Bank-Geheimnisse: Wir besuchen Stormarner an ihrem Lieblingsplatz. Heute: Diethard Joppich, Schlagzeuger der Rock'n'Roll-Band Crazy Crackers

Reinbek. Diethard Joppich, den alle Didi nennen, sagt, er sei engstirnig. Das sei aber nicht schlimm, schließlich gehe es um Rock'n'Roll. Seine Musik, immer schon gewesen. Joppich ist mit Rock'n'Roll aufgewachsen, noch in der Schule hat er begonnen, selbst Rock'n'Roll zu spielen und tut es immer noch, mit 47. Es gäbe ja viele Bands, die ihre Musik Rock'n'Roll nennen, sagt Joppich. Aber den wahren Rock'n'Roll, den machten er und seine Bandkollegen.

Der engstirnige, wahre Rock'n'Roll wummert durch die Kampstraße in Reinbek. Dort wohnt Joppich, und dort probt in einem Keller die Band mit Namen Crazy Crackers. In der Luft hängt Zigarettenrauch, an der Wand hängen die Idole in Schwarz-Weiß: Elvis Presley, Johnny Cash, Chuck Berry. Die Legenden des wahren Rock'n'Roll. Daneben steht ein Sternenbanner.

Der Sänger wird laut. "Burn, burn, burn", schreit er ins Mikrofon, "burn the ring of fire." Eine der großen Nummern von Johnny Cash, geschrieben 1962. Neu intoniert von den Crazy Crackers 2010. Für das neue Album, für das sie 16 Titel aufgenommen haben. Alte Titel, viele Filmsongs, so interpretiert, dass sie dem Original so nah kommen wie möglich.

Die Crazy Crackers machen keine eigenen Lieder, ihr Repertoire sind die Lieder der Idole, vor allem von Elvis. "Da haben wir mehr als genug Stoff", sagt Joppich und greift zum Pils. Er sitzt am Tresen. Die letzte Probe vor dem Jubiläumskonzert. Auf dem Programm stehen Nummern aus dem neuen Album "Lock, Stock & Barrel", auf Deutsch etwa "Mit Haut und Haaren".

20 Jahre gibt es die Crazy Crackers, seit 1990 sind sie mit Haut und Haaren dabei. Wobei, eigentlich ging es viel früher los. Zusammen mit vier Freunden gründet Didi Joppich die Band 1981, als Rock'n'Roll noch nicht auf Oldiesendern lief und die Schallplatten noch nicht verstaubten. Sie kennen sich aus der Sachsenwald-Big-Band des Stadtorchesters. Sie spielen auf Schulpartys, in einer Tanzschule, mit dem Orchester. Und trennen sich zwei Jahre später schon wieder, die meisten müssen zur Bundeswehr.

Die 80er-Jahre muss Reinbek ohne die Crazy Crackers bestehen. Eine harte Zeit, aber sie geht vorüber. 1989 beschließt Didi Joppich die Wiedergeburt. Eine Wette zwingt ihn. Schafft er es nicht, am 9. September 1990 mit einer neuen Gruppe aufzutreten, muss er einem Freund eine Kiste Bier und zwei Flaschen Barcardi löhnen.

Joppich gewinnt. Deutschland ist wiedervereinigt. Und die Crazy Crackers sind wieder da. Und wie: Joppich erinnert sich an "Auftritte in Kneipen auf der Reeperbahn und im Café Schöne Aussichten". Sie treffen Profi-Musiker, sie schnuppern den Duft des großen Musikgeschäfts. Sie touren durch Deutschland, spielen auf Festivals, Stadtfesten, noblen Privatpartys statt Schulpartys. Sie verdienen Geld.

Und dann die große Frage: Bleibt die Musik Hobby oder wollen sie es wagen, ihre Berufe wegzuschmeißen, es als Profis zu versuchen? Die Band ist geteilt. Die einen sind längst Profis, spielen auch in anderen Bands. Die anderen um Didi Joppich wollen das nicht. "Wir wollten das weiterhin nebenbei machen", sagt Joppich.

Die Band zerfällt. Die "Amateurisierung" nennt Joppich das, was folgte. Das Rad zurückdrehen. Die Besetzung mussten sie erst neu aufbauen, aber das klappte. Hobbymusiker waren sie jetzt wieder, inzwischen zwar mit Manager, eingetragener Gesellschaft, geschütztem Namen - aber mehr als zwei Konzerte im Monat sind neben dem Beruf nicht drin. Was dabei finanziell herumkommt? "2000 bis 3000 Euro im Jahr", schätzt Joppich.

Im Probenkeller stimmt der Sänger jetzt "Promised Land" an, den Titel von Chuck Berry aus dem Jahr 1964. Berry schrieb den Song, als er im Gefängnis saß, es geht um einen Jungen, der im Bus von Virginia an der Ostküste nach Kalifornien fährt. Eine Reise durch Amerika. Dem Land des Rock'n'Roll. Dem Land von Elvis.

Die Crazy Crackers nennen sich Elvis-Revival-Band. 1999 beschlossen sie, sich auf seine Songs und die seiner Weggefährten zu konzentrieren - Berry, Cash, diese Typen. Für die Crazy Crackers ist Elvis mehr als ein früher Popstar. Didi Joppich verehrt ihn. "Einmal waren wir in Bad Nauheim", erzählt er. Dort war Elvis Presley als US-Soldat stationiert. "Das Konzert, das wir dort gespielt haben, das war ein ganz Besonderes", sagt Joppich.

Wenn man Joppich fragt, was er von Elvis-Imitatoren hält, den Leuten, die im weißen Anzug und zwei Kilo Pomade in den Haaren zu Playback-Musik über den Jahrmarkt tanzen, dann sagt Joppich: "Nicht viel." Damit der Satz nicht allzu trocken klingt, nimmt er einen Schluck Pils. Und schaut zu Boden. Jeder müsse selbst wissen, was er tue und was er lasse, sagt er. Manche wollten eben nur Geld verdienen, und sei es mit Klamauk.

Für Didi Joppich ist Elvis kein Klamauk. Der ganze Ehrgeiz der Crazy Crackers besteht darin, Elvis möglichst nahe zu kommen. Nicht mit weißen Anzügen, nicht, um Geld zu verdienen. Sondern um seine Musik zu bewahren. Seine rund 300 Nummern sind das Lebenselixier der Crazy Crackers.

"Don't cry, daddy" flötet der Sänger jetzt. Ein langsamer, trauriger Song. Hundert Prozent Elvis. Die Crazy Crackers zelebrieren das Lied, als wäre es das Einzige ihres Albums.

Einmal hat jemand, der am Abend zuvor auf einem Konzert war, ins Gästebuch der Band-Webseite geschrieben, dank der Musik der Crazy Crackers könne "Elvis ruhig in der Kiste bleiben". Didi Joppich sagt, ein besseres Kompliment könne er sich nicht vorstellen.