Tief Nicolas entwurzelt Bäume. Lage an den Timmerhorner Fischteichen entspannt sich leicht

Ahrensburg/Ammersbek. Böen von bis zu 120 Kilometern pro Stunde, umgestürzte Bäume, Hochwasser: Sturmtief Nicolas hat in der Nacht zu Dienstag die Helfer der Feuerwehren und des Technischen Hilfswerks (THW) in Atem gehalten. Menschen kamen nicht zu Schaden.

22 Uhr in Ahrensburg. Hans Jochem, 87, und sein Sohn Matthias, 42, sitzen in ihrem Bungalow am Hasselmannsweg. Im Fernsehen läuft der zweite Teil des Films "Hindenburg". Plötzlich knackt und raschelt es im Garten. Matthias Jochem geht ums Haus, um nach dem Rechten zu sehen. Da sieht er aus dem Augenwinkel zwei knapp 30 Meter hohen Tannen fallen. 40 Jahre haben sie nebeneinander im Garten gestanden. Nur knapp verfehlen die Bäume das Haus - und Matthias Jochem. "Fast hätten sie mich getroffen", sagt er.

Eine Stunde später. Bei der Feuerwehr geht ein Notruf ein: Ein Baum sei soeben auf den Beimoorweg gefallen, zwei Autos hätten dem Hindernis nicht mehr rechtzeitig ausweichen können. Ungebremst ist der Fahrer des ersten Wagens über den entwurzelten Baum gefahren, ins Schlingern geraten und auf dem Seitenstreifen zum Stehen gekommen. Der Fahrer des zweiten Autos hat die Geschwindigkeit noch verringern können, sein Wagen bleibt auf dem Baumstamm liegen. Die Autos müssen abgeschleppt werden.

Unterdessen kämpfen mehr als 100 Helfer in Ammersbek unvermindert gegen die Wassermassen an, die auf die Deiche der Timmerhorner Teiche drücken. Sie arbeiten die ganze Nacht hindurch. Im Schichtbetrieb befestigen sie den Damm mit ungezählten Sandsäcken. Am Morgen danach sieht es danach aus, als habe sich die Lage entspannt. Die Alte Landstraße ist immer noch voll gesperrt. Die Teiche liegen ruhig in der Wintersonne. Fast wirkt die Idylle vom Dröhnen zweier großer blauer Pumpen des THW gestört. Pro Minute pumpen sie zusammen etwa 10 000 Liter Teichwasser in die Strusbek, die sich noch immer als aufnahmefähig erweist, und entlasten so kontinuierlich den noch am Montag akut gefährdeten Damm.

Wenige hundert Meter weiter in der Einsatzzentrale scheint sich an diesem Tag das eigentliche Geschehen abzuspielen. Zwischen Besprechungszelt, Getränkewagen und Suppenküche stehen Helfer an ihre Wagen gelehnt, stärken sich und warten auf weitere Anweisungen.

11 Uhr, Ende der planmäßigen Lagebesprechung der Gemeindewehr Ammersbek. Wehrführer und Einsatzleiter Hans-Jürgen Chemnitz verlässt das Zelt mit neuen Informationen. "Die Pegelstände in den Teichen sind derzeit konstant, wir können uns also ein bisschen entspannen. Um den bisherigen Wasserablauf zu unterstützen, setzen wir im Laufe des Tages noch zwei weitere Großpumpen des THW ein." Ebenfalls vor Ort ist Ammersbeks Bürgermeister Horst Ansén. Er fügt hinzu: "Aktuell werden vier kleinere Pumpen geliefert, die wir mit Generatoren der Feuerwehr betreiben werden. Sie sollen zunächst zur Überbrückung dienen, bis die leistungsstärkeren Maschinen eingetroffen sind. Wir kontrollieren weiterhin regelmäßig die Pegelstände, um genau überprüfen zu können, welche Auswirkung jede einzelne Maßnahme hat." Während sich die Einsatzkräfte gestärkt und entsprechend gut gelaunt wieder in Richtung Damm aufmachen, sind auch einige Anwohner gekommen, um sich über den aktuellen Stand der Dinge zu informieren. Thomas Molesch, 51, wohnt in unmittelbarer Nähe. Trotzdem hält er die Lage nicht für besonders bedrohlich: "Ich finde das alles halb so wild, so ist eben der normale Lauf der Natur. Eigentlich stört mich nur, dass ich mein Auto wegen der Sperrung nicht auf mein Grundstück fahren darf." Etwas drastischer sieht Henry Harms die Situation: "So etwas ist in all den Jahren, in denen ich hier zu Hause bin, noch nie passiert. Meiner Meinung nach ist die Schuld beim jetzigen Eigentümer der Teiche zu suchen", sagt der 79-Jährige, der seit 1942 im Ort lebt. Die Schuldfrage beschäftigt auch Dinant Steenhagen seit Tagen. Man könne weder die Gemeinde noch die starken Regenfälle für die Überflutung verantwortlich machen, meint der Umweltausschussvorsitzende von Ammersbek. Der frühere Besitzer habe bereits im Herbst jeden Jahres die Teichschleusen geöffnet und so einer Überschwemmung entgegengewirkt. Momentan aber kümmere sich niemand um das Gelände. Sobald geklärt ist, ob seitens des heutigen Eigentümers Versäumnisse vorliegen, steht auch eine Klärung der Kostenfrage im Raum. Dass der Kreis nicht zahlt, steht zumindest fest, er greift nur bei Katastrophenalarm ein. Laut Bürgermeister Ansén bleiben die Ausgaben für Geräte, Material, Sandsäcke und Proviant also bei der Gemeinde. Ansén: "Wir werden aber prüfen, inwieweit Pflichten verletzt worden sind, die dazu führen, dass jemand schadenersatzpflichtig gemacht werden könnte."