Die Fördertöpfe des Konjunkturprogramms II sind noch gut gefüllt. Doch es gibt Kritik am Vergabeverfahren der Gelder.

Ahrensburg. Die Millionenbeträge aus dem Konjunkturprogramm II sind noch nicht einmal zur Hälfte ausgegeben. Von den insgesamt 374,8 Millionen Euro, die Bund und Land in Schleswig-Holstein zur Verfügung stellen, hatten laut Kieler Finanzministerium bis Januar 2011 erst rund 173 Millionen Euro die Firmen erreicht. Mittlerweile hat sich die Wirtschaftskrise, die mit dem Geld bekämpft werden sollte, längst verflüchtigt. "Deutschland befindet sich in der schwersten Rezession seit Bestehen der Bundesrepublik": So alarmistisch hatte die schleswig-holsteinische Landesregierung im Juni 2009 die wirtschaftliche Lage geschildert. Und weiter: "Die Auswirkungen der weltweiten Situation werden sich in ihrer ganzen Dimension voraussichtlich erst im Laufe des Jahres 2009 zeigen." Deshalb müsse gegengesteuert werden. "Vorrangig wird es darum gehen, kurzfristig Aufträge für Handwerker und mittelständische Unternehmen in Schleswig-Holstein zu vergeben." Der Weg für eine schnelle Umsetzung sei nun frei.

War er offenbar doch noch nicht. Im März 2010, knapp ein Jahr nach Veröffentlichung der Förderrichtlinien, waren nach Angaben des Landesfinanzministeriums noch nicht einmal zehn Prozent der Fördermittel von Bund und Land ausgegeben. Kurz darauf mehrten sich allüberall im Land die Aussagen von Firmenchefs, dass die Krise eigentlich überwunden sei. Eine Konjunkturumfrage der Handelskammer Schleswig-Holstein ergab im Juni, dass nur 15 Prozent der Betriebe ihre Geschäftslage als schlecht bezeichneten.

Angesichts des finanziellen Kraftakts Konjunkturprogramm, der die Verschuldung des Staates natürlich in die Höhe treibt, stellt sich die Frage, ob er denn dem Handwerk vor Ort geholfen hat. Eine klare Antwort ist dazu nicht zu bekommen.

Ulf Grünke, der Pressesprecher der Handwerkskammer Lübeck, sagt dazu: "Unsere Betriebe wissen in der Regel nicht, ob ihre Aufträge mit Geld aus dem Konjunkturprogramm bezahlt werden oder mit anderem Geld." Tatsache sei, dass das Programm erst spät "ins Rollen gekommen" sei.

Adelbert Fritz, der Geschäftsführer der Stormarner Handwerkerschaft, sagt: "Die Betriebe haben schon irgendwie profitiert von dem Programm, aber Genaueres kann ich nicht sagen." Es sei alles viel zu langsam gegangen. "Da ist genau das passiert, was wir von Anfang an prophezeit haben: Das recht umständliche Prozedere der Fördermittel-Beantragung beim Ministerium hat die Bewilligung verzögert." Es habe Gemeinden gegeben, die ihre Anträge vier- oder fünfmal hätten stellen müssen.

Außerdem hätten sich die Kommunen mit der freihändigen Vergabe der Aufträge schwergetan. "Wir hätten uns da mehr Mut gewünscht, diese Möglichkeit auch in Anspruch zu nehmen", sagt Fritz. Tatsächlich hatte das Land den Kommunen extra fürs Konjunkturprogramm II das Recht eingeräumt, Aufträge bis zum Wert von 100 000 Euro ohne zeitraubende Ausschreibung zu vergeben. Thomas Schreitmüller, Bürgermeister von Barsbüttel und Vorsitzender des Stormarner Gemeindetags, sagt dazu: "Um auf der rechtlich sicheren Seite zu sein und nicht etwa noch Klagen von Betrieben zu provozieren, die einen Auftrag nicht bekommen haben, ist diese Regelung nicht so häufig angewendet worden, wie es möglich gewesen wäre."

Im Kieler Finanzministerium ist man im Großen und Ganzen zufrieden mit dem Konjunkturprogramm. "Sicher wäre es wünschenswert, dass es mit der Umsetzung schneller gehen würde", sagt Pressesprecher Torsten Borchers. Aber schon allein die Erwartung kommender Aufträge habe positive Folgen gehabt, so Borchers. "Die Firmen entlassen ihre Beschäftigten nicht, wenn sie wissen, dass demnächst wieder Arbeit da ist." Die Kommunen seien im Übrigen nicht ganz unschuldig daran, dass das Geld noch nicht ausgegeben sei. Borchers: "Viele haben verspätet angefangen. Obwohl wir gesagt haben: 'Sobald ihr auf der Liste der zu fördernden Projekte steht, könnt ihr loslegen.'"

Aber es hat eben alles seine zwei Seiten. Bei den Handwerkern freut man sich darüber, dass vom großen Kuchen Konjunkturprogramm erst knapp die Hälfte vertilgt ist. "Ist doch gut, wenn da jetzt noch was kommt", sagt Ulf Grünke von der Handwerkskammer. Und es kommt tatsächlich noch einiges, denn die noch nicht ausgezahlten Gelder sind allesamt schon verplant und werden in den kommenden Monaten in Baustellen aller Art fließen.

Auch in Barsbüttel wird noch gebaut. Die Grundschule Willinghusen wird energetisch saniert. Bürgermeister Thomas Schreitmüller findet nicht, dass die Anträge fürs Konjunkturprogramm sehr kompliziert gewesen sind. "Das Förderprogramm zur Beseitigung winterbedingter Straßenschäden war da viel schlimmer", sagt er. Dennoch hat er einen Vorschlag, wie die Bekämpfung künftiger Wirtschaftskrisen viel schneller vonstatten gehen könnte. "Überweist den Kommunen einfach Geld entsprechend ihrer Einwohnerzahl, ohne Bedingungen. Dann können wir uns die ganze Antragsbearbeitung im Ministerium sparen. Wir geben das Geld dann schon aus, da muss sich keiner sorgen."