Im Interview spricht NDR-Kult-Reporter Alfons über den Charme von Städten, Schwarzbrot, Sarkozy und Schlossgespenst Michael Sarach

Hamburger Abendblatt:

Haben sie schon einmal darüber nachgedacht, warum Sie so ein komischer Typ sind?

Alfons

Ich bin nicht komisch, sondern Journalist. Aber ich habe gleich gemerkt: Ihr Deutsche lacht Euch alle tot, wenn ich eine Reportage mache. Man könnte sich beleidigt fühlen. Aber ich lebe davon. Das ist okay.

Sie tragen eine orangefarbene Jacke. Damit man Sie im Dunkeln besser sieht?

Ja genau. Die Deutschen fahren so komisch Auto. Wir in Frankreich haben ein anderes System. Wir beachten nicht wirklich die roten Ampeln, aber dafür überfahren wir weniger Leute. Die Jacke ist mein Sicherheitspaket.

Sie sind in Paris geboren, sie leben in Hamburg. Jetzt treten sie in Ahrensburg auf. Drei echte Weltstädte.

Ahrensburg ist am schönsten.

Kennen Sie Ahrensburg überhaupt?

Bien sûr. Ich habe hier schon auf dem Wochenmarkt gedreht. Die Sonne hat geschienen. Und das in Norddeutschland. Das habe ich mir gemerkt.

A propos Wochenmarkt: Jetzt gibt es Pläne, die Tiefgarage unter dem Wochenmarkt auszubauen. Dann könnten die Autos vom neuen Einkaufszentrum bis zum Kaufhaus Nessler fahren.

Ahrensburg 21 en miniature? Das finde ich sympathisch, denn dann gäbe es Proteste. Und ich mag das, wenn die Deutschen protestieren. Stuttgart würde ich mir gerne angucken. Aber das ist so weit weg. Herr Sarach und Herr Thiele: Machen Sie das auf jeden Fall. Und Bürger für Ahrensburg: Sie müssen protestieren. Das gibt es doch nicht. Ich bereite schon das Terrain vor.

Und wenn man die Autos oben ließe und die Menschen nach unten verfrachtete? Dann müsste man auch nicht mehr den hässlichen Rathausplatz sehen.

Nein, nein. Das ist beleidigend. Ahrensburg ist so schön. Allein das Schloss!

Wenn dort die Stelle für ein Schlossgespenst ausgeschrieben würde, würden Sie sich bewerben?

Nein, aber der Bürgermeister könnte den Job übernehmen. Das wäre wirklich eine Attraktion.

Was sagen Sie zum Muschelläufer? Das Kunstwerk wird von vielen gehasst. Meinen Sie nicht, es wäre an der Zeit, dass Sie mit Ihrem Puschelmikrofon mal aufs Rondeel gehen sollten und den Muschelläufer fragen, was er über die barocke Achse und das Stadtbild denkt?

Das wird man wohl nie erfahren. Aber ich kenne die Situation aus meiner Kindheit. Wir hatten einen Platz, auf dem wir Fußball gespielt haben. Dann wurde dort ein 30 Meter hohes Kunstwerk aufgestellt. Ein völlig verrostetes Metallding. Wir haben uns dagegen gewehrt. Wir haben das Ding beschmiert. Zum Schluss sind die älteren Jugendlichen mit einer Kettensäge gekommen, haben das Kunstwerk zerkleinert und die Teile vor dem privaten Haus des Bürgermeisters gestapelt, so dass er nicht mehr raus konnte.

Was war die Folge?

Wir konnten wieder Fußball spielen.

Aber das ist doch keine Empfehlung?

Nein, auf keinen Fall. Das ist nur eine Kindheitserinnerung.

Kennen Sie aus Kindertagen auch die Biene Maja?

Ja, natürlich.

Was verbinden Sie damit?

Karel Gott.

Der Autor des Kinderbuches ist in Ahrensburg geboren.

Das wusste ich nicht. Ich kenne das Buch aus Frankreich und fand das nett. Als Kind habe ich auf einem Bauernhof gejobbt. Da gab es viele Bienen (kratzt sich am Kopf). Die haben aber eher gestochen als gesungen.

Sie singen nicht. Sie fragen die Leute aus.

Aber nicht im Marstall. Auch nicht die in der ersten Reihe. Die kommen sonst immer dran. Bei mir nicht. Versprochen. Ich bringe die neuesten Filme mit, die noch kein Schwein gesehen hat.

Vier von sechs neuen Filmen müssen noch in den Kasten. Im November und Januar folgen Studio-Aufnahmen in Saarbrücken. Und dann sind Sie noch mit drei Bühnenprogrammen unterwegs. Unter anderem mit ihrem Lieblingsprogramm über "Die Rückkehr der Kampfgiraffen." Kann ein schwer beschäftigter Mensch mit Puschel-Mikrofon eigentlich noch Hobbys haben?

Leute interviewen ist schon mein Hobby. Die Hauptarbeit ist, das Puschelmikrofon zum Friseur zu bringen.

Und die Leute, die sie befragen, reden die wirklich solchen Blödsinn?

Ja, wie wir alle. Ich interviewe ganz normale Menschen. Das ist komisch genug.

Haben Sie sich mal überlegt, etwas Vernünftiges zu machen?

Das ist schwer. Ich bin Diplom-Ingenieur. Aber vermutlich hätte ich sehr krumme Brücken gebaut. Es ist schon gut so, wie es ist.

Wenn Sie über alles Witze machen, gibt es da auch etwas, was Ihnen heilig ist?

Heilig? (lange Pause).

Sie haben mal gesagt, den Deutschen ist der Fußball heilig.

Den Franzosen ist Fußball ziemlich egal. Kein Wunder, bei der Nationalmannschaft! Andererseits: Sieger sind bei den Franzosen gar nicht so beliebt.

Verlierer finden sie sympathischer?

Ja. Raymond Poulidor zum Beispiel. Er war immer die Nummer zwei bei der Tour de France. Aber er war der Held. Oder Tony Musulin, Fahrer eines Geldtransporters. Ein harter Job. Und schlecht bezahlt. Irgendwann ist er mit elf Millionen im Auto einfach losgefahren. Jetzt ist sein Prozess gelaufen. Alle haben gebetet, dass er nicht so viel kriegt. Ich glaube, es waren fünf Jahre. Wir wären alle für 14 Tage gewesen.

Wenn Sie kein Puschel-TV mehr machen könnten, würden Sie dann auch ein paar Millionen klauen und hoffen, dass man das sympathisch findet?

Nein. Ich würde eine Hütte auf einem Berg bauen und gucken, was passiert. Auch wenn der Puschel noch könnte.

Wie fing das mit dem Puschel denn an?

Ich musste zum Militär. Zum Glück durfte man als Ersatzdienst für eine Firma im Ausland arbeiten. Da ich schon beim Fernsehen war, habe ich im Studio Hamburg bei Premiere angefangen, weil die beim Militär in Frankreich so doof waren, dass die geglaubt haben, dass wäre eine französische Firma. Keiner hat verstanden, was das soll. Ich auch nicht. Egal. Ich war Redakteur.

Jetzt leben sie schon 19 Jahre in Deutschland. Was würden sie Tolles aus Deutschland nach Frankreich exportieren?

(Überlegt keine Sekunde) Das Schwarzbrot, die Straßenverkehrsordnung und ein paar Formulare. Uns fehlt die Leidenschaft, Formulare auszufüllen.

Und was würden Sie von Frankreich nach Deutschland exportieren?

Sarkozy, dann wären wir ihn endlich los.