Im überfüllten Bürgersaal stellten sich jetzt die Kandidaten für das Bürgermeisteramt der Gemeinde vor

Oststeinbek. Der Bürgersaal war voller Bürger - ein nicht alltäglicher Anblick in Oststeinbek. Rund 300 Einwohner wollten die erste Vorstellungsrunde der vier Bewerber um den Bürgermeisterposten sehen. Schon 15 Minuten vor Beginn der Veranstaltung war im Kratzmannschen Hof kein Sitzplatz mehr zu bekommen, viele Oststeinbeker mussten stehen.

Fazit nach rund zweieinhalb Stunden: Zumindest drei Kandidaten scheinen gute Chancen auf den Posten des Verwaltungschefs zu haben. Die Diplom-Verwaltungsfachwirtin Martina Denecke aus Hannover punktete mit Charme und Fachwissen. Jens-Uwe Bock, derzeit Bürgermeister der 4000-Seelen-Gemeinde Untereisesheim bei Stuttgart, bewies Eloquenz und Sachkompetenz. Der NDR-Personalrat Kai Riebesel aus Oststeinbek überzeugte vor allem mit seiner Heimatverbundenheit. Der Oststeinbeker Optikermeister Knut Ruckert blieb dagegen blass. In ihren Zielen stimmten die Kandidaten weitgehend überein. Alle vier wollen Oststeinbeks Selbstständigkeit erhalten, Älteren wie Jüngeren hier ein gutes Leben ermöglichen und mit Politikern und Bürgern gut zusammenarbeiten. Allein Jens Uwe Bock sprach auch von möglichen Kooperationen mit den Nachbargemeinden in Zeiten knapper Ressourcen.

Nachdem die SPD mit Kai Riebesel schon im September ihren eigenen Kandidaten ins Rennen geschickt hatte, nannten nun auch die CDU und die Oststeinbeker Wählergemeinschaft (OWG) ihre Favoriten. Die Christdemokraten unterstützen Martina Denecke. Sie sei die beste der Kandidaten, sagte Fraktionschef Hans-Joachim Vorbeck. Die OWG will Jens Uwe Bock. Die FDP will sich nicht festlegen.

Die Anspannung im Publikum, darunter viele ältere und nur wenige junge Gesichter, war fast greifbar zu spüren, als die Kandidaten die Bühne betraten und ihre Plätze rechts und links von Moderator Jochim Schop, ehemals Bürgermeister von Trittau, einnahmen. Per Los bestimmte der amtierende Verwaltungschef Karl-Heinz Mentzel die Reihenfolge der Vorstellungsreden. Kai Riebesel machte den Auftakt. Der SPD-Kandidat, dessen 19-jährige Töchter Hjördis und Anke samt Freunden in der ersten Reihe saßen, sprach als Bürger aus Oststeinbek: "Hier bin ich zu Hause, hier will ich Bürgermeister werden." Das, was er in zehn Jahren als Personalratsvorsitzender beim NDR für die Kollegen getan habe, wolle er jetzt für die Einwohner im Ort tun. Der 50-Jährige, der im nächsten Jahr seine gewerkschaftliche Tätigkeit beenden wird, möchte dann Bürgermeister sein.

Auf Jens Uwe Bock, Vorstellungskandidat Nummer zwei, wartete die wohl schwerste Aufgabe des Abends. Hat er doch weder Oststeinbeker Wurzeln vorzuweisen noch, wie Mitbewerberin Martina Denecke, jede Gelegenheit genutzt, um in seiner Freizeit vor Ort für sich zu werben. Der Untereisesheimer Bürgermeister hatte seinen Hut erst im Oktober als letzter in den Ring geworfen. Der verheiratete 50-Jährige führte freimütig an, ihn zögen vor allem private Gründe zurück in den Norden. Seine Mutter, die in Bremen lebe, brauche mehr Unterstützung. Er wolle künftig in ihrer Nähe leben.

Für den Oststeinbeker Optikermeister Knut Ruckert, war das öffentliche Podium noch sichtbar Neuland. Sein Vortrag geriet weniger flüssig. Er habe sich wegen der attraktiven Stellenbeschreibung um das Bürgermeisteramt beworben, sagte er. Mit seinen fast 50 Jahren Lebenserfahrung im Ort traue er sich zu, auch als Quereinsteiger Akzente zu setzen.

Martina Denecke stellte sich zuletzt vor. Die ledige Diplom-Verwaltungswirtin wusste nicht nur die CDU hinter sich, sondern auch ihren Bruder und die Schwägerin aus Neuschönningstedt im Publikum. Sie habe schon so viel Freizeit in Oststeinbek verbracht, dass sie sich hier schon fast zu Hause fühle, sagte Denecke, deren Eltern in Reinbek leben. Die 40-Jährige warf 20 Jahre Verwaltungserfahrung und ihre soziale Kompetenz in die Waagschale. Seit ihrem Abitur sei sie bei der Deutschen Rentenversicherung tätig, habe heute als Oberinspektorin 20 Mitarbeiter zu führen.

In der nachfolgenden Fragerunde gerieten einige Nachfragen aus den politischen Lagern durchaus bissig, die Stimmung blieb jedoch entspannt. So wollte Joachim Wagner, CDU-Fraktionschef im Kreis, von Kai Riebesel und Knut Ruckert wissen, warum beide zuvor noch nicht in der Kommunalpolitik tätig waren, was beide mit ihrer bisherigen beruflichen Belastung erklärten.

Hans-Joachim Winter, Vorsitzender des CDU-Ortsvereins, befragte Jens Uwe Bock nach seiner Zusammenarbeit mit den Gemeindevertretern in Untereisesheim und führte an, er habe von Streitereien mit dem Gemeinderat gehört. Es gehe darum, ein guter Lotse zu sein, erwiderte Bock. Er sei seine Aufgabe, Mehrheiten zu gewinnen. Bis auf zwei Kampfabstimmungen in den letzten sechs Jahren sei ihm das mit Geduld und sachlichen Argumenten meist gelungen.

Martina Denecke zitierte, nach ihrem Verständnis zur Zusammenarbeit mit der Politik befragt, Theoriewissen aus einem Lehrbuch über den "neuen Bürgermeister" und seine Rolle als Vermittler zwischen Bürgern und Verwaltung. "Man wird alle Interessen bündeln müssen, das wird meine Aufgabe sein", sagte sie.

"Was wird aus dem Allianz-Gelände, Wohngebiet oder Gewerbe?", wollte danach ein Bürger wissen. Martina Denecke und Jens Uwe Bock sahen die Entscheidung bei der Politik, hielten aber eine Gewerbesiedlung aus finanziellen Gründen für erwägenswert. Kai Riebesel möchte die Flächenplanung des Ortes generell überarbeiten und dabei die Bürger beteiligen. Oststeinbek müsse wachsen können, um im Falle einer Gebietsreform nicht erpressbar zu sein, sagte er.

"Wir sind klüger geworden, obwohl ich noch nicht weiß, wem ich meine Stimme geben werde", bekannte eine Oststeinbekerin nach der Veranstaltung. Jens Uwe Bock habe sich gut verkauft, meinten einige. Martina Denecke habe Sachverstand gezeigt, jetzt müsse man sehen, wie die Oststeinbeker eine Frau als Bürgermeisterin finden, sagten andere. Der erste Wahlgang ist am 12. Dezember, möglicherweise wird danach eine Stichwahl erforderlich.