Auf frühen Kontakt mit der Berufswelt legt die Schule großen Wert

Glinde. China ist - zumindest in der Wirtschaft - das Land der Zukunft. Davon ist Christiane Repenning überzeugt. Deshalb hat die Lehrerin vor 15 Jahren im Gymnasium Glinde ein Asienforum gegründet. Schüler besuchen Vorträge und Workshops und fahren zum Austausch nach China. Die Sprache lernten sie zunächst nachmittags in einer AG. Seit 2009 wird in der Profiloberstufe Chinesisch angeboten. Das Gymnasium sei die erste Schule in Schleswig-Holstein, die das vom Bildungsministerium anerkannte Schulfach anbiete, sagt Schulleiterin Eva Kuhn. "Auch Schüler, die von einer Gemeinschaftsschule in unsere Oberstufe wechseln, können mit Chinesisch als dritter Fremdsprache beginnen."

Der eigentliche Schwerpunkt der Schule liegt jedoch in den Naturwissenschaften. Im Raum der Robotik-AG tüfteln mehrere Jungen an Modellen. Auf einen Bildschirm flimmert grün und blau die Planung für eine Platine. "Hier habe ich viel bessere Möglichkeiten zum Bauen als zu Hause", sagt Daniel, der oft in seinen Freistunden hier ist. Er lässt einen achtarmigen Roboter vor- und zurück laufen, auf der Stelle drehen und sich hoch- und runtersenken. So etwas will der 16-Jährige auch bauen, als besondere Lernleistung. "Bewertet wird der Prozess und seine Dokumentation", sagt sein Lehrer Nils Kiesbye.

Auf frühen Kontakt mit der Berufswelt legt die Schule großen Wert

Oberstufenschülerin Nele hat sich aus Neugierde für das Physikprofil entschieden. "In den Naturwissenschaften werden die Welt und ihre Gesetzmäßigkeiten am stärksten hinterfragt", sagt sie. "Mir gefällt der anspruchsvolle Unterricht." Das Profil sei besonders nachgefragt, sagt Lehrer Otto Sühl. "Unsere Schüler haben erkannt, welche Berufsmöglichkeiten sich daraus ergeben." Die Schule kooperiert mit der Technischen Universität Hamburg-Harburg. Professoren und Studenten kommen in die Schule, die Gymnasiasten experimentieren im School Lab der TU.

Auf frühen Kontakt mit der Berufswelt wird viel Wert gelegt. Die Zehntklässler machen ein Betriebspraktikum, die Zwölfklässler ein Wirtschaftspraktikum. Für die Schüler des elften Jahrgangs gibt es ein Bewerbungstraining. Vertreter aus Wirtschaftsunternehmen üben mit den Jugendlichen Vorstellungsgespräche und Selbstpräsentation. Marcel, 17, hat die Übung gerade hinter sich. "Wir haben einen roten Faden erarbeitet, was wir in einem Gespräch über uns erzählen könnten", berichtet er. "Ich weiß jetzt, dass die ersten vier Minuten entscheidend sind."

In der großen Pause stürmen viele der jüngeren Schüler in die Sporthalle. Aktive Pause heißt das Konzept, die Kinder dürfen sich dann richtig austoben. "Wir dürfen uns Seile oder Bälle holen und ein Lehrer passt auf", sagt Marieke, die am liebsten nach den Softbällen greift und mit ihren Freundinnen "Schweinchen in der Mitte" spielt. Auch Juliana und ihre Mitschüler aus der 5 c mögen die aktive Pause und die große Turnhalle. Auch dass in allen Klassen Schränke stehen, finden sie gut. Und natürlich die Schülerdisko. Die organisiert die Schülervertretung, die in einem der renovierten Räume mit großen Fenstern sitzt. "Jeder Schüler kann jederzeit zu uns kommen", sagt Simon, 18: "Wir setzen uns für alle ein." So hätten sich viele Schüler übergangen gefühlt, als das Angebot des Kiosks weitgehend auf gesunde Snacks beschränkt wurde. "Wir wollen nicht nur Süßigkeiten", stellt Simon klar. "Aber die Schüler sollten bei so einer Entscheidung informiert werden. Jemand sollte ihnen erklären, warum dieses Essen gut ist." Dafür ist eine Schülerzeitung in Planung. Die SV arbeitet auch aneinem Projekt, das Yannic, 18, "Freiräume" nennt. "Wir wollen Rückzugsorte zum Entspannen schaffen."

"Wir zeigen Flagge" - die Schüler sind stolz auf ihre Schulkleidung

Björn, 18 und ebenfalls in der SV, organisiert den Verkauf von Schulkleidung. T-Shirts, Polohemden, Kapuzenpullover und Käppis, jeweils in schwarz oder weiß, gibt es mit dem Schullogo. "Ich finde es gut, wenn wir Flagge bekennen und zeigen, dass wir auf dieser Schule sind", sagt er. Colin trägt das schwarze T-Shirt schon stolz. Der Zwölfjährige fühlt sich wohl an seiner Schule. "Und wenn ich mal Streit mit einem Freund habe, kann ich zu den Schülerschlichtern gehen." Manchmal sei das besser, als mit Lehrern über Ärger zu sprechen.

Die Streitschlichter sind für andere Schüler da - egal, ob es um einen geklauten Radiergummi oder um Probleme mit den Eltern geht. "Wir versuchen, zusammen eine Lösung zu finden", sagt Sarina. Joeline lässt sich gerade mit 25 weiteren Schülern der neunten Klassen ausbilden. "Ich habe selbst Geschwister", sagt sie. "Ich weiß, wie Streit entsteht." Die Ausbildung über ein halbes Jahr - erst Theorie, dann Rollenspiele - ist Voraussetzung, um eine Patenklasse zu übernehmen. "Die Paten machen mit uns Ausflüge und wir können uns gut mit ihnen unterhalten", sagt Sechstklässlerin Marieke. "Und manchmal kommen sie auch in den Unterricht und spielen mit uns." Seit kurzem gibt es auch einen Jungenbeauftragten in der Schule, der sich um die Förderung der männlichen Schüler kümmert. Trauerbegleiterin Birgit Sedello ist für Schüler da, die Eltern, Geschwister oder einen Freund verloren haben. Oder wenn ein Mitschüler stirbt. "Für die Klasse ist das eine Katastrophe, die Schüler fühlen sich sehr hilflos", sagt sie. "Der Tod ist immer noch ein Tabuthema."

In der Pause strömen die Lehrer ins Lehrerzimmer. Die Kollegen duzen einander. "Wir ziehen alle an einem Strang - und zwar am selben Ende", sagt Petra Rautenberger. Lehrer und Schüler treffen sich auch mittags in der Mensa, wo Eltern für sie am Herd stehen. Elke Lukas, Großmutter einer Schülerin, leitet eines der 16 Elternteams, die abwechselnd hier kochen. "Wir sind einmal im Monat dabei", sagt sie. Ihr Stammgericht: Chili con Carne. Etwa 100 Essen gehen jeden Tag über den Tresen, im Austausch für eine farbige Marke. Die verkaufen die Schüler aus der Mensa-AG in den Pausen für 2,50 Euro pro Essen. Außerdem machen sie Umfragen zu Wunschgerichten und wollen die Mensa verschönern. AG-Leiterin Anke Drechsler lobt das Mittagsangebot. "Die Gerichte sind immer frisch und lecker - nur der Nachtisch ist manchmal noch zu süß." Sie unterrichtet unter anderem Hauswirtschaft. "Die Nachfrage ist immer groß", sagt sie. Auf dem Stundenplan stehen Kochen, Einkaufen und Verbraucherlehre.

Im Forum des Schulzentrums proben die Mitglieder der drei Theatergruppen. Die Unterstufengruppe beschäftigt sich in diesem Jahr mit dem Stück "Die Brüder Löwenherz". Kjell schlüpft auf der Bühne in die Rolle eines bösen Soldaten. "Das ist schön viel Text", sagt der Zwölfjährige. "Ich brauche die Herausforderung. Die älteren arbeiten zurzeit an "Der Geizige" von Molière. "Wir schreiben aber im Grunde alles um", sagt Johanna, 19. "Es macht Spaß, dass wir soviel improvisieren." Aktuelles Projekt des English Theatre ist ein Musical. "Das ist toll, weil ich gern Theater spiele und singe", sagt EIke, 18. Das Bühnenbild bauen Schüler im Kunstunterricht. Zur Vorbereitung haben sie beim Thalia Theater hinter die Kulissen geguckt. Eine Schülerin wird dort auch ein Praktikum machen. Andere Schüler zieht es nach der Schule nach Asien. "Mindestens zehn der Schüler, die bei uns Chinesisch gelernt haben, sind beruflich nach China gegangen", sagt Heino Christiansen. Nach fünf Mal China-Austausch reiste er jetzt mit einer Schülergruppe nach Japan. Denn der Asien-Schwerpunkt bekommt seit einem Jahr noch mehr Gewicht - mit einer Japanisch-AG.