An der Oldesloer Klaus-Groth-Schule vermitteln Viertklässler bei Konflikten unter ihren Mitschülern

Bad Oldesloe. Montagmorgen, große Pause. Stefan ist genervt, er hat eine schlechte Note bekommen, das Wochenende ist noch weit weg. Und nach der Pause hat er auch noch Mathe, das Fach, das er hasst. Von fern sieht er, wie Manuel und seine Freunde in seine Richtung deuten und ihn auslachen. Stefan wird aggressiv, er läuft zu Manuel, dessen Freunde rufen: "Schlag ihn doch, schlag ihn doch!" Manuel grinst und beschimpft Stefan, Stefan schimpft zurück. Eine Schlägerei liegt in der Luft. Aber Kinder, die dazwischengehen wollen, trauen sich nicht, weil sie Angst haben, als Spielverderber zu gelten. Würden sie es doch nur tun.

An der Klaus-Groth-Schule in Bad Oldesloe engagieren sich seit diesem Schuljahr 13 Mädchen und Jungen aus der vierten Klasse als Streitschlichter - sie vermitteln, wenn sich Mitschüler in die Haare bekommen. Nun haben Schulleiterin Hildegard Pontow und Bürgermeister Tassilo von Bary den Streitschlichtern mit offiziellen Zertifikaten gedankt. "Wenn ihr in 30 Jahren mal in der Politik seid", sagte ihnen von Bary, "wisst ihr auch, wie man zwischen Parteien vermittelt."

So lange müssen sie aber gar nicht warten. Seit September sind sie im Einsatz in ihren gelben T-Shirts, auf denen groß "Streitschlichter" steht. Schon bisher gab es Streitschlichter an der Schule, das waren aber Schüler der achten Klasse. Weil die Schule künftig eine reine Grundschule ist, haben Schulsozialarbeiterin Brigitte Mitschka und Lehrerin Stephanie Paschke beschlossen, Viertklässler auszubilden.

In 16 Streitfällen haben die seitdem schon erfolgreich vermittelt. Sie arbeiten nach einem genauen Plan, in jeder Pause sitzen zwei bis drei von ihnen in einem eigenen Zimmer mit offener Tür - alle Kinder, die sich streiten, können vorbeikommen. Oder ein sogenannter Pausenengel bringt sie mit, das sind Streitschlichter, die gelbe Leuchtwesten tragen, über den Schulhof laufen und ein Auge für Streitereien haben.

Wie die Streitschlichter den Streit dann schlichten, das hat schon etwas von Psychologie. Sechs Stufen sollen vom Erzählen des Erlebten bis zu einer Lösung führen. Sie stellen Fragen: Bist du im Moment schlecht gelaunt? Was hat dich gereizt? Wie hast du dich während der Auseinandersetzung gefühlt? Oft sei ein Streit nur die Spitze des Eisbergs, sagen sie. Nur die Eskalation eines Konflikts, der schon lange andauert.

15 bis 20 Minuten dauert es, bis eine Einigung zustande kommt, manchmal geht die Schlichtung aber auch über mehrere Pausen. Am Ende setzen alle Beteiligten ihren Namen unter einen Vertrag. Damit ist der Streit offiziell beigelegt.

Ein halbes Jahr lang haben die Schüler, damals noch in der dritten Klasse, freiwillig zwei Stunden extra pro Woche belegt. Brigitte Mitschka und Stephanie Paschke haben ihnen in Rollenspielen vermittelt, wie zwei Streitende zu beruhigen sind. Zwei Tage Intensivtraining in der Bildungsstätte "Segeberger Mühle" folgten. Die angehenden Streitschlichter lernten, kritisch und problemlösend zu denken, aktiv zuzuhören, konstruktive Fragen zu stellen, Gefühle zu erkennen und zu verstehen und nicht zuletzt selbstbewusst aufzutreten.

Brigitte Mitschka ist wichtig, dass die Streitschlichter soziale Kompetenz lernen, die ihnen auch außerhalb der Schule nutzt. "Sie haben eine Vorbildfunktion." Allerdings dürfe man nicht vergessen, "dass es Kinder sind, die sich natürlich auch selbst mal streiten".

Noch bis Ende des Schuljahrs sind die Streitschlichter im Einsatz, dann wechseln sie an weiterführende Schulen. Schon im Februar beginnt Brigitte Mitschka mit der Ausbildung der Freiwilligen für nächstes Jahr. Nachwuchssorgen hat sie nicht. Sie sagt: "Ich befürchte eher, wir können nicht alle aufnehmen, die Streitschlichter werden wollen."