Deich an Timmerhorner Teichen droht zu brechen. Hauptstraße wird gesperrt. Anwohner in Sorge um ihre Häuser

Ammersbek. Lars-Holger Willing dreht am Zündschlüssel. Stotternd springt der Dieselmotor an. Alle Augen sind jetzt auf dieses dunkelblaue Ungetüm gerichtet, auf dem an diesem Tag so viele Hoffnungen ruhen: eine Drehkolben-Hochleistungspumpe Marke Börger. Lars-Holger Willing, Maschinist beim Technischen Hilfswerk (THW) in Mölln, drückt auf ein paar Knöpfe, legt einige Hebel um. Schnell weicht das Stottern einem satten Blubbern. Durch ein Rohr strömt Wasser hinein in das Gerät, durch einen Schlauch auf der anderen Seite wieder heraus in eine Senke. Die Männer am Ufer, bis zu den Knöcheln im Schlamm, atmen auf. Die Pumpe pumpt. Es ist Montag, 14.48 Uhr. An den Timmerhorner Teichen ist erstmals an diesem Tag von Entwarnung die Rede.

Der Tag nach dem 60-stündigen Dauerregen hat viele Einwohner der Ammersbeker Ortsteile Rehagen und Schäferdresch auf eine nervliche Belastungsprobe gestellt. Die Timmerhorner Teiche randvoll, die Deiche weich, viele Gärten unter Wasser: 160 Helfer von Feuerwehren, THW und Katastrophenschutz kämpften den ganzen Tag über gegen die Fluten. Die Alte Landstraße, die ehemalige B 434, war den ganzen Tag über gesperrt. Der Großeinsatz hatte früh am Morgen begonnen.

Der Kreisbrandmeister steht wie ein Deichgraf auf dem matschigen Wall

Um 8.17 Uhr melden sich die ersten Anwohner bei der Rettungsleitstelle in Bad Oldesloe. Der Tenor ist eindeutig: Die Teiche laufen über. Ammersbeks Gemeindewehrführer Hans-Jürgen Chemnitz fährt raus. Er beschließt, dass sofort gehandelt werden muss. Im Dorf heulen die Sirenen auf. Großalarm. Die Ammersbeker Ortswehren und die Bargteheider Wehr rücken aus. Die Hauptstraße wird gesperrt. Auch der Katastrophenschutz rückt aus: Vor dem Alten Dorfkrug wird eine mobile Küche aufgebaut, außerdem ein mobiler Leitstand. Die Helfer stellen sich auf einen längeren Einsatz ein. Die Hamburger Berufsfeuerwehr will Sandsäcke liefern.

10.30 Uhr. Helfer und Säcke sind da. Kreisbrandmeister Gerd Riemann auch. Wie ein Deichgraf steht er, die Stiefel im Wasser, auf dem Scheitelpunkt des matschigen Walls, und grübelt. "Wenn wir hier dichtmachen, läuft das Wasser auf der Bünningstedter Seite über. Wenn wir dort eindämmen, wird der Druck hier größer."

Zu groß womöglich? Auf der autoleeren Straße sind ungewöhnlich viele Menschen unterwegs. Anwohner, die Sorgenfalten auf der Stirn tragen, Menschen wie Renate Friederich. "Wenn der Damm bricht", sagt sie und deutet den Schwarzen Weg hinunter, "dann klappen unsere Häuser dort wie Dominosteine zusammen. Eines nach dem anderen." Ihr Mann Erhardt ist ärgerlich: "Das liegt alles nur daran, dass der Eigentümer des Geländes den Wasserstand nicht ordentlich reguliert hat." Die ehemalige Fischzucht stehe leer, niemand habe sich um die Wehre gekümmert.

Bürgermeister Horst Ansén weist derlei Vorwürfe zurück. "Wenn es drei Tage lang ununterbrochen regnet, ist der Eigentümer nicht dafür verantwortlich zu machen", sagt er. Und fügt sichtlich angespannt hinzu: "Die Sorge, ob der Damm hält, wird uns begleiten, bis der Einsatz losgeht." Der Umweltausschussvorsitzende Dinant Steenhagen (CDU) sagt: "Der liebe Herrgott ist schuld. Er hat es einfach zu doll regnen lassen." So etwas habe er in Ammersbek jedenfalls noch nie erlebt.

"Noch vier Zentimeter, dann saufe ich mit meinem Haus ab"

Jürgen Reske, der seit mehr als 50 Jahren in dem Viertel lebt, auch noch nicht. "Noch vier Zentimeter, dann saufe ich mit meinem Haus ab", sagt er - und macht Fotos mit seiner Digitalkamera.

13 Uhr. Feuerwehrleute verkleinern sowohl an der Straße Im Wiesengrund als auch am Bünningstedter Feldweg mit Sandsäcken den Zufluss zum größten der Timmerhorner Teiche. Das zeigt Wirkung. "Es läuft nicht mehr so doll über", sagt Kreisbrandmeister Riemann. Landwirt Hans-Jürgen Wriggers, Vorsteher des Gewässerpflegeverbands Ammersbek-Hunnau ("Wir haben damit gar nichts zu tun") teilt Riemanns Einschätzung. "Das Problem ist, dass immer mehr Flächen versiegelt werden. Wasser kann heutzutage nicht mehr im Boden versickern", sagt er.

Unterdessen fragt jemand, ob die Anwohner eigentlich schon offiziell gewarnt worden seien. Die örtlichen Feuerwehrleute verneinen. Aber nun drohe ja auch kaum noch Gefahr. 14.48 Uhr. Die THW-Pumpe läuft.