Eltern und Politiker besorgt nach dem Bruch des Hamburger Regierungsbündnisses

Ahrensburg. Das laute Krachen, mit dem in Hamburg die schwarz-grüne Regierungskoalition zusammengebrochen ist, wurde auch in Stormarn gehört. Die Beurteilung der Vorfälle im Nachbarbundesland gehen naturgemäß auseinander. "Es ist bedauerlich, dass sich die Grünen aus der Verantwortung stehlen", sagt Joachim Wagner, der Chef der CDU-Fraktion im Kreistag. Er greift damit die Formulierung auf, die der Hamburger Bürgermeister Christoph Ahlhaus tags zuvor benutzt hatte, um seiner Entrüstung über das Verhalten der Grünen Ausdruck zu verleihen.

Die sehen die ganze Sache natürlich ganz anders - auch die in Stormarn.

Stefan Kehl, Fraktionschef der Grünen im Kreistag, ordnet die Vorkommnisse in den Bereich normalen menschlichen Verhaltens ein. "Wenn man merkt, dass man gemeinsam nicht mehr weiterkommt, muss man die Sache beenden", sagt er. Es sei doch verständlich, wenn man nun nicht auch noch den fünften Senatorenwechsel innerhalb kürzester Zeit mitmachen wolle.

Hat die GAL damals einen Fehler gemacht, als sie sich auf diese Koalition eingelassen hat? "Mit Ole von Beust waren das ganz andere Voraussetzungen, anfangs hat das ja auch ganz gut geklappt", findet Kehl. Und spricht damit eine der wenigen Einschätzungen aus, die Joachim Wagner mit ihm zu teilen vermag. "Die Koalition hatte sich eigentlich gut angelassen", sagt er. "Aber dann sind den Grünen die Projekte abhandengekommen. Und das haben sie selbst zu verantworten - zum Beispiel das Desaster mit der Schulreform." Auch bei der Stadtbahn habe sich zuletzt abgezeichnet, dass sie nicht realisierbar sei. "Die Kosten sind ja viel zu hoch", sagt er. Dass die Grünen ihren Rückzug jetzt mit den häufigen Senatorenwechseln begründen, findet er "ein bisschen schräg".

Die Politiker der anderen, nicht direkt beteiligten Parteien stehen ein bisschen verwundert vor dem Hamburger Schauspiel namens Koalitionsbruch. "Ich finde es schon erstaunlich, dass das jetzt zu diesem Zeitpunkt passiert", sagt Hedda Bluschke, Kreistagsabgeordnete der FDP. Sie habe von vornherein den Eindruck gehabt, dass die Schnittmengen bei den Programmen der beiden Partner nicht besonders groß gewesen seien. "Diese Koalition wurde eher von den Personen getragen, nicht aber von gemeinsamen politischen Zielen", sagt sie. Das Scheitern zeige noch einmal sehr deutlich, wie wichtig eine gute Stimmung zwischen den Protagonisten einer solchen politischen Allianz sei.

Diese Stimmung ist nun dahin. Dahin ist auch die Hamburger Schulsenatorin Christa Goetsch (GAL). Sie wurde gestern entlassen. Ihren Geschäftsbereich übernimmt zusätzlich der Sozialsenator Dietrich Wersich (CDU). Was bedeutet der Koalitionsbruch für das Gastschulabkommen, bei dem Goetsch bisher federführend war? Diese Frage bewegte am Montag Eltern und Politiker in Stormarn, die sich teilweise schon seit Monaten dafür einsetzen, dass sich die beiden Nachbarländer Schleswig-Holstein und Hamburg endlich einigen.

Hedda Bluschke sagt: "Ich erhoffe mir, dass das jetzt vorangeht." Martin Habersaat, der SPD-Landtagsabgeordnete, ist sich da nicht ganz so sicher. "Ich befürchte, dass der Bildungsminister Ekkehard Klug am Donnerstag in der Sitzung des Landtagsbildungsausschusses wieder nur sagen wird, dass es leider noch keine Einigung gibt." Denkbar wäre dann auch folgendes Szenario: dass die Verhandlungen über ein neues Gastschulabkommen aufgeschoben werden, bis im Februar die neue Hamburger Bürgerschaft gewählt wird. "Das wäre fatal", so Habersaat.

Die Ahrensburgerin Andrea Meyer-Stoll, deren Kinder eine Waldorfschule in Hamburg besuchen, ist in Zweifel, ob der Rückzug der GAL und der Schulsenatorin positiv oder negativ zu werten ist. Sie will auf jeden Fall zusammen mit mehreren hundert weiteren Eltern am Donnerstag um 14 Uhr vor dem Landtag für ein neues Gastschulabkommen demonstrieren.

Habersaat sieht derweil "sehr gute Chancen" für die Hamburger Sozialdemokraten, bei der Bürgerschaftswahl zu punkten. "Der Spitzenkandidat Olaf Scholz wird von ganz vielen Hamburgern gewollt", sagt er. Und die GAL würde auf jeden Fall mit der SPD besser fahren als mit der CDU. "Dass Christoph Ahlhaus keiner ist, der grünen Positionen nahesteht, war doch klar."