Bank-Geheimnisse: In unserer Serie treffen wir Stormarner auf ihrer Lieblingsbank. Heute ist es der langjährige Leiter der Campeschule in Trittau

Trittau. "Wahr di Garr, de Bur de kumt!" Der Schlachtruf der Dithmarscher Bauern hängt, auf einem Wandteller graviert, über der Tür zum Wohnzimmer. "Pass auf Garde, der Bauer kommt!" übersetzt Hans Georg Meier und erklärt, was es damit auf sich hat. "Es erinnert an die stolzeste geschichtliche Jahreszahl in Dithmarschen. An das Jahr 1500, als der dänische König und die holsteinischen Adelsherren mit einem großen Heer von circa 13 000 Mann bei Hemmingstedt von etwa 2000 bis 3000 Bauern vernichtend geschlagen wurden." Für Meier, den gebürtigen Meldorfer, ist das Heimatgeschichte. Auch wenn er vor 42 Jahren "auswanderte" und sich in Trittau niederließ.

1968 übernahm er die Leitung der Sonderschule, die auf seinen Vorschlag hin Campeschule getauft werden sollte. Drei Jahrzehnte war er der Rektor. Dass die Schule an ihrem angestammten Standort an der Rausdorfer Straße nun aufgelöst wird, die verbleibenden 14 Schüler und ihre Lehrer übergangsweise an die Hahnheide Schule umziehen, bis sie mit dem Reinbeker Förderzentrum Amalie-Sieveking-Schule zusammengelegt werden, stimmt ihn traurig. Und, als Befürworter der Sonderschule, auch ein wenig nachdenklich."Die Schulform hat durchaus ihre Berechtigung. Man hat es versäumt, sie aufzuwerten. Integrationsunterricht hat nicht nur Vorteile", sagt Hans Georg Meier.

Als er seinen Dienst antrat gab es zwei Klassenräume, ein Dienstzimmer, 38 Schüler und einen Kollegen. Dann wurden die Dorfschulen in den umliegenden Amtsgemeinden aufgelöst und die lernschwachen Schüler kamen zu ihm. Mobiliar und Arbeitsmaterial auch. "Wir zogen von Schule zu Schule und guckten, was wir noch brauchen konnten", sagt Meier. Für jeden einzelnen Schüler musste er ein Gutachten erstellen. Wann immer es möglich war, machte er auch Hausbesuche. "Man muss wissen, wie die Kinder leben."

Seine Einrichtung wuchs auf sieben Klassen an. Platz war vorhanden, nachdem die Grundschule in ihren Neubau im Schulzentrum umgezogen war.

Von Zeit zu Zeit gab es Vorstöße seitens der Gemeinde, ihm diesen streitig zu machen. Mit Erfolg hat er sich jedes Mal dagegen wehren können. "Erst mit meinem Nachfolger kamen die Volkshochschule und die Bücherei", sagt der 68-Jährige. Er ist eben ein Dithmarscher, bedächtig, direkt, ehrlich. Einer, den so schnell nichts aus der Ruhe bringt, der aber auch auf stur schalten kann, sobald man versucht, ihm etwas vorzuschreiben.

Ein einziges Mal hat sich Hans Georg Meier in seiner Trittauer Rektorenzeit auf eine andere Stelle beworben. Seiner Ehefrau zuliebe, der es schwer fiel, sich in Trittau einzuleben. Es war ihr zu ländlich, sie vermisste das Meer. "Gott sei Dank haben die in Heide den anderen Kandidaten genommen", sagt er. Denn ihm wiederum wäre es schwer gefallen, seine Schüler im Stich zu lassen. "Ich wollte meine Schule halten und meine Schüler in einem Betrieb unterbringen."

Einige Male ist ihm das gelungen. Als jetzt das Dach seines neuen Hauses an der Rausdorfer Straße gedeckt wurde, hat er einen von ihnen erneut getroffen. "Der hat seinen Weg gemacht", sagt der Pädagoge im Ruhestand. "Hallo, Herr Meier", schallte es ihm vor kurzem auch vor dem Lebensmittelmarkt in der Vorburgstraße entgegen. Vor ihm stand ein ehemaliger Schüler, "der war damals ein wahrer Rüpel", mit seiner kleinen Tochter an der Hand. Ihr stellte er seinen ehemaligen Pauker so vor: "Das war mein Lehrer, bei dem habe ich etwas gelernt." Meier hat es gefreut: "Ganz so verkehrt war ich wohl nicht." Und zeigt auch auf den Wandteller über dem Fernseher, den ihm seine Schüler zum 25-jährigen Dienstjubiläum geschenkt haben. Direkt daneben hängt der Ehrenteller der Gemeinde.

Pädagogisches Gespür bewies er auch seinem Sohn gegenüber. Als der ihm verkündete, er werde Physik studieren, jedoch auf keinen Fall in die väterlichen Fußstapfen treten, bestärkte ihn der Senior mit den Worten. "Nein, mein Junge, das lass mal auch lieber." Studienrat ist der heute, an einem Braunschweiger Gymnasium. Hans Georg Meier schmunzelt spitzbübisch, als er erzählt, dass er bis zu seiner Pensionierung auch Bezirkspersonalrat für die Stormarner Lehrkräfte war. "Aber das werde ich nicht", hat der Filius bereits betont. Darauf der Vater: "Nein, das würde ich auch nicht machen." Mal schauen, was kommt.

Er ist Christdemokrat, saß in der Gemeindevertretung, war stellvertretender Bürgervorsteher, Vorsitzender des Arbeits- sowie des Finanz- und Planungsausschusses des Schulverbandes und er gründete die Schulleiter-AG. Eine Zeit lang engagierte sich Hans Georg Meier auch im Kirchenvorstand. Doch dann lief ihm eine Laus über die Leber, konnte er mit einer Entscheidung nicht leben und schmiss hin. Für einen echten Dithmarscher nur konsequent. "Ich habe meine Marschrichtung und dann muss es auch so laufen. Sonst kann ich sagen: Macht euren Kram doch alleine."

Konsequent war Meier auch als Lehrer. Spontan und unkonventionell bei so mancher Entscheidung, was ihn 1969 gar auf die Titelseite der Bild-Zeitung brachte. "Es gab damals eine Rätsel-Serie, "Der Mann mit dem Koffer" mit Armin Dahl. Eines Tages stand der unangemeldet mit einem Fotografen und Redakteur auf dem Schulhof", erzählt Meier. Er genehmigte dem Team zu bleiben, denn einer seiner Schüler kannte das Lösungswort dieses Tages und gewann den Inhalt des Koffers: 1000 Mark. Meier erlaubte dem glücklichen kleinen Gewinner, das Bild-Team zu den Eltern zu begleiten. Die Titelzeile am folgenden Tag: "Rektor beurlaubt Schüler". Mit Foto.

Seit 1999 leitet der 68-Jährige die Senioren Union. 50 Mitglieder zählt die Interessengemeinschaft. Im September fahren sie zu den Kohltagen nach Meldorf. Für Hans Georg "Schorsch" Meier ein Heimspiel.