In Bargteheide sprechen Männer darüber, wie sie nach einer Trennung den Kontakt zu ihrem Nachwuchs nicht verlieren

Bargteheide. Sie sitzen im Kreis. Wer gerade an der Reihe ist, steht absolut im Mittelpunkt. Keiner unterbricht. Keiner macht dumme Bemerkungen. Wer gerade dran ist, muss oft Pausen machen, um den Satz herauszukriegen. Dann ist es ganz still in der Runde verlassener Väter. Still, aber nicht trübselig. Es fällt schwer, sein Herz vor anderen auszuschütten. Schwäche zu zeigen, kostet Überwindung. Die Stille ist der Respekt vor dem Mut.

Alle Männer im Väterkreis des Bargteheider Kinderschutzbunds sind von den Müttern ihrer Kinder getrennt oder geschieden. Und bei allen lauert die Frage: Warum hat es bei mir nicht geklappt? "Es geht es aber nicht um Scheidungsberatung oder Männer-Selbsterfahrung. Das Kind steht im Mittelpunkt", sagt der Sozialpädagoge Marius Neuhaus, der die Runde von Anfang an leitet - seit nun schon zehn Jahren.

Hans-Peter (alle Namen geändert) kommt seit drei Jahren. Er hat vier Kinder im Alter von vier bis 14 Jahren. Dreieinhalb Jahre hat er sie nicht gesehen. "Die Mutter will das nicht. Und vom Gericht wird das als Kindeswohl dargestellt. Man sollte die Kinder selbst hören", sagt der 43-Jährige. Er ist wütend und doch irgendwie gefasst. Das Gefühl, seiner Ex-Frau und den Gerichten ausgeliefert zu sein, ist sein ständiger Begleiter. In der Bargteheider Gruppe kann er darüber reden.

Bei Andreas ist die Wunde noch frisch. Der 49-Jährige ist erst das zweite Mal dabei. "Ich bin ein halbes Jahr getrennt und habe eine fünfjährige Tochter", erzählt er ganz leise. Er darf die Kleine nur am Wochenende sehen. So wie ein "Besuchsonkel". Bei diesem Wort bröckelt die Fassade. Er muss schlucken. Nach einer Weile erzählt er weiter: "Ich bin Freiberufler, ich war jeden Tag zu Hause und habe das Kind jeden Tag mit erzogen. Und jetzt habe ich ein Erziehungsverbot! Das begreife ich nicht. Man nimmt mir die Lebensqualität, mit meinem Kind zusammen zu sein." Jetzt kommen Tränen.

Jürgen ist seit fast drei Jahren in der Runde. 2005 trennte sich seine Frau von ihm. Ein Jahr später feierte das Paar wieder Versöhnung. Die Hoffnung war trügerisch. "Sie verschwand in einer Nacht- und Nebelaktion, im vierten Monat schwanger. Es kam nur noch ein Brief", erinnert sich der 46-Jährige. Erst ein halbes Jahr nach der Geburt konnte er seine Frau und das Baby sehen. Jetzt ist die Große acht und die Kleine vier Jahre alt. Zur älteren Tochter hat Jürgen seit einem dreiviertel Jahr keinen Kontakt mehr. Die Kleine darf er alle 14 Tage am Wochenende zu sich holen. "Aber ohne Übernachtung", sagt Jürgen. Seit dreieinhalb Jahren kämpft er um die Reste seines ehemaligen Familienglücks: um ein Besuchsrecht. "Die Große hat gesagt, sie möchte Papa sehen. Aber das zählt nicht. Die Richter entscheiden nicht gegen den Willen der Mütter."

Der 62-jährige Harald hat die gleichen Erfahrungen gemacht: "Wenn die Mutter nicht mitspielt, hast du keine Chance. Meine Frau spricht seit zweieinhalb Jahren nicht mehr mit mir." Harald ist das zweite Mal verheiratet. Seine erste Frau starb im 15. Jahr ihrer Ehe. "Eigenartig", sinniert er, "auch beim zweiten Versuch war es nach 15 Jahren vorbei. Ich habe ihr zum Geburtstag eine Reise nach Tunesien geschenkt. Sie ist allein gefahren und hat mich betrogen. Ich habe über einen anonymen Brief davon erfahren." Das Paar kam wieder zusammen. "Dann war ich so blöd, ihr noch einmal eine Reise nach Tunesien zu schenken. Nach dem Motto, man muss verzeihen können. Sie hat ihn wiedergesehen. Das war das Ende. Die Kinder zogen zur Mutter. Sie hat ihnen den Umgang mit mir ausgeredet." Seit einem Jahr hat er sie nicht gesehen.

Bei Jürgen haben die Gespräche schon einiges bewegt: "Ich war immer auf Rache aus. Hier habe ich gelernt, dieses Gefühl abzubauen." Gruppenleiter Marius Neuhaus sagt es so: "Wir wollen Brücken bauen." Jürgen gibt zu, dass er sich ausgebootet und betrogen fühlt. "Aber ich muss konstruktiv rangehen", sagt er, "denn es geht um meine Kinder."

Mehr als ein Stunde dauert die erste, persönliche Gesprächsrunde. Die Atmosphäre ist hochemotional, aber nicht vergiftet. Wer Gefühle rauslässt, spricht über sich, über das Jugendamt und die Gerichte. In einem Punkt herrscht Einigkeit: Die Rechte der Väter müssen gestärkt, die Besuchsregelungen reformiert werden. "Das müttergeprägte Familienrecht ändert sich langsam. Aber die alten Strukturen sind noch spürbar", sagt Marius Neuhaus. Er wird akzeptiert, denn er weiß, wovon er spricht. Er ist selbst Trennungsvater, hat die Besuchszeiten aber einvernehmlich regeln können.

Es ist Zeit für eine Pause bei Kaffee und Keksen. Die Männer stehen wie bei einem Klassentreffen zusammen. Man kennt sich, ähnliche Erfahrungen schaffen Vertrauen. Aber man sieht sich nur zu bestimmten Gelegenheiten. Manche schütteln sich die Hände, andere nehmen sich kurz in den Arm. Dann geht es in die Themenrunde.

Wie hat sich Vaterschaft verändert? Zuerst kommt die Frage nach dem alten Rollenbild. Die Männer nehmen Filzer und grüne Kärtchen. Wieder ist es still im Raum. Nach und nach wandern die Zettel mit den Stichworten auf de Boden: Respektperson ist da zu lesen, Geldverdiener und verantwortungsbewusst, aber auch bezugsunfähig, keine Tränen und wenig Zeit für Kinder. Und wie ist es heute? Jetzt kommen rote Kärtchen. "Windeln wechseln" steht auf eine Karte. Auf einer anderen "90 Prozent bei der Geburt dabei".

Eine Diskussion beginnt. Wieder beeindruckt die Sachlichkeit, die freundliche Art und die Offenheit. Ein Ergebnis gibt es nicht. Welches auch? Dann überrascht Volker, 50, mit einer Erkenntnis: "Ich bin nur ein 20-Prozent-Papa. Aber das ist auch etwas." Seit fünf Jahren ist er getrennt, seit fünf Jahren kommt er zum Väterkreis. "Das hat mir geholfen", sagt Volker, "es interessiert mich nicht mehr, was die Mutter macht. Es geht um meinen Beitrag. Ich definiere mich als eigenständige Person." Trennung könne auch qualifizieren, meint der Sozialpädagoge. Harald ist irritiert: "Eine gewagte These."