Weil der Bund Geld sparen will, gehen im kommenden Jahr mehr als die Hälfte der Stellen verloren

Bad Oldesloe. Für Stormarns Langzeitarbeitslose steht ab dem kommenden Jahr erheblich weniger Geld zur Verfügung. Die Bundesregierung hat die Mittel gekürzt. Statt etwas über acht Millionen Euro kann die Arge Stormarn, die sich um diese Arbeitslosen kümmert, 2011 nur noch rund sechs Millionen Euro ausgeben. Eine Folge: "Wir werden die Zahl der Ein-Euro-Jobber deutlich reduzieren müssen", sagt Karin de Lange, die stellvertretende Geschäftsführerin. In diesem Jahr konnten 325 Ein-Euro-Arbeitsplätze bezahlt werden, 2011 werden es nur noch 140 sein.

Auch andere Hilfsinstrumente für Langzeitarbeitslose werden mit weniger Geld auskommen müssen. Betroffen sind nach Auskunft von Karin de Lange Schulungs- und Qualifizierungsmaßnahmen, beschäftigungsbegleitende Leistungen, zum Beispiel Gehaltszuschüsse für Arbeitgeber, und Ausbildungshilfen für Jugendliche. "Nur bei der Förderung von Behinderten werden wir nichts streichen", sagt de Lange. Bei den anderen Maßnahmen will sie versuchen, die wegfallenden Zuschüsse mit Mitteln aus dem Sozialfonds der Europäischen Union zu ersetzen.

Die Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft Stormarn, die viele Ein-Euro-Jobber beschäftigt, hält die Kürzungen für falsch. Geschäftsführer Rüdiger Dumke: "Mit diesem Instrument kann man der strukturellen Arbeitslosigkeit entgegenwirken." Dass Ein-Euro-Jobs relativ selten in dauerhafte Beschäftigungsverhältnisse mündet, hält Dumke für kein gutes Gegenargument. "Wir haben es hier mit Leuten zu tun, die sehr, sehr weit weg vom Arbeitsmarkt sind", sagt er. "Da geht es darum, sie erst einmal ein bisschen näher heranzubringen." Die BQS beschäftigt Ein-Euro-Jobber zum Beispiel in ihren drei Sozialkaufhäusern und im ökologischen Landbau. Die Frage, ob angesichts der fehlenden Mittel nun eines der Sozialkaufhäuser geschlossen werden muss, wollte Dumke nicht beantworten. Noch in diesem Monat soll es eine Versammlung der BQS-Gesellschafter geben - das sind einige Kommunen und der Kreis. Dort wird man über die Folgen der finanziellen Einschnitte beraten.

Bei der Gewerkschaft ver.di ist auch eine Gegenposition zu Dumke zu hören. "Ein-Euro-Jobs sind eine zweischneidige Sache", sagt Michael Rüther, der Landesfachbereichsleiter Sozialversicherung im ver.di-Landesbezirk Nord. "Diese Jobs haben einen volkswirtschaftlichen Schaden angerichtet, denn damit wurde reguläre Beschäftigung verdrängt", sagt er. "Wenn Ein-Euro-Jobber die Grünflächen in der Stadt pflegen, denn ziehen Gartenbaubetriebe den Kürzeren." Auf der anderen Seite sei es für viele Langzeitarbeitslose gut, über diese Jobs wieder in einen geregelten Arbeitsmarkt zu kommen. Rüthers vorsichtiges Gesamturteil: "Eine Ausweitung dieser Jobs hätte ich für fatal gehalten."

Eindeutig negativ sieht er die Kürzungen bei den anderen Eingliederungshilfen. "Keine Weiterbildungen mehr zu bewilligen, ist der falsche Weg", sagt Michael Rüther. Gerade diese individuellen Maßnahmen für Arbeitslose seien sinnvoll. Rüther: "Wir haben zwar einen Wirtschaftsaufschwung und eine sinkende Arbeitslosigkeit, aber es ist viel zu früh, um jetzt alles zu streichen. Noch brauchen die Menschen Hilfe, die in der Krise arbeitslos geworden sind."

Sparen muss die Arge Stormarn auch bei den Personalkosten. Der Zuschuss des Bundes wird um rund 8,5 Prozent reduziert. "Wir werden im kommenden Jahr nicht so viel Personal bezahlen können", sagt Karin de Lange. "Frei werdende Stellen werden wir erst einmal nicht neu besetzen können." Derzeit hat die Arge rund 100 Beschäftigte. Sie betreuen etwa 5300 Bedarfsgemeinschaften - das sind Familien oder Partner. Einige der Arge-Kunden sind nicht erwerbsfähig, zum Beispiel Kinder und Jugendliche, die noch die Schule besuchen, oder Kranke. Die Zahl der Erwerbsfähigen liegt ungefähr bei 7000.

Margot Sinning (SPD), die Vorsitzende des Kreissozialausschusses, findet die Entwicklung bei den Eingliederungshilfen "sehr bedenklich". "Die Ein-Euro-Jobber leisten wichtige Arbeit im sozialen Bereich", sagt sie. Offenbar sei es nun auf Bundesebene politisch gewollt, andere Maßnahmen für Langzeitarbeitslose in den Vordergrund zu rücken. Dabei sei das Prinzip, via Ein-Euro-Job Grundtugenden des Arbeitens zu vermitteln, richtig. "Da geht es um ganz einfache Dinge wie um das morgendliche Aufstehen, um Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit", sagt Sinning. "Man gibt den Menschen das Gefühl, gebraucht zu werden."