Lehrer registrieren ausländerfeindliche Tendenzen unter Schülern. Infoabend in Reinfeld

Reinfeld. "Wir haben ein Problem mit rechtsradikalen Tendenzen", sagt Heiko Winckel-Rienhoff, Vorsitzender der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW) in Reinfeld. Er ist Lehrer an der Erich-Kästner-Schule, sagt: "Ich bekomme im Unterricht von meinen Schülern öfter einmal abfällige Bemerkungen über Ausländer zu hören." Es seien Sprüche wie "die nehmen uns die Arbeitsplätze weg", oder "was wollen die Asylbewerber hier bei uns?" Winckel-Rienhoff: "Einige Schüler schätzen, dass es in Deutschland 60 bis 70 Prozent Ausländer leben. Sie sind sehr erstaunt, wenn ich ihnen die richtigen Zahlen nenne."

Die Reinfelder GEW hat deshalb für Donnerstag, 2. Dezember, eine Informationsveranstaltung für Lehrer, Eltern und Schüler organisiert. Christa Limmer von der Landesarbeitsstelle der Aktion Kinder und Jugendschutz gibt Informationen zum Radikalismus unter Jugendlichen und Hinweise für den Umgang mit dem Thema in der Schule und bei der Jugendarbeit. Beginn der Veranstaltung ist um 16 Uhr im Mehrzweckraum der Immanuel-Kant-Gemeinschaftsschule in Reinfeld (Bischofsteicher Weg 75 b). Winckel-Rienhof sagt: "Ziel ist es, andere zu sensibilisieren, Meinungen auszutauschen und Hilfe zu bekommen, wie ich als Lehrer am besten reagieren kann."

Auch Michael Scholz, Leiter der Immanuel-Kant-Schule, hat bereits von Schülern rechtsextreme Sprüche gehört. Er sagt: "Die Lehrer sind teilweise verblüfft, wenn sie so etwas zu hören bekommen. Entscheidend ist, dass sie die Sprüche sofort zurückweisen." Die Pädagogen müssten in solchen Fällen herausfinden, ob der Schüler nur provozieren wolle, oder von seinen Aussagen wirklich überzeugt sei. Scholz wisse von einzelnen Schülern, die so denken, es aber nicht öffentlich machen würden. Er sagt: "Wenn wir etwas erkennen, greifen wir ein. Wir lassen keinen Raum für Rechtsradikalismus." Der Schulsozialarbeiter werde beauftragt, sich um solche Schüler zu kümmern. "Wir versuchen, ihnen klar zu machen, dass die Welt nicht schwarz oder weiß ist", sagt der Schulleiter. Ein großes Problem gebe es an seiner Schule jedoch nicht, betont er. "Die Zahl solcher Fälle ist gering."

Heiko Winckel-Rienhoff hat bei einigen Jugendlichen auch schon fehlendes Demokratieverständnis bemerkt. "Sie regen sich zum Beispiel darüber auf, dass europäische Entscheidungsprozesse so lange dauern", sagt der Lehrer. Er müsse ihnen dann immer wieder erklären, wie Demokratie funktioniert. Zudem kämen immer einmal wieder Schüler in Kleidung der Marken in den Unterricht, die der rechten Szene zugeschrieben werden. Darauf müsse die Schule reagieren. Winckel-Rienhoff: "Deshalb ist es wichtig, dass wir uns darüber austauschen, was im Klassenzimmer eigentlich so los ist."

Dass es in Stormarn genügend Gründe gibt, sich mit dem Thema Radikalismus auseinander zu setzen, zeigen die Vorfälle in Bargteheide vom Sommer dieses Jahres. Ende Mai waren dort linke und rechte Gruppen aneinander geraten. Vier Menschen im Alter von 18 bis 21 Jahren waren dabei zum Teil schwer verletzt worden. Einige Wochen später hatten Neonazis vor dem Bargteheider Stadthaus eine Mahnwache mit Kundgebung abgehalten. Vertreter von Parteien, Vereinen und Verbänden hatten sich daraufhin zu einer Allianz gegen Gewalt und Intoleranz zusammengeschlossen. 500 Menschen demonstrierten Anfang Juli für ein friedliches Bargteheide.