Städte und Gemeinden protestieren gegen Pläne der Landesregierung, alle Kommunen an den Kosten zu beteiligen

Ahrensburg. Das Wasser ist weit weg: Sowohl Ost- als auch Nordsee haben sich in Stormarn lange nicht mehr sehen lassen. Umso überraschender ist es, dass nun offenbar auch Regionen, in denen die Überflutungsgefahr ungefähr so gering ist wie die Lawinengefahr, an der neuen Küstenschutzabgabe beteiligt werden sollen. Die Landesregierung prüft jedenfalls, ob eine Umlage der Kosten für den Küstenschutz auf alle Städte und Gemeinden möglich ist.

Bei deren Landesverbänden stößt das nicht auf Begeisterung. "Die Kommunen sind nicht die Reservekasse des Landes", sagt Jörg Bülow, Geschäftsführer des schleswig-holsteinischen Gemeindetags. Thomas Schreitmüller, Vorsitzender des Gemeindetags in Stormarn, sagt: "Hier werden einmal mehr Ideen auf den Markt geworfen, ohne zuvor mit denen zu sprechen, die die Zeche zahlen müssen."

Für die CDU/FDP-Regierung ist die Küstenschutzabgabe Teil ihres Sparprogramms. Sechs Millionen Euro pro Jahr sollen in die Kasse kommen. Zahlen sollte ursprünglich jeder Schleswig-Holsteiner, dessen Grundstück in überflutungsgefährdeten Küstenniederungen liegt. Rund 300 000 Menschen leben in diesen Gebieten.

In der CDU-Fraktion gab es Kritik an dem Vorhaben. Um bei der Abstimmung über den Landeshaushalt ihre knappe Mehrheit zu sichern, zauberte die schwarz-gelbe Koalition deshalb kurzerhand eine andere Idee aus dem Hut. Im meerumschlungenen Schleswig-Holstein sei Deichbau eine Gemeinschaftsaufgabe, also müssten alle Kommunen ihren Teil dazu beitragen. Das könnte zum Beispiel dadurch geschehen, dass das Land die den Kommunen zustehenden Gelder aus dem Finanzausgleich pauschal um sechs Millionen Euro kürzt.

Thomas Schreitmüller sieht durchaus, dass dieser Vorschlag einen Vorteil hat: "Der bürokratische Aufwand, jeden einzelnen Grundstückeigentümer in den Überflutungsgebieten zu der Abgabe heranzuziehen, ist enorm groß. Wenn es darum geht, eine weniger bürokratische Lösung zu finden, wollen wir uns dem nicht verschließen." Eines sei aber klar: "Eine Kürzung des Finanzausgleichs werden wir nur hinnehmen, wenn es eine vollständige Kompensation dieses Betrages gibt. Das Land könnte zum Beispiel auf teure Aufgaben verzichten, die wir bislang noch erfüllen müssen."

In der Tat dürfte mancher Grundstückseigentümer überrascht sein, falls er demnächst einen Gebührenbescheid in der Post finden sollte. Die Küstenschutzabgabe würde nämlich auch in Regionen fällig werden, die fernab der Küste liegen: beispielsweise in Elmshorn und in Teilen von Rendsburg. Ob die Einsicht weit verbreitet ist, dass ein Deich in vielen Kilometern Entfernung mit Geld aus dem Landesinneren bezahlt werden muss, darf bezweifelt werden. Wahrscheinlicher ist, dass sich die Bürger massenhaft mit Widersprüchen gegen die Gebührenbescheide wehren werden. Und das treibt wiederum die Bürokratiekosten in die Höhe. Deshalb könnte es durchaus passieren, dass auch Stormarn demnächst in irgendeiner Form für den Schutz einer Küste zahlen muss, die der Stormarner nicht so unbedingt auf dem Schirm hat.

Das Land investiert jährlich etwa 60 Millionen Euro in den Erhalt un in den Ausbau der Küstenschutzanlagen. 28 Millionen zahlt Schleswig-Holstein selbst, der Rest kommt vom Bund und von der EU. Der Betrag wird in den kommenden Jahren vermutlich steigen, weil Wissenschaftler annehmen, dass die Meeresspiegel langfristig steigen werden. Nur höhere Deiche können Schleswig-Holstein dann noch vor dem Untergang bewahren.

Das Kabinett hatte deshalb im Juli beschlossen, im Jahr 2012 eine Küstenschutzabgabe einzuführen. Umgehend wurde eine interministerielle Projektgruppe eingeführt, die "Lösungsansätze für ein gerechtes, pragmatisches und unbürokratisches Erhebungsverfahren" liefern sollte. Der Begriff des "Vorteilhabenden" wurde geboren. Das ist der Grundstückseigentümer, dessen Eigentum sicherer wird, wenn die Deiche in Schuss gehalten werden. Eine Berechnungsgrundlage war schnell gefunden - der Einheitswert der Grundstücke. Ein Supermarktbesitzer im Elbegebiet hätte für sein 25 000 Quadratmeter großes Grundstück etwa 1200 Euro im Jahr zahlen müssen, ein Hausbesitzer (158 Quadratmeter Wohnfläche) 57 Euro im Jahr.

Doch diese Vorarbeit der Projektgruppe ist nun offenbar Makulatur. Bis zu einer endgültigen Regelung der Küstenschutzabgabe wird noch viel Wasser gegen die Deiche schwappen.