Reinbeker Amtsleiterin Angelika Andres wechselt am 1. April 2011 das Rathaus

Ahrensburg. Sie lebt seit sechs Jahren im Hamburger Szeneviertel Schanze, genießt das pulsierende Leben in der Millionenmetropole. Doch auch Ahrensburg hat "einiges zu bieten", sagt Angelika Andres. Wie sich die Schlossstadt in den nächsten Jahren weiterentwickeln wird, darauf wird die 44-Jährige durchaus Einfluss haben. Denn am 1. April 2011 tritt die Bauamtsleiterin der Stadt Reinbek die Nachfolge von Wilhelm Thiele in Ahrensburg an. "Ich freue mich auf die Aufgabe", sagt Andres, "Ahrensburg ist eine absolut lebendige Stadt, die aus sich heraus leben und sich weiter positiv entwickeln kann. Städtebau kann die Identität und Unverwechselbarkeit Ahrensburgs bereichern. Das macht den Reiz aus."

Das Votum des Hauptausschusses war eindeutig. Ohne Gegenstimme sprachen sich die Mitglieder jetzt für die gebürtige Erfurterin aus. Damit setzte sich Andres gegen acht Mitbewerber durch, die in die engere Wahl gekommen waren. Insgesamt waren es 17 Bewerber gewesen.

Geboren wurde Angelika Andres in eine Architektenfamilie in Erfurt. Ihr Vater ist dort Präsident der Architektenkammer, hatte diese nach der Wende mit aufgebaut. Bis sie Anfang 2005 die Amtsleitung in Reinbek übernahm, war Andres freiberuflich tätig. An den stadteigenen Projekten Holländerbrücke war sie ebenso beteiligt wie an den Planungen zur Sanierung des Freizeitbades und des Schulzentrums. Auch die Planung des Mehrzweckplatzes Neuschönningstedt zählt zu ihren Aufgaben. Mit Investoren arbeitete Andres zum Beispiel bei der Umsiedlung von Michaelis Papierkontor und der Ansiedlung von Dello zusammen.

Nun stellt sich Andres neuen Aufgaben. Die Entwicklung Ahrensburgs habe sie in den vergangenen Jahren "mit großem Interesse" verfolgt. Besonders die Diskussionen in der Zukunftswerkstatt und die Debatte um das Integrierte Stadtentwicklungskonzept (ISEK). Sie ist Mitglied der Architektenkammer Hamburg, habe dort ihren Stormarner Kollegen Wilhelm Thiele kennengelernt. Den Mann, der im Frühjahr in den Ruhestand geht. Den Mann, von dem Andres ein schweres Erbe übernimmt. Das wisse sie, sagt Andres, wolle sich aber nicht weiter dazu äußern. Nur soviel: "Ahrensburg und Reinbek müssen mit ihrer Selbstverwaltung hohen Ansprüchen genügen." Auseinandersetzungen über Veränderungen werde es immer geben. Den Bedürfnissen der Menschen müsse "sensible Beachtung" geschenkt werden.

Was aber meint sie damit konkret? Wie zum Beispiel gefällt ihr die neue Große Straße? Oder die Klaus-Groth-Straße? "Die Entscheidung für das Einkaufszentrum an dieser Stelle war richtig. Ein gelungenes Vorhaben, vor allem angesichts knapper Flächen in der Innenstadt", sagt die Fachfrau zur Abendblatt-Regionalausgabe. Auch, wenn es eine Stadt bei der Platzierung und der Gestaltung nie allen recht machen könne. Zur Großen Straße sagt Andres: "Hier wurde eine historische Stadtachse wieder belebt. Das hat die Aufenthaltsqualität gesteigert. Ich finde die Flaniermeile gelungen." Hier könnten sich die Menschen wohl fühlen.

Auch zu den aktuellen Planspielen für den Rathausplatz hat Angelika Andres klare Vorstellungen. In ihrer Diplomarbeit und während der Dissertationsvorbereitung habe sie sich mit der Bebauung des Erfurter Domplatzes beschäftigt. Gestaltung, Material und Nutzung stünden in Bezug zueinander, bedingten einander und dürften nicht einzeln betrachtet werden. Bevor Entscheidungen getroffen werden, müsse diese "Dreieinigkeit" untersucht werden, damit sich die Ahrensburger später auf dem Platz im Ortszentrum wohl fühlen könnten. Auf diese Herausforderung freue sie sich besonders.

Hätte Angelika Andres einen Wunsch frei, die Stadt ohne jede Auflage zu gestalten, wie würde sie vorgehen? "Vom Umfeld zum Detail", sagt sie. Sich von den Randbezirken dem Zentrum nähern, ohne die Stadtachsen außer Acht zu lassen. Fakt sei, dass Ahrensburg weiter wachsen müsse, sich weiter entwickelt. Leider werde grundsätzlich zu viel über Gesetze geregelt, zu wenig über Visionen gesprochen. Dabei sei Städteplanung auch Zukunftsplanung, "nicht die Erfüllung von Paragrafen des Baugesetzbuches." Dann aber landet Andres schnell wieder auf dem Boden der Tatsachen. Sagt, als hätte ihr ein leidgeprüfter Kollege oder ein Verwaltungschef ins Ohr geflüstert: "Natürlich müssen die Bürger beteiligt werden - und ihre Anregungen müssen ernst genommen werden, um gemeinsam ein tragfähiges Konzept zu finden."

Ein Problem, das die Stadt aufgrund von Fehlentscheidungen vergangener Jahre schwerlich lösen kann, hat die künftige Amtsleiterin auch schon erkannt. Den drohenden Verkehrsinfarkt, vor dem kürzlich ein Gutachter die Mitglieder des Bauausschusses gewarnt hatte. Alle Wege führen in die Innenstadt. Und daran, so Andres, könne man wenig ändern, weil das Zentrum weiter gestärkt werden soll. Und weil es für eine autofreie City wohl kaum eine politische Mehrheit gibt.