Bank-Geheimnisse: Wir treffen Stormarner an ihrem Lieblingsplatz. Heute: Mister “Polizeiruf 110“ Klaus-Dieter Zeisberg

Barsbüttel. "Das ist doch eine Wahnsinnsgeschichte", sagt Klaus-Dieter Zeisberg, und seine blauen Augen funkeln. Die Rede ist von dem Drehbuch, das er gerade schreibt. "Gestern noch ein Held" heißt es und handelt von falschen Entscheidungen mit katastrophalen Folgen. Es geht um zwei Polizisten, die einen Hilflosen in einer Winternacht im Stich lassen. Der Mann erfriert. Inspiriert hat Zeisberg eine wahre Geschichte aus dem Jahr 2002. Damals hatten zwei schleswig-holsteinische Gesetzeshüter einen betrunkenen 18 Jahre alten Schüler nachts an einem unbewohnten Ort nahe Lübeck ausgesetzt. Kurz darauf wurde der junge Mann überfahren.

Gute, berührende Filmgeschichten sind das Metier des 69-Jährigen aus Barsbüttel. Seit 2005 ist der frühere TV-Produzent freischaffend unterwegs. Heute macht er, was er sich anfangs am meisten gewünscht hatte: Er steht selbst auf der Bühne. "Ich wollte immer Schauspieler werden", sagt der gebürtige Berliner, der entgegen seiner Ursprungsplanung ein erfolgreicher Fernsehproduzent wurde, weil er gut organisieren und rechnen konnte. Den Wunsch, selbst zu spielen, hat er sich zwar mit kleineren Rollen in seinen Produktionen erfüllen können. Im Scheinwerferlicht steht der Barsbütteler aber erst jetzt - mit seinen Lesungen aus dem Werk des Berliner Publizisten Kurt Tucholsky.

Zunächst gab er nur Kostproben auf Familienfesten. Seitdem er im Frühjahr 2010 rund 150 Zuhörer im Kinosaal der "MS Deutschland" begeisterte, tritt er mit seinem Tucholsky-Programm weiter öffentlich auf. Zuletzt in der Erich-Kästner-Gemeinschaftsschule in Barsbüttel, womit er eine Aktion der Schüler für die Flutopfer in Pakistan unterstützte. Der Produzent von Fernsehfilmen wie "Ein Sack voll Geld" mit Wolfgang Stumph und bekannten Serien wie "Harald & Eddi" oder "Polizeiruf 110" arbeitete auch als Autor. Für den ZDF-Krimi "Tödliche Wende" hat der passionierte Segler den Drehbuchentwurf geschrieben. Er sagt: "Da geht einem das Herz auf, wenn man so eine Geschichte erfunden hat und sie dann später im Film sieht." Weil seine große Liebe der Schauspielerei galt, konnte er sich auch so gut in den begabten, aber zerrissenen Harald Juhnke einfühlen, mit dem er eng befreundet war. "Ein großartiger Schauspieler, aber ein zutiefst einsamer Mensch" sei dieser gewesen, sagt Zeisberg. Die meisten seiner großen Fernsehrollen spielte Juhnke für ihn, auch 1997 den "Hauptmann von Köpenick". "Ich habe ihn damals 32 Drehtage rund um die Uhr betreut", erinnert sich der Barsbütteler. Mit Tabletten gegen den Durst und einer unermüdlichen Seelenmassage habe er den Mimen bei Laune gehalten.

Mit ihm und Eddi Arent drehte er von 1987 bis 1989 auch 24 Folgen der ARD-Sketch-Serie "Harald & Eddi" - inzwischen ist das ein NDR-Klassiker. Das Talent und die Wandlungsfähigkeit der zwei Komödianten ließen die Serie zu einem Erfolg werden, obwohl sie sich nicht leiden konnten. "Aber wenn die Kamera lief, waren beide Profis", erzählt Zeisberg. Sein Job sei es gewesen, den TV-Sendern gute Filmstoffe zu verkaufen und danach mit den ausgehandelten Produktionskosten auszukommen. Daran galt es auch etwas zu verdienen, denn die späteren Rechte für eine Wiederverwertung kommen ausschließlich den Sendern und den Künstlern zugute, erklärt Klaus-Dieter-Zeisig.

Rund 1,5 Millionen Euro koste ein richtig guter, 90 Minuten langer Fernsehfilm. Von der Idee bis zum Film vergingen in der Regel rund zwei Jahre. Sieben bis acht Projekte müsse eine Produktionsfirma deshalb parallel bearbeiten und mindestens drei davon im Jahr realisieren, damit es sich rechne, sagt der Fernsehprofi. Er habe während des Drehs die Leute bei Laune halten müssen. Aber hin und wieder müsse er auch einmal laut werden. Zum Beispiel, wenn das gedrehte Material nicht gut war. "Die Stimmung ist wichtig am Set. Man muss auch nette Leute engagieren. Das ist eine kleine, intime Welt. Wenn die sich wohl fühlen, dann arbeiten sie auch gut. Und wenn es gut war, kriegt man auch eine Fortsetzung."

Wenn aus dem Wohlfühlen mehr wurde, wie bei Andrea Sawatzki und Christian Berkel, die sich 1998 beim Dreh von "Tod auf Amrum" kennen und lieben lernten, habe er das aber oft erst als Letzter mitbekommen. Woher seine Liebe zu Film und Schauspielerei rührt, könne er sich selbst nicht erklären. "Ich schlug eigentlich ganz aus der Art", sagt er. Und dass sein Vater, ein Gastwirt und Metzgermeister, sich für den Sohn sicher etwas Handfesteres als Beruf gewünscht hätte.

Geboren 1941 in Schönlanke (Westpreußen), kam Klaus-Dieter Zeisberg im Alter von drei Jahren nach Berlin. "Mach erst einmal die Schule fertig", sagte Hilde Körr, Leiterin des Berliner Max-Reinhardt-Schaupielseminars, als der 17-Jährige dort vorsprach - und schickte ihn wieder auf die Schulbank. Danach wollte er zum Fernsehen, als Regisseur, "das war ja damals das Medium", aber die Mutter riet zu einer ordentlichen Lehre. Also lernte er bei Arthur Brauners CCC-Film den Beruf des Filmkaufmanns und wollte danach in die Regie wechseln.

Doch 1962 bekam er ein Angebot vom Südwestfunk aus Baden-Baden, wo er als Aufnahmeleiter für die Serie "Alle meine Tiere" mit Gustav Knuth anfangen konnte. Dort brachte er es schnell bis zum Produktionsleiter. Weil er in Baden-Baden auch seine Frau Ursula kennenlernte und sich schon bald Nachwuchs einstellte, blieb der Wunsch, Regie zu führen und selber zu spielen, auf der Strecke. "Ich musste eine Familie ernähren."

Die drei Töchter, die inzwischen alle in Hamburg leben, arbeiten ebenfalls in der Branche. Karola, die Älteste, ist Regisseurin und dreht erfolgreiche Unterhaltungsfilme wie das ZDF-"Traumschiff" oder "Eine Farm in Afrika". Die Zwillinge Antje und Dagmar arbeiten heute als Cutterin und als Regieassistentin. Nach einem Zwischenspiel in München rief das Studio Hamburg Zeisig 1980 in die Hansestadt. Damals zog die Familie auch in das idyllisch gelegene Reihenhaus nach Barsbüttel. Von dort war es nur ein Katzensprung zur neuen Arbeitsstelle in Hamburg-Tonndorf. Zwei Jahre später ging er zum Verlag Gruner + Jahr, um dort die Fernsehsparte (Stern TV) zu leiten. Als der Verlag sein TV-Engagement reduzierte, wechselte er 1984 als Geschäftsführer zur Hamburger Polyphon Film- und Fernsehproduktion und blieb dort 19 Jahre lang. Unter seiner Leitung entstanden zum Beispiel mehrere Folgen der Serie "Polizeiruf 110" mit den Schauspielern Kurt Böwe und Uwe Steimle. Gedreht hat er auch mit Susanne von Borsody oder Dietmar Mues und vielen anderen mehr.

Seit 2005 arbeitet Klaus-Dieter Zeisberg nun als Autor und Dramaturg und sagt: "Leider ist das Buch nicht mehr das Wichtigste, auch nicht die Frage, wer spielt. Es geht nur noch um die Einschaltquote - auch bei ARD und ZDF." Einen Film wolle er aber unbedingt noch machen. Dabei geht es um den Abstieg eines alternden Schauspielers, den kein Sender mehr will. Das Skript entstand aus seinen Erfahrungen mit Harald Juhnke, verfilmen möchte er es mit Götz George. "Der will das auch machen, aber im Moment will es kein Sender haben. Ist wohl zu nah an der Wirklichkeit."