regelsätze und Einführung eines Bildungspakets für Kinder ablehnen, dann täte er dies auf dem Rücken der Bedürftigen. Bisher mussten die Kommunen zu einem großen Teil dafür aufkommen".

Der Kreis Stormarn müsse jedes Jahr etwa fünf Millionen Euro für diese Sozialausgabe bereitstellen. "Würde der Bund dies übernehmen, dann würde er unseren Kreisen in Zeiten angespannter Kassenlage sehr helfen", so Brackmann.

Über das lange Hin und Her der Verhandlungen kann Ingo Loeding, Geschäftsführer des Kinderschutzbunds Stormarn, nur noch den Kopf schütteln. "Insgesamt ist das nur noch ein Armutszeugnis der Politik", sagt er. Loeding kritisiert die gesamte Reform und vor allem das Bildungspaket. Es sei zwar ein Schritt in die richtige Richtung, jedoch sei die Hartz-IV-Reform kein Ansatz, um Kinderarmut in Deutschland zu verhindern. Er fordert eine Kindergrundsicherung in Höhe von 502 Euro für jedes Kind. "Das ist unbestritten die beste Prävention vor Kinderarmut", so Loeding, der die Hartz-IV-Reform und das Bildungspaket als Mogelpackung bezeichnet.

Zwar gebe es bei den Kinderregelsätzen in acht Bereichen Erhöhungen, jedoch stünden in etwa 22 Bereichen erhebliche Kürzungen an. So wurde der Zuschuss für Bücher und Broschüren von vier auf 2,37 Euro herabgesetzt. Für ein fünfjähriges Kind sinkt der Betrag für Lebensmittel monatlich von 83 auf 78,67 Euro. Viele Details der geplanten Veränderungen seien in der Öffentlichkeit noch gar nicht diskutiert worden, so Loeding. "Das sich da nicht mehr Widerstand gebildet hat, aber über vieles anderes diskutiert wird, verstehe ich nicht so recht", so Loeding.

Die finanziellen Leistungen seien nicht ausreichend. In den vergangenen beiden Jahren habe eine Umfrage des Kinderschutzbunds an zehn Schulen in Stormarn ergeben, das Eltern pro Schulhalbjahr und Kind zwischen 115 und 130 Euro ausgeben. Im Schulbasispaket jedoch sind lediglich 50 Euro im Jahr für Anschaffungen wie Schulranzen und Zirkel vorgesehen. Zusätzlich gibt es pro Halbjahr 15 Euro für einen eintägigen Ausflug und pro Mittagessen in der Schule oder Kindertagesstätte zwei Euro auf Antrag. Vollkommen unzureichend seien auch zehn Euro pro Monat für außerschulische Bildung. Da müsse noch dringend nachgearbeitet werden. Denn allein im Kreis Stormarn lebten mehr als 3500 Kinder in Hartz-IV-Familien.

Für Stefan Kehl, Grünen-Fraktionsvorsitzender im Kreistag und Vorsitzender des Finanzausschusses in Großhansdorf, sind die Anstöße, auch das Bildungspaket, ein richtiger Schritt - auch wenn er Loedings Kritik nachvollziehen kann. Kehl ist aber auch wichtig, dass die Kommunen jetzt nicht zusätzlich belastet werden. Schon jetzt seien viele Städte und Gemeinden am Limit. "Wir haben mit Ach und Krach in Großhansdorf einen ausgeglichenen Haushalt hinbekommen."

Karl-Reinhold Wurch, FDP-Fraktionsvorsitzender im Kreistag, kann die Kritik Loedings nicht nachvollziehen. "Das ist schon ein großer Fortschritt, was man da in Angriff nehmen möchte. Man kann immer mehr fordern, aber irgendwann sind die Staatsausgaben erschöpft", sagt Wurch. Aufgabe der Politik sei es nun einmal, nicht nur eine bestimmte Gruppe im Blick zu haben. "Was man den einen gibt, muss man wieder anderen wegnehmen." Wurch hofft jedoch, wenn es noch zu einer Einigung auf Bundesebene kommt, dass die Verwaltungsaufgaben dann nicht bei den Kommunen landen. "Das muss Aufgabe der Jobcenter sein", so Wurch.