Kabarett-Fans erfuhren im Ahrensburger Marstall alles Wissenswerte über Wikileaks und warum die Akropolis in Trümmern liegt

Ahrensburg. Auf dieser "Intensivstation" ging es reichlich munter zu. Wenn Tränen flossen, dann weil es einfach zu komisch war. Nach dem Motto: Humor ist die beste Medizin, erhielten die Besucher im Marstall eine Spezialbehandlung. Sie dauerte fast drei Stunden. Kapazitäten wie der Ahrensburger Horst Schroth und der Franzose Alfons gingen mit geschliffenen Worten und herrlichem Nonsens zu Werk, setzen zielgenaue Pointen. Auch der Deutsch-Türke Fatih Cevikkollu, Arnulf Rating, Jochen Malmsheimer, und andere Kabarettgrößen waren herbeigeeilt. Mit Erfolg. Die 250 Besucher verließen die "Intensivstation", die diesmal als satirischer Jahresrückblick gestaltet war, mit einem Lächeln. Allerdings hatten sie selbst Anteil am Gelingen. Denn wie es sich gehört, wurde auch auf die Selbstheilungskräfte und das Mittun gesetzt.

So brachte TV-Moderator Axel Naumann die Besucher gleich zu Beginn des Live-Mittschnitts auf Touren. Das musste zwar erst zweimal geprobt werden. Aber dann klappt es. "Guten Abend Ahrensburg", rief der Fernsehmann. Die Antwort: ein ohrenbetäubender Mix aus Applaus, Fußgetrampel, Pfiffen und Gejohle. Das konnte sich hören lassen. Die Stimmung war top.So konnte die Aufzeichnung der NDR-Kabarettsendung für Funk und Fernsehen beginnen. Als alles vorbei war, sagte der Moderator: "Sie waren super. Wir kommen wieder."

Super war auch der reibungslose technische Ablauf. In rund drei Stunden waren drei Stunden Sendezeit im Kasten, zwei für den Hörfunk, eine für das Fernsehen. Gestern wurde bereits die erste Hälfte des Mitschnitts auf NDR Info ausgestrahlt. Der zweite Teil wird am Montag, 27. Dezember gesendet, von 21.05 bis 22 Uhr. Der Mitschnitt fürs NDR-Fernsehen ist morgen ab Mitternacht zu sehen. Das Publikum musste mitspielen, an der richtigen Stelle klatschen, Pause machen und den ständigen Wechsel zwischen Funk und Fernsehen gelassen hinnehmen. "Wir sind im Dezember 2008 mit der Sendung gestartet", sagt Hörfunkredakteur Stephan Fritzsche, der die Idee für die wöchentlich ausgestrahlte Kabarettsendung hatte. Einmal im Monat geht das Team auf Tour. Fritzsche: "Das Konzept ist erfolgreich. Deswegen ist das Fernsehen aufgesprungen." Die Fernsehleute waren schon am Mittwoch angereist. Drei Tage dauerte der Aufbau. Zwei Beleuchtungsbrücken wurden zusätzlich installiert. Die Bühne aufgebaut, Kabel verlegt. "Die kamen hier mit 60 Rollcontainern an. Das sah nach Chaos aus. Aber jeder wusste, was er zu tun hatte. Fasziniernd", sagte Hans Jaeckel, der sonst im Marstall für den Ton zuständig ist.

All das spricht für hohe Professionalität aller Beteiligten. Die hatten jedoch trotz höchster Konzentration selbst ihre Spaß, lachten über die Schlagfertigkeit der Kollegen und mussten selbst bei Hängern und kleinen Stolperstellen losprusten. "Mensch, das ist der falsche Zettel. Aber wieso steht hier auch überall eine Eins", platzte Moderator Axel Naumer los. "Du, das da ist ein Buchstabe. Das musst Du schon unterscheiden können. Also los, mach hier weiter", entgegnete Jochen Malsheimer höchst amüsiert. Und schon setzte der Moderator, in diesem Fall Dr. Ups, seinen Text fort: nuschelnd und von zahlreichen Hicksern unterbrochen. Denn in dieser Szene ging es um die Segnungen des Alkohols und den genialen Einfall, den Spiritus doch zerstäubt über Klima- und Belüftungsanlagen zu verabreichen. "Na dann", wandte sich Jochen Malsheimer aufmunternd an die Besucher der "Intensivstation", "Nase hoch und einen kräftigen Atemzug nehmen." Das Publikum fand diesen Rat Klasse und lachte Tränen.

Horst Schroth erinnerte mit genialer Wortgewandtheit an das Rauchverbot, schilderte die Bedrängnis der auf Entzug im Restaurant sitzenden Raucher und führte mit komödiantischer Freude ihre bibbernden Zusammenkünfte unter den nicht wirklich wärmenden Heizpilzen vor den Lokalen vor. Alfons steuerte zum Jahresrückblick einen Umfrage zum Euro und zur Wirtschaftskrise bei: "Sind Sie dafür, dass Ein-Euro-Jobber nach Griechenland geschickt werden, um die Wirtschaft dort anzukurbeln?" Die ältere Dame neben ihm sagte: "Aber natürlich." Dass in Athen alles in Trümmern liegt, konnte sie kaum fassen. "Selbst die Akropolis?" Sie war entsetzt. Zum Schluss des eingespielten Films stellte nun die alte Dame eine Frage an Alfons: "Sagen Sie mal, sie kennen sich so gut aus: Sind sie Grieche?" Alfons guckte verdutzt, das Publikum im Marstall tobte. Höhepunkt des Programms war das Hörspiel. Die Geschichte über die Jagd nach dem Code, um die Daten von Wikileaks zu retten, war ziemlich verworren. Aber wie die Komiker den Blödsinn mit verteilten Rollen vorlasen und eine NDR-Mitarbeiterin kläffte wie ein Hund, stöhnte, ächzte, Pferdegetrappel imitierte und die gesamte Geräuschpalette beherrschte, war genial.